Abt Erd erzählt, warum er Priester wurde, was ihm bei der Leitung des Stifts wichtig ist und worauf er sich nach seiner „Pensionierung“ als Abt besonders freut. <BR /><BR /><b>Sie haben Theologie und Anglistik studiert. Was hat den Ausschlag gegeben, dass Sie Priester geworden sind?</b><BR />Abt German Erd: Priester sein, ist nicht nur ein Beruf, sondern man folgt auch einem Ruf. Diesen Ruf habe ich gespürt und nachgedacht und gebetet, dass es die richtige Entscheidung ist. Letztlich bin ich ja beides geworden: Lehrer und Priester. Stams hat hier gute Voraussetzungen durch seine schulischen Einrichtungen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="895658_image" /></div> <BR /><BR /><b>Hat es ein prägendes Erlebnis gegeben, das Sie bewegt hat, in den Orden einzutreten?</b><BR />Erd: Nein. Es hat kein prägendes Erlebnis gegeben. Das Kirchliche hat mich immer angesprochen. Ich war ja auch Ministrant in Vils und bin dann nach Stams in die Schule gekommen. Das hat mich angesprochen. Damals sind wir ja als Schüler bei der Vesper mit schwarzen Talaren eingezogen. Das war immer sehr feierlich und ich war im Internat, wo wir eine schöne Gemeinschaft gehabt haben. Daher bin ich auch in Stams eingetreten.<BR /><BR /><b>Sie wurden 1974 von Bischof Rusch zum Priester geweiht und sind seither in Stams. Haben Sie damit gerechnet, dass Sie einmal Abt werden könnten?</b><BR />Erd: Eigentlich rechnet man als junger Pater nicht damit, dass man Abt wird.<BR /><BR /><b>Auch nicht 2003 als Sie dann zum Abt gewählt wurden?</b><BR />Erd: Ich war ja schon Direktor der Schule. Wie die Entscheidung näher rückte, habe ich in der Schlussphase schon damit gerechnet, weil ja darüber diskutiert wurde. Als Abt muss man Impulse geben, aber letztlich ist mir die Einheit im Konvent wichtig. Dieses Amt ist ja ein breit gefächertes Amt. Man muss ein geistlicher Mensch sein, gleichzeitig aber klug und umsichtig mit den materiellen Gütern umgehen können. Ein Stift ist auch ein Wirtschaftsbetrieb. Am Vormittag hält man Novizenstunden ab, am Nachmittag muss man dann wieder repräsentieren. Es ist schwierig, diesen Anforderungen in gleicher Weise Rechnung zu tragen. Als Abt muss man konsequent seinen Weg gehen – mit Ausdauer und Beharrlichkeit, mit klarem Blick für die Zukunft und sich durch nichts abbringen lassen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-59489028_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Was ist Ihnen als Abt ein besonderes Anliegen?</b><BR />Erd: Mein erstes Anliegen ist eine Atmosphäre, dass die Mitbrüder zufrieden und glücklich sind. Es braucht eine Verfügbarkeit des Abtes und die Einstellung, dass man mehr Diener als Anschaffer ist. Man muss immer seiner Berufung treu bleiben, gleichzeitig aber die Erwartung der Menschen erfüllen. Es muss gelingen, das auf einen Nenner zu bringen. Nach 20 Jahren hoffe ich, dass mir dies gelungen ist. <BR /><BR /><b>Haben sich diese Aufgaben verändert?</b><BR />Erd: Ja. Die Veränderung erfolgt sukzessive. Man ist ja selbst eingebunden und verändert sich auch selbst. Mit Argusaugen schaut man, dass zumindest das Grundanliegen erhalten bleibt. Das Wesen des Menschen bleibt immer gleich, auch des Schülers beispielsweise, der Zuwendung braucht, gehört und verstanden werden will. Früher haben wir ein Korsett von Verordnungen gehabt, das den Alltag bestimmt hat. Heute ist Überzeugungsarbeit zu leisten. Man muss durch Überzeugung die Leute gewinnen, sonst scheitert man. Heute muss man eben mehr auf den einzelnen eingehen.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="895661_image" /></div> <BR /><BR /><b>Zwei Schulen, eine Hochschule – Stift Stams ist ein „lebendiges“ Kloster. Beleben die jungen Leute das Stift?</b><BR />Erd: Es wird kein zweites Stift in Österreich geben, das so von der Jugend belebt wird wie Stams. Das ist etwas Besonderes und wird auch aktuell bleiben. Man begegnet der Jugend, aber die Jugend wird auch von uns begleitet. Wenn beides zusammenkommt, dann sollte auch der Glaube etwas Verbindendes sein. Nur miteinander können wir die Probleme der Zeit lösen. Früher haben immer die Alten alles gemacht und die Jungen hatten nichts zu reden. Heute werden die Jungen gehört. Es braucht beide: die Jungen, aber auch die Alten. <BR /><BR /><BR /><b>Was werden Sie dem 45. Abt von Stift Stams mitgeben?</b><BR />Erd: Meinem Nachfolger mitgeben möchte ich das Anliegen, dass das Beten und Arbeiten unser Zusammenleben im Orden bestimmt. Es braucht diese Spannung, sich selbst zurückzunehmen und in die Vorsehung hineinzuwachsen. Das Umsetzen der guten Gedanken ist sehr wichtig. Der Abt schafft zwar an, muss aber auch ein Hörender sein. Ziel des Stiftes ist der Unterricht, Menschen zu begleiten und die Seelsorge weiter zu führen, soweit dies personell möglich ist. Stift Stams soll so weitergeführt werden wie in den letzten Jahrzehnten seit dem Krieg: Immer ein Miteinander mit den Menschen, die ums Kloster leben. Das Kloster braucht ein Eigenleben, aber man soll sich nicht abkapseln, sondern offen sein.<BR /><BR /><b>Auf was freuen Sie sich, wenn Sie nicht mehr Abt sind?</b><BR />Erd: Dass ich nicht mehr einen so straffen Tagesablauf habe und nicht mehr in dieses Korsett eingebunden bin. Ich möchte schon noch gewisse Aufgaben wahrnehmen. Man braucht diese, um den Alltag sinnvoll zu gestalten. Ich hatte wenig Zeit für echte Freundschaften. Diese möchte ich neu pflegen.<BR /><BR /><b>Stift Stams feiert heuer das 750 Jahr-Jubiläum. Welche Botschaft soll das Jubiläumsjahr ausstrahlen?</b><BR />Erd: Es ist ehrenvoll, so ein Jubiläum auszurichten. Wir haben uns Gedanken gemacht, das ganze Jahr über sichtbar zu machen, wofür das Stift steht, sich um das Religiöse zu bemühen und kulturelle Aspekte zu setzen. Stams war ja immer ein Ort der Kultur. Wir wollen kein Event: Ein Event ist wie eine Seifenblase: Wenn die Scheinwerfer in der Arena an sind, glitzert es. Wenn sie ausgeschaltet werden, bleibt das Dunkel. Der Sinn muss von innen her kommen. Unser Jubiläum soll unsere Wertewelt vermitteln. Es sollen nachhaltige Eindrücke bleiben. <BR /><BR />ZUR PERSON<BR /><BR />Prälat German Erd kam 1948 als jüngstes von 6 Kindern in Vils bei Reutte zur Welt und ist in seinen Funktionen als Seelsorger, Pädagoge und Abt ein großer Förderer der Jugend und geistlicher Führer. Nach der Matura trat er 1968 ins Kloster ein. Er studierte in Innsbruck, Salzburg und Oxford Theologie und Englisch, ehe er 1974 aus der Hand von Bischof Paulus Rusch das Sakrament der Priesterweihe erhielt. Erd wurde am 15. Oktober 2003 zum 44. Abt von Stift Stams gewählt.