Markus Gimbel (50) aus Söll im Nordtiroler Unterland ist vermutlich Tirols einziger professioneller Bauchredner und Puppenspieler. Mit seiner Hasenpuppe „Laurin Durnholzer“ tut Gimbel im breiten Sarner Dialekt seine Sicht der Welt kund – derzeit erfolgreich im Internet. <BR /><BR /><BR /><i>Interview: Sieglinde Höller</i><BR /><BR /><BR /><BR /><b>Bekommen Sie auch im Sarntal Beifall und Likes?</b><BR />Markus Gimbel: Vermutlich nicht wegen meines perfekten Sarner Dialekts, aber für meine Kunst. Die Sarner sind lustige, findige, lässige Typen. Mein Anliegen ist nicht, sie durch den Kakao zu ziehen. Im Gegenteil. Sarner haben eine ganz besondere Identität, zeigen diese, und das taugt mir. Darum wohnt der „Hos“ unter einer Tanne auf einer „sunnseitign Wiesn“ beim Fischerwirt in Durnholz, bei dem man gut isst, weil dieser keine Hasenrücken auf der Speisekarte hat.<BR /><BR /><b>Wer bekommt prinzipiell mehr mehr Applaus?</b><BR />Markus Gimbel: Laurin, natürlich.<BR /><BR /><b>Sind sie darauf neidisch?</b><BR />Markus Gimbel: Wenn er Beifall erhält, dann freut es mich auch. Er steht gerne im Rampenlicht.<BR /><BR /><b>Wie sind Sie auf den Hasen gekommen?</b><BR />Markus Gimbel: Früher habe ich im Spätherbst stets eine Gasthaustour als Magier gemacht. Irgendwann wollte ich das Publikum mit etwas Neuem überraschen – und die Idee vom Bauchreden und einer Puppe entstand. Die erste Figur war eine „Puppe von der Stange“, ein Plüschhund. Doch ich wollte etwas Besonderes, eine eigens für mich gebaute Puppe, sprich: ein Unikat. Da ich vorwiegend als Magier auftrat, war ein Hase, der aus dem Zylinder geholt wird – der Klassiker eines Zauberers –, naheliegend. Ich wollte aber kein Kaninchen, sondern einen richtigen, lustigen Hasen, einen Feldhasen. Gebaut hat ihn dann meinen Onkel, ein Puppenbauer, der früher für das Marionettentheater in München gearbeitet hat. Das erste Mal stand Laurin im März 2009 in der Riedel-Glashütte in Kufstein auf der Bühne. Wir haben vor den Schmelzöfen unser erstes Programm mit ihm gespielt. <BR /><BR /><embed id="dtext86-47828196_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Wie gaga muss man sein, um mit einem Hasen zu sprechen? Und sich auch noch zu antworten?</b><BR />Markus Gimbel: Mein Credo lautet: Bauchreden ist kontrollierte Schizophrenie. Wenn ich über Laurin Durnholzer spreche, spreche ich von ihm wie von einer eigenständigen Persönlichkeit, sagen mir zumindest meine Zuhörer. Lange Zeit hatte der Hase sogar eine eigene Telefonnummer – eigentlich als Gaudi. Hat jemand diese Nummer gewählt, habe ich mich als Laurin Durnholzer und mit seiner Stimme gemeldet. Der Standard-Satz war: ,Hoila, wer isch denn do drun?' Irgendwann hat er mir dann das Handy weitergereicht… Umgekehrt haben auch Menschen bei mir angerufen und wollten mit dem Hasen sprechen. Die Spitze war erreicht, als Veranstalter für Laurin ein eigenes Zimmer gebucht hatten, weil sie nicht verstanden hatten, dass er ein Plüschtier ist (lacht). Ja, der Hase hat seine eigene Identität.<BR /><BR /><b>Rotzfrech und ein Schandmaul?</b><BR />Markus Gimbel: Ein Anarchist. Er hinterfragt alles und steht allem skeptisch gegenüber. Aber er ist auch liebenswert. Und der beste Bühnenpartner, den ich haben kann. Selbst wenn ich ihn in den Koffer hinein lege, spricht er noch weiter… <BR /><BR /><b>Wieviel Hase steckt in Gimbel?</b><BR />Markus Gimbel: 99 Prozent. Die Persönlichkeit des Hasen sagt viel über mich aus. Freunde meinen, der Hase stellt meine dunkle Seite dar. <BR /><BR /><b>Und das eine fehlende Prozent?</b><BR />Markus Gimbel: Laurin darf auf der Bühne nicht alles sagen, was er denkt. Ich bremse ihn oft ein.<BR /><BR /><b>Worüber würde Laurin Durnholzer nie einen Witz machen?</b><BR />Markus Gimbel: Über Rezepte für Hasenragout oder Hasenrücken. <BR /><BR /><b>Privat spielt der Hase aber keine Rolle für Sie, oder?</b><BR />Markus Gimbel: Laurin ist nur dann präsent, wenn ich gerade einen Sketch für ihn schreibe. Die Ideen führe ich dann meiner Frau Bettina oder Freunden vor. Aber die Hand bleibt dabei „nackt“. <BR /><BR /><embed id="dtext86-47828197_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Live geht derzeit gar nichts. Dafür begeistern Sie seit Wochen das Internet mit ihren Videos.</b><b>Dabei sitzen Sie mit dem Hasen auf einer roten Bank in der Nordtiroler Landschaft, unterhalten sich mit Ihrem Hasen und werden von hinten gefilmt. Besser „Likes“ als gar keinen Applaus?</b><BR />Markus Gimbel: Die Videos waren schon länger geplant. Doch ich wollte nichts „Kurzhaltiges“, nichts qualitativ Dilettantisches – etwa verwackelte Aufnahmen mit dem Handy – produzieren. Auch inhaltlich sollte die Clip-Serie ansprechend sein. Kurz: Es sollte kein Schnellschuss werden, um im Kulturstillstand irgendwie irgendetwas zu machen. Im Ellmauer Werbefachmann Ronny Exenberger fand ich nach längerer Suche endlich den idealen technischen Partner für die Videos. Das Filmen ist sein Steckenpferd, und so sorgt er nunmehr für scharfe Bilder, guten Ton und schönen Schnitt. Ich für den witzigen Inhalt und die künstlerische Umsetzung. Unser erstes Video verschickte ich mit einer Weihnachtskarte an 500 Freunde, Bekannte und Kunden. Die Resonanz ermunterte zum Weitermachen. Und so haben wir mit dem wöchentlichen „Hosn-Montag“ – so lautet der aktuelle Arbeitstitel – weitergemacht. Wir wechseln dabei ständig die Drehorte, die rote Bank begleitet uns – sie ist ein Showbaustein. In naher Zukunft geht die Bank sogar auf Reisen, etwa auf den Bozner Waltherplatz. Und sie wird auch Teil meiner neue Bühnenshow, an der ich arbeite.<BR /><BR /><b>Wie funktioniert eigentlich Bauchreden? Benötigt man dazu bestimmte anatomische Voraussetzungen?</b><BR />Markus Gimbel: Auch beim Bauchreden wird die Stimme im Kehlkopf erzeugt und im Mund gebildet. Die Grundregel lautet: Man versucht, die Labiallaute, also Laute, die mit den Lippen und der oberen Zähnereihe geformt werden (wie V, W, P, B, M und F, Anm. d. Red.), zu vermeiden. Man versucht so wenig wie möglich die Lippen zu bewegen. Man benötigt also keine speziellen körperlichen Voraussetzungen.<BR /><BR /><b>Und wo lernt man das?</b><BR />Markus Gimbel: Ich habe mit zwar einige Ratschläge bei Fachleuten geholt, bin aber im Grunde Autodidakt. Und kein perfekter Bauchredner. Wenn ich mit meinem Hasen auf der Bühne stehe, zieht dieser die Aufmerksamkeit auf sich, und das Publikum lässt sich voll auf die Puppe ein. Wenn ich dann – hie und da – die Lippen bewege, unter anderem weil ich aus Situation heraus direkt auf die Zuschauer reagiere, verzeihen sie die Lippenbewegung. Oder sie bleibt unbemerkt. Für mich steht weniger die gehobene Kunst des Bauchredens im Vordergrund, sondern das Puppenspiel. <BR /><BR /><b>Bekommen Sie vom Bauchreden Zungen-Muskelkater?</b><BR />Markus Gimbel: Nicht in der Zunge, aber in Arm und Schulter. Vor allem, wenn ein längeres Programm ansteht und Zugaben gefragt werden. Der Hase wiegt etwa 4 Kilo. Zum Glück nimmt er nicht zu. <BR /><BR />Die Videos von Markus Gimbel gibt es <a href="https://vimeo.com/markusgimbel/laurin" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">hier</a>! <BR /><BR /><BR /><BR /><BR />