Maura Delpero hat als erste Frau den „David di Donatello“-Preis in den drei wichtigsten Bereichen erhalten. Mit der 49-jährigen Regisseurin haben wir über Chancengleichheit, Filmförderung, Scheitern und Experimentieren gesprochen...<b>Von Micaela Taroni</b><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1163268_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wie wichtig können diese Ihre bedeutende Preise für weitere Frauen sein, die eine Karriere als Regisseurin anpeilen?</b><BR />Maura Delpero: Die Frage der Chancengleichheit ist immer heikel. Mein Weg war voller Hürden, wie jener vieler meiner Kolleginnen. Doch die Dinge ändern sich allmählich, und wir arbeiten für den Wandel. Frauen werden in der italienischen Filmindustrie künftig weniger Schwierigkeiten haben als bisher. Doch es geht nicht nur um Chancengleichheit. Ich komme aus der Peripherie. Wäre ich in einer reichen Familie von Filmproduzenten in Rom zur Welt gekommen, hätte ich es vielleicht einfacher gehabt. Wichtig ist also, dass die Filmindustrie vielfältiger und offener wird. <BR /><BR /><BR /><b>Vermiglio“ wurde sieben Mal ausgezeichnet. Haben Sie mit so vielen Preisen gerechnet?</b><BR />Delpero: Ich habe von Anfang an starke Unterstützung für „Vermiglio“ gespürt, daher hatte ich große Hoffnungen. Für mich ist es eine enorme Freude, dass auch meine Mitarbeiter Preise erhalten haben, u.a. für das beste Drehbuch, die beste Besetzung, den besten Sound und die besten Szenenbilder. Diese Preise sind das Ergebnis einer engen Teamarbeit.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1163271_image" /></div> <BR /><BR /><b>Und wie wichtig ist Filmförderung, was kann sie bewirken?</b><BR />Delpero: Filmförderung ist notwendig, um Produktionen von Qualität zu garantieren. Es ist wichtig, dass Kino als Kunst betrachtet wird, die gefördert werden muss. Man muss die Regisseure in ihrer Entwicklung und in ihrem Werdegang unterstützen. Das braucht aber Zeit. Die Qualität unserer Arbeit muss langfristig bewertet werden. <BR /><BR /><BR /><b>Sie haben „Vermiglio“ in Ihrer Dankesrede als einen antimilitärischen Film bezeichnet. Warum?</b><BR />Delpero: Ich wollte eine Geschichte über Krieg erzählen, ohne allerdings den Adrenalinschub, der oft in Kriegsfilmen zu spüren ist. Es sollte keine Kriegshelden geben, mit denen sich der Zuschauer eventuell identifizieren kann. Ich wollte einfach zeigen, dass Krieg für jeden einzelnen Leid bedeutet und eine große Niederlage für jeden ist.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1163274_image" /></div> <BR /><b>Dank „Vermiglio“ sind Sie zwar bekannt geworden. Sie blicken aber auf eine lange Erfahrung als Regisseurin zurück...</b><BR />Delpero: Ich bin nicht vom Himmel gefallen und hatte plötzlich Erfolg. Ich habe ohne Unterstützung als Regisseurin gearbeitet. Am Anfang meiner Laufbahn wusste ich nicht, in welche Richtung es gehen sollte. Ich habe viele Fehler gemacht und lange gebraucht, um Ergebnisse einzufahren. Das gab mir die Möglichkeit zu experimentieren. Ich hatte die Freiheit, Erfahrungen zu sammeln – das ist sehr wichtig.<BR /><BR /><BR /><b>Sie haben sich gegen Oscar- Preisträger Paolo Sorrentino behauptet, der mit „Parthenope“ beim „David di Donatello“ leer ausgegangen ist...</b><BR />Delpero: Preise haben den Nachteil, dass jemand sie nicht erhält. Es gab viele gute Filme im Rennen, die meiner Meinung nach den Preis verdient hätten. Paolo Sorrentino hat bisher viel gewonnen und wird in Zukunft noch viele Auszeichnungen bekommen. Ich bin glücklich, dass nicht nur ich, sondern mein ganzes Team ausgezeichnet worden ist. <BR /><BR /><BR /><b>Und was sind Ihre nächsten Projekte?</b><BR />Delpero: „Vermiglio“ ist erst im September in die Kinos gekommen, doch seitdem ist so vieles passiert! Ich versuche, mich auf neue Arbeiten zu konzentrieren, dafür brauche ich aber die notwendige Ruhe. Wichtig ist mir dabei, dass ich mit einem neuen Projekt voll im Einklang bin.<BR /><h3> Weitere Sieger</h3><BR />„Vermiglio“ behauptete sich gegen Schwergewichte wie Paolo Sorrentinos Drama „Parthenope“ und Andrea Segres „Berlinguer“, einem Biopic über den ehemaligen KP-Leiter Enrico Berlinguer, ebenso wie gegen die TV-Miniserie „L'Arte della Gioia“ (Kunst der Freude) der Regisseurin Valeria Golino und Francesca Comencinis „Il tempo che ci vuole“. <BR /><BR /><BR />Elio Germano wurde als bester Schauspieler in „Berlinguer“ ausgezeichnet. Tecla Insolia, Protagonistin von „L'arte della Gioia“, ist die beste Schauspielerin. Margherita Vicario erhielt den Preis für das beste Regiedebüt mit dem Film „Gloria“. Für ihr Lebenswerk wurden Altmeister Pupi Avati und Schauspielerin Ornella Muti ausgezeichnet. <BR /><h3> Kinos in der Krise</h3><BR />Die Preisverleihung wurde von Rai1 übertragen. Durch den Abend führten die Schauspielerin Elena Sofia Ricci und Popstar Mika. Zuvor lud Staatspräsident Sergio Mattarella die Nominierten zu einem Empfang im Quirinal ein. Dabei hob er die Bedeutung des Filmsektors nicht nur für die Kultur, sondern auch für die Wirtschaft, hervor. Gleichzeitig beklagte er die Schließung von vieln Kinos. „Die objektiven Umstände bestrafen die Kinobetreiber, aber wir dürfen uns nicht mit kommerziellen Bedürfnissen abfinden, die das Kino nicht angemessen berücksichtigen. Kinos erfüllen auch einen sozialen Auftrag. Sie bieten eine Möglichkeit, einander zu treffen, sich auszutauschen. Die Institutionen – sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene – haben die Verantwortung, Kinos zu unterstützen.“<BR /><BR /><BR />Der „<b>David di Donatello“</b> wird seit 1956 vergeben. Die Trophäe ist eine kleine Nachbildung der David- Statue, die Donatello um 1440 geschaffen hat. <h3> Reaktionen</h3><BR />Die Freude über die sieben „Davids“ für Maura Delperos Film „Vermiglio ist in Südtirol groß. „Maura Delpero und dem gesamten Team von Vermiglio zu gratulieren, ist immer eine Freude, denn es erinnert uns daran, dass auch das Land Südtirol die Südtiroler Regisseurin bei der Umsetzung ihres Projektes unterstützt hat“, sagt Landeshauptmann Arno Kompatscher.<BR /><BR /><BR />Dieser Preis sei eine weitere Bestätigung für die herausragenden Leistungen der Südtiroler Regisseurin und all jener, die mit ihr zusammengearbeitet haben, meint der Landesrat für italienische Kultur und Wirtschaftsförderung, Marco Galateo und ergänzt: „Erfolge wie diese bewirken, dass die Anreize für Südtiroler Filmproduktionen und solche, die in Südtirol produziert werden, erhöht werden.“ <BR /><BR /><BR />Hocherfreut über die Auszeichnung ist auch der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti. „... diese Auszeichnungen zeugten einmal mehr vom großen Talent der Regisseurin, der es gelungen ist, mit Geschick und Sensibilität die Schönheit und Einzigartigkeit des Trentino, seine Wurzeln, aber auch die Schwierigkeiten, die das harte Leben in den Bergen manchmal mit sich bringt, darzustellen...“. <BR /><BR /><BR /> Und die Trentiner Vizepräsidentin und Kulturstadträtin Francesca Gerosa fügt hinzu: „Vermiglio ist es gelungen, ein Stück Trentino und sein Image einer fleißigen Gemeinschaft ins nationale und internationale Rampenlicht zu rücken...“. <BR /><BR /><BR />Carlo Daldoss, ehemaliger Bürgermeister von Vermiglio und Regionalassessor meinte: „Das Feingefühl von Maura Delpero...und das Talent aller Darsteller wurden zu Recht belohnt... Dieser Erfolg zeigt auch, wie Kultur ein Motor für Identität, Geschichte und Schönheit sein kann.“ <BR /><BR /><BR /><BR /><Rechte_Copyright></Rechte_Copyright>