Filmkritiker Helmut Groschup durchstöbert für Sie YouTube und stellt wöchentlich hier einen Klassiker vor. Heute: „Baal“ von Volker Schlöndorff<BR />(Deutschland 1970)<BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="646853_image" /></div> <BR /><BR /><b>Genre:</b> Literaturverfilmung<BR /><BR /><BR /><b>Darsteller:</b> Rainer Werner Fassbinder<BR /><BR /><BR /><b>Volker Schlöndorff:</b> deutscher Filmregisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent, der vor allem für seine Literaturverfilmungen bekannt ist. 1980 wurde sein Spielfilm „Die Blechtrommel“ mit dem Oscar in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet.<BR /><BR /><BR /><b>Was passiert</b><BR /><BR /><BR />Er ist Poet, Säufer, ein Sex-Maniac und hasst alles Bürgerliche: Baal (R.W.Fassbinder) lebt auf eine Weise im Hier und Jetzt, die keine Rücksicht kennt. Er verprellt Mäzene und Freunde, tritt seine Geliebte Sophie (Margarethe von Trotta) in den Dreck und verschont am Ende nicht einmal seinen Freund und Lover Ekart (Sigi Graue). <BR /><BR /><BR /><b>Filmkritik</b><BR /><BR /><BR />„Ein Meisterstück der Kinopubertät, das grell ist und geil, morbide und fleischlich. Die Prätention ist manchmal unerträglich – und natürlich saukomisch. Ein Rest von revolutionärem Überschuss, es gilt die Nachkriegsgesellschaft zu sabotieren, indem man ihre nützlichen Idioten funktionalisiert. Baal frisst sich durch, er nutzt alle aus, er demütigt und schwängert die Frauen und stößt sie in den Staub.“ <BR />(Fritz Göttler, Süddeutsche Zeitung)<BR /><BR /><BR /><b>Rezeptionsgeschichte</b><BR /><BR /><BR />1918 schrieb der 20-jährige Bertolt Brecht die erste Fassung seines Bühnenstücks, 1969 schrieb der 30-jährige Volker Schlöndorff („Die Blechtrommel“) mit dem Stoff ein Stück TV-Geschichte. Vor der 16-mm-Kamera standen neben dem 24-jährigen Jungregisseur Fassbinder etliche seiner späteren Stars, u.a. Irm Hermann und Hanna Schygulla; der Jazzer Klaus Doldinger („Das Boot“) vertonte die Brecht-Liedtexte neu. <BR /><BR />„Baal“ lief 1970 zweimal im TV und dann nie wieder: Brecht-Witwe Helene Weigel meinte, Zigarette und Lederjacke machten noch keinen Brecht, und ließ jede weitere Aufführung des Films untersagen. Der BR gräbt ihn zu Fassbinders Geburtstag aus: Der Regiestar wäre heute 70 geworden, hätte ihn nicht 1982 ein Tod dahingerafft, der eines Baal würdig gewesen wäre – Herzstillstand in Verbindung mit Alkohol, Koks und Überarbeitung. Die Low-Budget-Perle ist für heutige Sehgewohnheiten harter Stoff – und ein schöner Beleg dafür, was früher in der ARD-Primetime möglich war.<BR /><BR /><BR /><b>Expertenmeinung</b><BR /><BR /><BR />Im Unterschied zu früheren Verfilmungen werden keine Kulissen gebaut; vielmehr „wird die Handlung in der ungebrochen abgebildeten Wirklichkeit der Zeit“ angesiedelt. Durch die Wahl der Schauplätze, an denen die Handlung spielt, setzte Schlöndorff gezielt Akzente: „Die Bilder der Natur geraten in den Gegensatz zur Zivilisation.“ Beispielsweise steht das Wasser für „die Erfahrung, sich treiben zu lassen und zu zerfließen.“ Nachdem Baal Johanna kränkt und sie das Zimmer verlässt, geht sie an den Fluss. Als Baal sich von Sophie löst, waten beide durch einen Fluss; am Ufer angekommen macht Baal seinem Freund eine Liebeserklärung. <BR />(Lang, Episches Theater als Film)<BR /><BR /><BR /><b>Fazit</b><BR /><BR /><BR />Radikales, mutiges Zeitdokument<BR />Heute nicht möglich.<BR /><BR /><b>Literaturtipp</b><BR />Bertolt Brecht: Baal. Der böse Baal der asoziale. Texte, Varianten und Materialien. Kritisch ediert und kommentiert von Dieter Schmidt. 11. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2007, Edition Suhrkamp, Band 248<BR /><BR /><BR />Der Filmklassiker <a href="https://www.youtube.com/watch?v=NNmzE1Mm69Q" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">„Baal“ </a>ist zu finden bei Youtube.<BR />Auszuleihen um 2.99 Euro.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR />