<b>von Jonas Erhart</b><BR /><BR />„Vieles ist furchterregend, doch nichts ist furchterregender als der Mensch.“ - Sophokles in seinem Drama „Antigone“, in Athen um 442 v. Chr. uraufgeführt.<BR /><BR />Kriege sind tragisches Zeugnis davon: Neben Menschenleben fordern sie auch die Zerstörung kulturellen Gutes und somit die Ausmerzung von Erinnerungen. Nach jedem Krieg muss sowohl die Zukunft als auch die Vergangenheit neu geschrieben werden. Doch die Kriegsberichterstattung bemüht sich kaum darum, den Fokus auf zerstörte Kulturgüter zu legen. <BR /><BR />Hier werden zerbombte Moscheen, ausgeraubte Museen oder dem Boden gleichgemachte Kulturzentren beschrieben, um auf diese Thematik hinzuweisen. Es ist nicht möglich, die genaue Anzahl von aktuellen Kriegen und bewaffneten Konflikten weltweit zu bestimmen, verschiedene Organisationen sprechen von 25 bis 30 Kriegen und deutlich mehr bewaffneten – über 100 – Konflikten. <BR /><BR /> Auf dieser Seite liegt der Schwerpunkt auf Gaza, da kaum Berichte erschienen sind, die über die Zerstörung von Kulturstätten berichten. Laut UNESCO (Stand 27. Mai 2025) wurden seit Beginn des Konflikts am 7. Oktober .2023 zwischen Israel und Palästina 110 Gebäude in Gaza beschädigt: 13 religiöse Stätten, 77 Gebäude historischen oder kulturellen Interesses, 3 Depots, in denen sich Kunstgegenstände befanden, 9 Monumente, 1 Museum und 7 archäologische Stätten, wovon hier über vier Orte berichtet wird. <BR /><BR />Die Faszination Macht prägt den Menschen seit jeher. Auch der Chor der thebanischen Alten in Sophokles Stück erzählt davon: Der Mensch sei in der Lage, das Meer zu befahren, Jahr für Jahr die Erde zu pflügen, Tiere zu bezwingen, sprechen und denken zu lernen, Gesetze zu schaffen, um sich vor Unrecht zu schützen. <BR /><BR />Wenn er aber die Ordnung der Götter verletzt, wird er sich selbst zum Verderben. Die völlige Selbstüberschätzung gepaart mit Machthunger – schon vor Epochen dokumentiert – ist auch in den aktuellen Konflikten der geopolitischen Weltgeschichte wiederzuerkennen. <h3>Vier Kriegsschauplätze </h3>Am 24. Juli 2025 haben sie sich den Krieg erklärt und damit eine alte Wunde aufgekratzt. Infolge der kolonialistischen Besetzung des heutigen Gebietes zwischen Thailand und Kambodscha wurden die jeweiligen Landesgrenzen neu gezogen. Es sind nur Linien auf Karten, doch die Grenzen haben Menschen auseinandergerissen. Jetzt wurde der Tempel <b>Preah Vihear</b>, ein Kultort für beide Völker, beschädigt. <BR /><BR />Der schwelende Bürgerkrieg im Sudan flammt seit 1955 immer wieder auf. Seit zwei Jahren hat er sich erneut zugespitzt: Millionen von Menschen, zumeist Kinder, wurden vertrieben. Laut UN-Berichten gibt es zwölf Millionen Geflüchtete. Zum Welterbe der UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) gehören drei Orte, darunter zwei Stätten des Weltkulturerbes und eine des Weltnaturerbes. Das <b>Nationalmuseum von Karthum</b> wurde zerstört und geplündert, unzählige weitere Kulturstätten sind laut UN ebenfalls gefährdet. <BR /><BR />In Äthiopien wütet seit November 2020 ein erbitterter Kampf zwischen der „Tigray People Liberation“-Front und der eritreischen Armee, der zu gezielten Angriffen auf religiöse Stätten und deren Zerstörung geführt hat – Artefakte werden im Netz verscherbelt. <BR /><BR />Auch die älteste Moschee Afrikas, <b>Al Negash,</b> wurde zerstört. Nach langen Friedensverhandlungen dringen nun endlich wieder Hilfslieferungen in die von Hunger, Leid und Armut schwer betroffene Tigray-Region vor. Der nächste Schritt im Wiederaufbau gilt der Kultur. <BR /><BR />Als letzter Konflikt sei der Krieg zwischen Russland und der Ukraine genannt. Die zerstörten Kulturgüter in Donezk, Mariupol und Cherson wurden in der Ausgabe vom 24. Februar 2024 bereits unter die Lupe genommen. Waren es 2024 noch 341, so sind es laut UNESCO-Bericht vom 25. Juni 2025 schon 501. Diese aktuellen Zahlen von zerstörten Denkmälern in der Ukraine sollen hier repräsentativ für den angerichteten Schaden an Kultur stehen. <h3> Sudan: Nationalmuseum von Khartum</h3>In Folge des dort seit 2020 wütenden Krieges sollen bis zu 150.000 Menschen gestorben sein und kulturelle Güter wurden zerstört. Als Beispiel dient hier das Nationalmuseum von Khartum, das geplündert wurde. Nahezu alle Artefakte historischen und kulturellen Interesses wurden entwendet. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203558_image" /></div> <BR />Einzige Überbleibsel sind die Löwen am Eingang, wobei die Kolossalstatuen ebenfalls beschädigt sind. <h3> Gaza: Große Omari Moschee</h3>Nur mehr das Minarett ragt aus den Ruinen. Die Kultstätte wurde einst als byzantinische Kirche erbaut und im 13. Jahrhundert zur Moschee umgestaltet. Sie zeichnet sich durch das einzigartige achtkantige Minarett und die historischen Spitzbögen aus. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203561_image" /></div> <BR /><BR />Zerstörung selbst dort, wo Menschen Halt und Besinnung suchen. Beim Luftangriff am 8. Dezember 22023 soll auch die Bibliothek der ältesten Moschee Gazas zerbombt worden sein.<h3>Äthiopien: Al-Neyashi Moschee</h3>Von November 2020 bis 2022 herrschte in Tigray (Region im Nordosten Äthiopiens) Krieg. 500.000 Menschen sollen laut Aussagen der Welthungerhilfe auf der Flucht sein. Doch Kriege verursachen nicht nur Hungersnöte sondern hinterlassen auch zerstörte Orte. So wurde etwa die „Al-Neyashi Moschee“ stark beschädigt. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203564_image" /></div> <BR /><BR />Das schätzungsweise im siebten Jahrhundert n.Chr. erbaute Gotteshaus diente als spiritueller Ort und als gesellschaftlicher Sammelpunkt sowie als kulturell wichtige Stätte. <h3> Gaza: Rashad AL Shawa Kulturzentrum</h3>Dieser Ort war das Kulturzentrum von Gaza Stad. Es gab Bühnen und Säle für Aufführungen, hier fanden offizielle Ehrungen statt wie Diplomübergaben etwa. Jahrmärkte wurden veranstaltet. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203567_image" /></div> <BR /> Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela trat auf oder auch US-Präsident Bill Clinton. An diesem Ort fand lebendige Kultur statt, Menschen suchten Frieden und fanden gemeinsam Inspiration für zukunftsweisende Projekte. Auch das Kulturzentrum wurde 2023 zerstört. <h3> Gaza: Al Qarara Museum</h3>In Folge eines israelischen Luftangriffs wurde das Museum 2023 zerstört. Die 2016 gegründete Kulturstätte beinhaltete archäologische Funde aus der Region. Durch die Bomben verloren gegangen ist die Kollektion, die bis 4000 Jahre vor Christus zurückreicht – Zeugnis des historischen und kulturellen Erbes des Landes. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203570_image" /></div> Zu den wichtigsten Objekten gehörten byzantinische Mosaike, Schwerter aus der Zeit der Kreuzzüge, Roben sowie Schmuck, den Frauen vor der Nakba trugen. Laut Presse Agentur „SAFA“ wurde bereits mit der Ausgrabung und Katalogisierung der Inhalte begonnen, auch soll es Pläne zum Wiederaufbau geben. <h3> Thailand/Kambodscha: Vihear Tempel</h3>Grenzstreitigkeiten sind immer Folge von ungerechten Teilungen nach Kriegen: Seit 24. Juli 2025 bekämpfen sich Thailand und Kambodscha, wobei es schon Dutzende Tote gab. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203573_image" /></div> <BR /><BR />Auch der aus dem 11. bis 12. Jahrhundert stammende und als UNESCO-Weltkulturerbe deklarierte Tempel in Dangrek wurde nun beschädigt. Seit Jahrzehnten steht die Anlage im Mittelpunkt eines teilweise gewaltsamen Grenzkonfliktes. Generationen von Mönchen haben dort gelehrt und studiert. <BR /><BR />Wo Kultur ausgemerzt wird, wird Geschichte und Zukunft zerstört – Experten sprechen von „kulturellem Genozid“.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203576_image" /></div>