Der sh-asus-Vorsitzende Matthias von Wenzl ist überzeugt, dass die unterschiedliche Bewertung „durchaus von Bedeutung“ ist. <BR /><BR /><BR />Über 10 Prozent der Maturanten der deutschsprachigen Oberschulen haben heuer 100 Punkte geschafft. Bei den italienischen Schulen waren es fast 16 Prozent und der Anteil damit wesentlich höher. Und das jetzt im zweiten Jahr hintereinander. „Das ist durchaus von Bedeutung“, sagt dazu der sh-asus-Vorsitzende Matthias von Wenzl, „etwa wenn man danach in Deutschland zu einem Medizinstudium zugelassen werden will, da sind Maturanten der deutschen Schule im Nachteil“. <BR /><BR /> <div class="embed-box"><div data-pinpoll-id="178080" data-mode="poll"></div></div> <BR /><BR />Schon im Schuljahr 2019/20 war das Bild ähnlich: Damals hatten 6,7 Prozent der Maturanten an der deutschen Schule und 10 Prozent an der italienischen mit 100 Punkten abgeschlossen. Woran liegt das?<BR /><BR /><b>Unterschiedliches Bewertungssystem</b><BR /><BR /> An einen Zufall mag man nicht recht glauben. „Wir haben in den Sprachgruppen eindeutig verschiedene Bildungssysteme, die gehen nicht den gleichen Weg, auch nicht im Bewertungssystem. Eltern und Schüler fordern hier seit langem einen besseren Austausch und mehr Einheitlichkeit – im Sinne der Schüler“, mahnt die Vorsitzende des Landesbeirates der Eltern (LBE) Heidrun Goller. Das sei längst an der Zeit. Ihr Eindruck sei, dass man an den italienischen Schulen mehr an staatlichen Vorgaben orientiert sei, auch im Bewertungssystem. <BR />„Autonomie ist eine gute Sache, aber nur dann, wenn man transparent kommunizieren kann, welchen Vorteil es hat, von staatlichen Richtlinien abzuweichen“, sagt sie. <BR /><BR />Ein paar konkrete Gründe meint Matthias von Wenzl zu kennen. Und seiner Einschätzung nach sei es grundsätzlich leichter, in der italienischen Schule zu guten Noten zu kommen. „Das bestätigen auch die vielen Gespräche, die ich in der Zeit als Vorsitzender des Landeschülerbeirates mit Schülern der deutschen Schule geführt habe, die das Angebot eines Schuljahres an der italienischen Schule genutzt hatten.“<BR />Konkret bei der Matura gebe es abgesehen von den tatsächlichen Prüfungsleistungen einen gewissen Spielraum in der Benotung, den man an der italienischen Schule wohl anders auslege. Das jedenfalls würden die statistischen Daten nahe legen. <BR /><BR /><embed id="dtext86-49813071_quote" /><BR /><BR />„Der Gesetzgeber hat der Maturakommission die Möglichkeit gegeben, 5 Zusatzpunkte zu verschenken, sollte der Maturant bei den Prüfungen von seinen bisherigen – guten – Leistungen abweichen, weil er vielleicht einfach einen schlechten Tag hatte. Die Auslegung kann hier sehr unterschiedlich ausfallen“, weiß Matthias von Wenzl. <BR /><BR />Unterschiedlich, und das auch zwischen den Schulen der gleichen Sprachgruppe, sei auch der Umgang mit der Betragensnote der letzten 3 Schuljahre, die in das Bildungsguthaben einfließe, mit dem ein Schüler zur Matura antrete – und damit auch in die Schlussnote. Das mache zwar nicht viel, aber den einen oder anderen Punkt könne eine schlechte Betragensnote schon kosten. „Und da ist es dann schon wichtig, ob die Note schlecht ist, weil ein Schüler sich tatsächlich schlecht beträgt, oder eventuell einfach nur kritisch ist und seine Kritik äußert“, sagt von Wenzl. Auch er fordert hier klare Vorgaben, „einheitliche Regeln, die für alle Schulen gleich gelten“. Schulautonomie sei schön und gut, „aber einige Dinge gehören im Sinne der Gleichbehandlung und Gerechtigkeit einfach durchreguliert“.<BR /><BR /><b>„Kein Nachteil“?</b><BR /><BR />Eine großzügigere Bewertung in den italienischen Schulen sieht auch ein Oberschullehrer einer deutschsprachigen Schule, der aber nicht genannt werden möchte. Der Grund für die Abweichungen liege jedenfalls ganz sicher nicht daran, dass die deutsche Schule schlechter oder die deutschsprachigen Schüler dümmer wären. <BR /><BR />„Die Tendenz geht aber seit Jahren ganz eindeutig dahin, bei der Benotung großzügiger zu sein, in allen 3 Sprachgruppen. Die Wertigkeit einer 100er-Matura relativiert sich. Ich persönlich sehe diese Entwicklung nicht positiv“, so der Lehrer. Der andererseits aber auch betont, dass von wenigen Ausnahmen (Numerus clausus) abgesehen, die jungen Leute aus den unterschiedlichen Bewertungen keinen Nachteil zögen. „Die Unternehmen achten heutzutage schon lange nicht mehr nur auf den Notendurchschnitt. Ob jemand eingestellt wird oder nicht, hängt von ganz anderen Kriterien ab, und die Unternehmen verlassen sich da zunehmend auf ihre Einstellungsgespräche bzw. Fragbögen.“<BR /><BR />Bildungslandesrat Philipp Achammer plädiert indes dafür, Vergleiche vorsichtig zu genießen. „Ein 9er in Bozen kann ein anderer 9er sein als in Bruneck“, sagt er. Prinzipiell sieht aber auch er, dass ein gewisser einheitlicher Rahmen bei den Bewertungen vonnöten ist. Wichtig ist ihm aber, „dass eine erfolgreiche Schule diejenige ist, die auf breiter Ebene ihre Schüler einer Qualifikation zuführt. Die Zahl der 100er bei der Matura sollte für eine Schule hingegen keine Prestige-Sache sein, genauso wenig wie die Zahl der Einschreibungen.“