Wir haben mit den beiden Künstlerinnen gesprochen. von Margit Oberhammer<BR /><BR /><b>Warum haben Sie sich für Karin Welponer als Ihre künstlerische Partnerin entschieden?</b><BR />Julia Frank: Ich habe Karin Welponers malerische Arbeiten gekannt und war schon immer sehr begeistert davon. Ich hatte seit Langem das Bedürfnis, in diese Arbeiten näher einzutauchen. Als ich die Möglichkeit für die Ausstellung in der Stadtgalerie bekommen habe, war für mich die Entscheidung sofort klar. Ich bin sehr glücklich, dass Karin zugesagt hat. Die Anwesenheit über einen längeren Zeitraum ist in diesem Fall ein wichtiger Faktor; durch meine Lehrtätigkeit an der Uni in Bozen wusste ich, dass mir das möglich sein würde. Vor einem Jahr haben wir uns das erste Mal getroffen. Und dann immer wieder in regelmäßigen Abständen. <BR /><BR /><b>Dann haben Sie vermutlich eine bestimmende Rolle in der Bespielung der Räume der Galerie eingenommen?</b><BR />Frank: Es ist eine Duo-Ausstellung ohne Hierarchien. Grundlage ist mein Respekt vor Karins Arbeiten, meine große Wertschätzung.<BR />Karin Welponer: Zwischen uns gab es eine erstaunliche Ebene des Verständnisses, obwohl ich mehr als doppelt so alt bin wie Julia.<BR /><BR /><b>Eure künstlerischen Mittel sind sehr unterschiedlich. Gab es keine Divergenzen? </b><BR />Frank: Die Ausstellung ist im Prozess entstanden. Der Wunsch der Kuratoren war es, etwas zu zeigen, das noch nie präsentiert worden ist. Da hat es schon die Bereitschaft von beiden gebraucht, sich aneinander anzunähern. Es war wie ein weißes Blatt, das wir gemeinsam zu füllen versucht haben. <BR />Welponer: Ich hatte nicht vor, eine Ausstellung zu machen. Julia hat mich „herausgezogen“ aus dem Atelier, an die Öffentlichkeit. Unsere Kommunikation war klar und deutlich. In Bezug auf die auszustellenden Arbeiten war sich jede von uns sicher, was in Frage kommt und was nicht. <BR />Frank: Meine 2 plastischen Arbeiten, eine Abwandlung des Garderobenständers von Thonet, wollte Karin in der Ausstellung. <BR /><BR /><b>Die verkohlten, verwundeten, sehr körperlichen Objekte aus Buchenholz strahlen etwas Unheimlich-Gefährliches aus….</b><BR />Frank: Darauf verweist auch der Titel. Sie stehen in Beziehung zur Serie „Drawings made from the ashes“; es geht um Traumatisches, Spuren von Aggression und Verletzung. Karin künstlerisches Auge hat das gesehen. <BR /><BR /><b>Verwundungen, Verletzungen, mehr oder weniger vernarbt, ziehen sich als Thema durch die Schau. Es ist etwas Intimes, wie viel gibt man da von sich preis?</b><BR />Welponer: Julia hat mich bestätigt, meine Fotoarbeiten, die Schnappschüsse von den Baumwunden mit ihren Vernarbungen, auszustellen. Ich war sehr unsicher, ob ich sie zeigen sollte. <BR />Frank: Man muss sich selbst verletzlich machen, wenn man Verletzungen zeigt. Man muss das zulassen. <BR /><BR /><b>Weiblichkeit, das Weibliche, zieht sich durch die Ausstellung. Was bedeutet das Weibliche für euch als Künstlerinnen?</b><BR />Welponer: Für mich hat Weiblichkeit mit dem Gebären, mit dem Schöpferischen zu tun. <BR />Frank: Mit dem Schöpferischen auf jeden Fall. Vielleicht auch mit Hingabe. Aber da gibt es Unterschiede zwischen den Generationen. Für mich wäre es beispielsweise undenkbar, zehn Jahre lang so wie Karin, etwas zu dokumentieren, einen Fundus aufzubauen. <BR /><BR /><b>Was bedeutet das Weibliche im Kunstbetrieb?</b><BR />Welponer: Ich habe Julia ohne Larmoyanz erzählt, wie die Situation früher war für eine Künstlerin. Als Malerin bin ich in Südtirol nicht wirklich ernst genommen worden. Ich war nicht einzuordnen. Trotz einiger poetischer Exzesse habe ich nicht dazugehört. <BR />Frank: Das Persönliche ist auch politisch. Bei den Rankings stehen Männer an erster Stelle. Frauen müssen sich wehren, wenn sie nicht unterschätzt sein wollen. <BR /><BR /><b> Ihr Videoporträt geht einem Künstlerinnenleben nach, was war Ihr wichtigstes Anliegen?</b><BR />Frank: Es sollte etwas entstehen, mit dem sich Karin wohlfühlt. Beim Zusammenschneider der sehr vielen Aufnahmen war der leitende Gedanke, dass sich Karin mit dem Porträt identifizieren können soll. <BR /><BR /><b>Ist das gelungen?</b><BR />Welponer: Ich muss es erst anschauen. Ich habe Julia das volle Vertrauen gegeben. Als gute Künstlerin wird sie schon wissen, was sie macht. <BR />Frank: Das Vertrauen war auch für das Video förderlich. Es gab keinerlei Kontrolle; das war für mich sehr ermutigend.<BR /><BR /><b>Was war für euch das Wesentliche, das sich durch die Arbeit an diesem Porträt herauskristallisiert hat?</b><BR />Frank: Ich würde mich zu sagen trauen, so etwas wie eine Freundschaft. Wir haben über Vieles gesprochen, nicht nur über Kunst. Ich dachte immer, ich wäre eine gute Zuhörerin, aber während dieser Arbeit habe ich gelernt, dass man eine höhere Ebene des Zuhörens erreichen kann.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="971599_image" /></div> <BR /><div class="img-embed"><embed id="971602_image" /></div> <BR /><div class="img-embed"><embed id="971605_image" /></div> <div class="img-embed"><embed id="971608_image" /></div> <h3>Termin</h3>Bis 30.12., Stadt Galerie Brixen<h3>Zur Person Karin Welponer</h3>Geboren 1941 in Bozen. 1959–1964 Akademie der Bildenden Künste in München. Mitglied des Südtiroler Künstlerbundes und der Neuen Münchner Künstlergenossenschaft; 1964 Südtiroler Kunstpreis für Grafik; 1971 Konzeption der erzählenden Malerei in der Werbung; 1972 erste vegetative surrealistische Arbeiten; ab 1974 Beteiligung an der Großen Kunstausstellung im Haus der Kunst, München. Zahlreiche Einzelausstellungen, u.a. in München, Innsbruck, Stuttgart, Bozen. 1984 Gründung der Galerie Museum und 1985 Forum Arge/Kunst in Bozen; 1990 Seerosenpreis der Stadt München; 1992 Aus altem Meer, Projekt am Schlern; 1993 Auseinandersetzung mit dem Kubus; 2000 Reigen, geologische Arbeit am Schlern; 2001- 2005 Glasfenster Kapelle Petersberg, Picia Capela auf Fanes, Pilsenhof Terla; 2016 Retrospektive, Schloss Kastelbell; <a href="https://www.karinwelponer.it/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">www.karinwelponer.it</a><h3> Zur Person Julia Frank</h3>Geboren 1988 in Laatsch (Vinschgau), sie lebt und arbeitet in Wien. Die Künstlerin absolvierte am Royal College of Art in London ihren Master und ist in öffentlichen und privaten Sammlungen quer durch Europa vertreten. Ihre Arbeit zeichnet sich durch einen interdisziplinären Werkzyklus aus, der ambivalente Konflikte beleuchtet. 2021 erhielt sie den „In Memoriam an Sven Sachsalber“ Preis. Sven und Julia kannten sich seit Kindesalter. Die beiden philosophierten über die Themen Gender, Sex und den Stellenwert der Kreativität innerhalb der Autonomen Provinz. Sie lehrt an der Fakultät für Design und Künste der Uni Bozen. <a href="https://juliafrank.art/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">juliafrank.art</a><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />