Samstag, 27. Mai 2023

Blick ins Kino: Marktkonforme Meerjungfrau im Kulturkampf

Arielle ist immer noch eine kleine Meerjungfrau. Die Märchen-Prinzessin sehnt sich immer noch nach der Menschenwelt an Land. Und sie riskiert immer noch alles, um ihren Traum zu erreichen. Die Essenz bleibt also bestehen im gleichnamigen Remake von Disneys eigenem Animations-Klassiker „Arielle, die Meerjungfrau“ aus dem Jahr 1989. Auch der Rest der Kindergeschichte – nun in der Südsee angesiedelt – ist mehr oder weniger gleich. Doch diesmal handelt es sich um eine Realverfilmung des Fantasy-Märchens von Hans Christian Andersen.

Hauptdarstellerin Halle Bailey spielt ihre Rolle gut, auch jene im Kulturkampf, der ihr aufgezwungen wird.

Von Marian Wilhelm

Der Milliarden-Konzern verfolgt damit konsequent seinen Masterplan, die eigene Klassiker-Palette im 21. Jahrhundert noch einmal einer neuen Generation zu verkaufen. So einfach die Rechnung für die Buchhalter aussieht, so herausfordernd gestaltet sich die Aktualisierung unter der Regie von Rob Marshall jedoch in Hinblick auf Nostalgie-Erwartungen und den gesellschaftlichen Kontext der Gegenwart.

Das bekam auch Halle Bailey zu spüren, eine fünffach Grammy-nominierte Sängerin, die Arielle im Remake spielt und singt. Sie – und zu viele Kommentatoren mit ihr – musste ernsthaft über die richtige Farbe einer Meerjungfrau diskutieren. Nicht die der Schuppen ihrer Flosse (schillernd grünblau), sondern die ihrer Haut. „Es bedeutet für mich so viel, meine Gemeinschaft zu repräsentieren. Meine Oma kann sich noch gut erinnern, wie ihre Mutter auf den Baumwollfeldern war und ich bin stolz, als ihre Enkelin eine solche Hauptrolle zu spielen.“

Teil dieses hochstilisierten Kampfes gegen Filme wie „The Little Mermaid“ – Hashtag #NotMyArielle –, den Mickey-Maus-Konzern und die Windmühle der „Wokeness“ sind rechtsklerikale Populisten. An deren Speerspitze steht momentan gerade US-Gouverneur Ron De Santis. In Florida streicht er Disneyland Steuerprivilegien, Disney seinerseits streicht vergangene Woche einen Campus mit 2000 Arbeitsplätzen und verklagt ihn.

Auch das Disney-Marketing hat mit dem Kulturkampf von rechts samt rassistischer Untertöne mittlerweile umgehen gelernt. Man konzentriere sich auf positive Reaktionen, heißt es u.a. von Hauptdarstellerin Bailey. Etwa auf die viralen Videos von Mädchen, die sich über eine Prinzessin freuen, die wie sie aussieht.

Der Streit um Repräsentation bleibt also marktkonform. Wie Isolde Charim kürzlich anmerkte, „liefert der woke Kapitalismus Bilder jener Freiheit, die mit dem Profit kompatibel sind. Eine ultimative Form, wo unterdrückte Minderheiten der Profitsteigerung dienen.“

Das Märchen über eine Prinzessin, die ihre Stimme aufgibt, ist auch im Remake erwartbar nett. Die Veränderungen, die es nachvollzieht, sind unaufgeregt umgesetzt. Vor allem aber harmlos genug, um profitabel zu bleiben. Ein Disney-Märchen eben.

Termin: Cineplexx Bozen

stol

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