Der Bau von Großprojekten wie der Festung (gebaut zwischen 1833 und 1838) und dem Brenner Basistunnel (BBT), einem der größten Infrastrukturprojekte Europas, hinterlässt deutliche Spuren in Landschaft und Gesellschaft. Sie sind technische Meisterwerke, aber auch Ausdruck eines tiefgreifenden Wandels und des menschlichen Eingriffs in Natur und Umwelt – mit langfristigen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Die am Samstag in der Festung Franzensfeste eröffnete Ausstellung „Brücken durch die Zeit: Architektur des Unsichtbaren“ lädt dazu ein, über die Geschichte und Zukunft des Alpenraums nachzudenken und genauer hinzuschauen, auch auf das, was oft übersehen wird: die Arbeit im Verborgenen, Landschaften, die sich verändern, Spuren, die bleiben, Menschen, die im Schatten stehen.<BR /><BR />Die Erzählung des BBT übernimmt der Tiroler Fotograf Gregor Sailer: 2023 und 2024 begleitete er mehrere Monate lang das Baugeschehen rund um das monumentale Vorhaben - über und unter Tage, nördlich und südlich des Brenners. Mit seiner analogen Großformatkamera hielt er die verborgene Welt der Baustellen mit ihren enormen Tunnelräumen, Maschinen und landschaftlichen Umbrüchen fest. Die entstandenen Bilder (Fotografien und eine Videoinstallation) beleuchten die gesellschaftlichen, politischen und ökologischen Dimensionen des Projekts. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1181427_image" /></div> <BR />Dem gegenüber steht die Festung als Symbol imperialer Macht, errichtet von vielen, meist namenlosen Arbeitern. Bis zu 4.500 Menschen aus dem gesamten Habsburgerreich sollen an ihrem Bau beteiligt gewesen sein, auch Frauen; rund 670 Fachkräfte stammten aus Tirol, der Großteil waren Militärangehörige aus dem Habsburgerreich: Regimenter aus Salzburg, Tiroler Schützen, Soldaten aus Serbien und Bergleute aus Niederösterreich. Zum Vergleich: Heute sind rund 1.500 Arbeiter beim BBT im Einsatz, auf Südtiroler Seite stammen viele aus Kalabrien. Ihre Präsenz prägt Orte wie Franzensfeste oder Mauls – jedoch nur temporär.<BR /><BR />Gemeinsam haben sie auch die Kontroversen, beide Bauwerke waren umstritten: Hielten im 19. Jahrhundert Militärs die Franzensfeste für überholt, sind es heute vor allem Umweltverbände, Bürgerinitiativen und politische Stimmen, die vor hohen Kosten, unklarem Nutzen, Eingriffen in Landschaften und sensiblen Ökosystemen sowie Risiken für das Trinkwasser warnen.<BR /><BR />In puncto Sicherheit gibt es hingegen Unterschiede: Beim Bau der Franzensfeste gab es kaum Schutz. Unfälle, Epidemien wie Cholera und fehlende Absicherung bestimmten den Alltag. Erst Jahrzehnte später wurden die ersten Arbeitsschutzgesetze eingeführt. Beim Bau des BBT hat die Sicherheit hingegen höchste Priorität: Bereits in der Planungsphase wurden Notfallsysteme wie eine Laser-Branderkennung und Spezialfahrzeuge für Einsätze bei schlechter Sicht oder Sauerstoffmangel integriert. Dennoch bleibt der Tunnelbau riskant. Hinzu kommen psychische Belastungen: Schichtarbeit stört den Schlafrhythmus und die Isolation sowie die Dunkelheit führen oft zu Erschöpfung oder Angstzuständen. Viele leben monatelang fernab ihrer Familien.<BR /><BR />Die Ausstellung wurde von Esther Erlacher, Stefan Graf und Patrick Moser kuratiert und findet im Rahmen des Euregio Museumsjahres 2025 „Weiter sehen“ statt. Zu sehen ist sie bis Anfang November.