<b>STOL: Sie haben in einem früheren Interview mit uns betont, wie bedeutsam es für Südtirol und seine Identitätsfindung ist, sich jetzt auch kulturell mit dem Erbe des Alpenwalls auseinanderzusetzen – mehr als 80 Jahre nach dessen Entstehung. Die Forschungsergebnisse sind nun öffentlich zugänglich. Welche Rückmeldungen erhalten Sie?</b><BR /> Heimo Prünster: Das Interesse ist überwältigend – und das nicht nur regional, sondern auch international. Ich bekomme viele Anfragen, sowohl von Fachleuten und Forschenden mit konkreten Detailfragen als auch von interessierten Laien, die sich für einzelne Bunker oder Aspekte der Anlage interessieren. Auch das ZDF hatte Interesse am Alpenwall, konkret die Redaktion von Terra X History.<BR /><BR /><BR /><b>STOL: Worum ging es dabei?</b><BR />Prünster: Die Redaktion fragte an, ob ich in einer Dokumentation über den Alpenwall und das Forschungsprojekt mitwirken würde – was ich gerne getan habe. Die Sendung wurde im Herbst 2024 erstmals veröffentlicht und stieß schnell auf großes Echo. Wegen der hohen Klickrate zählt sie zu den beliebtesten Terra X History Folgen.<BR /><BR /><b>STOL: Beeindruckend. Wie geht es nun weiter? Die Forschung ist ja längst nicht abgeschlossen, oder?</b><BR />Prünster: Nein, keineswegs. Die systematische Erforschung des Alpenwalls und der Südtiroler Bunker hat ja erst vor fünf Jahren mit dem Forschungsprojekt begonnen und ist noch jung. Warum es erst so spät losgegangen ist, hat vielfältige Gründe. Auf der einen Seite wurde dieses dunkle Kapitel einfach lange Zeit verdrängt und die aktive Aufarbeitung mit dem Thema vermieden. Vor allem ältere Generationen hatten aufgrund negativer Erfahrungen mit dem Faschismus nachvollziehbare Hemmungen im Umgang mit diesem verstörenden Erbe. Jüngere Generationen haben diese Erfahrungen nicht gemacht und sind unbefangener. Oft kennen sie die Bunker nur als Partylocation oder Abenteuerspielplatz und verbinden sie nicht mit Faschismus, Krieg und Unrecht. Auf der anderen Seite konnte man die Erforschung des VAL erst in jüngerer Zeit organisieren, da die Bunker bis Ende der 80ger Jahre militärisch genutzt wurden und viele Akten infolge der langen militärischen Nachnutzung (bis 1993) erst Ende der 1990er Jahre zugänglich wurden. Außerdem sind die Aktenbestände sehr umfangreich und weit verstreut, teils an unbekannten Orten. Da musste man sich erst durchbeißen. Jetzt, da wir begonnen haben, uns intensiv mit dem Alpenwall auseinanderzusetzen, ist es wichtig, uns auch weiter mit diesem Erbe zu befassen und die Forschung weiter voranzutreiben.<BR /><BR /><b>STOL: Warum ist das aus Ihrer Sicht so bedeutend?</b><BR />Prünster: Weil wir andernfalls wir den Vorsprung einbüßen, den wir unter großem Aufwand erarbeitet haben. Ich finde es auch im Hinblick auf unsere kulturelle Identität und die politische Sonderstellung der Region wichtig, dieses Thema der Südtiroler Kulturgeschichte weiter aufzuarbeiten. Bunker sind fremdartige, industriell gefertigte Neulinge die im Handumdrehen von einem verhassten Unrechtsregime überall in die Vorgärten betoniert wurden. Dennoch bilden sie einen Bestandteil der reichen Südtiroler Festungsgeschichte. Die Bunker sind Zeugnisse eines absurden Kriegswahns und erinnern an das Leid und Unrecht in ihrer Entstehungszeit - gleichzeitig sie sind Teil unseres kulturellen Erbes, das wir pflegen. Das ist eine Erkenntnis, mit der wir noch etwas fremdeln. Sie mahnen uns, dass sich derartige Entwicklungen nicht wiederholen dürfen. Sowohl das Forschungsprojekt als auch die Ausstellung stehen für ein friedliches Miteinander und wollen zur kritischen Auseinandersetzung beitragen. Die intensive Forschung der letzten Jahre sollte weitergeführt werden, weil es noch viel aufzuarbeiten gibt. Ich hoffe, dass wir dafür die nötige Unterstützung bekommen werden.<BR /><BR /><b>STOL: Abschließend noch eine Frage zur Ausstellung. Was erwartet die Besucher und was sind die Highlights?</b><BR />Prünster: Neben vielfältigen interessanten Dingen gibt es zwei interaktive Modelle, die ich besonders gut gelungen finde. Bei einem Landschaftsmodell kann man per Knopfdruck Bunkerstandorte visualisieren, ein anderes Modell zeigt einen Bunker, bei dem man Teile auflappen kann, um das Innere zu erkunden.<h3> Mehr zum Thema</h3> <a href="https://www.stol.it/artikel/chronik/bunker-in-suedtirol-zeugen-des-kriegswahnsinns-aber-auch-kulturerbe" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">In diesem früheren Interview erfahren Sie mehr über das von Heimo Prünster geleitete Forschungsprojekt und die zahlreichen Bunker in Südtirol, die einst Teil des Alpenwalls waren.</a><BR /><BR /> <a href="https://www.franzensfeste.info/ausstellung/frauenfeste-copy-copy/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Hier alle Infos zur Dauerausstellung.</a><BR /><BR />Hier die Terra X History-Dokumentation über den Alpenwall und Prünsters Forschungsprojekt.<BR /><BR /> <div class="embed-box"><iframe width="956" height="538" src="https://www.youtube.com/embed/BfwhE7Kk-vQ" title="Alpenwall - Mussolinis geheime Bunker gegen Hitler | Terra X" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe></div>