Der Filmclub Bozen zeigt am 17. Jänner (20 Uhr) „Das Venedig Prinzip", den neuen Kino-Dokumentarfilm des Südtiroler Regisseurs Andreas Pichler.Der Film wurde von der BLS gefördert und zeigt, was vom venezianischen Leben übrig ist. Er ist ein Requiem auf eine immer noch grandiose Stadt.Ein Lehrstück darüber, wie öffentliches Gut zur Beute einiger Weniger wird. Ein Hohelied auf die letzten Venezianer, ihren Witz und ihr Herz.Venedig wird zur GeisterstadtDie schönste Stadt der Welt wird abends zur Geisterstadt: ganze Viertel stehen schon leer; von ihren Bewohnern längst verlassen, dienen diese unbewohnten Gemäuer dem Geschäft mit einem Mythos.20 Millionen Fremde besuchten die Stadt im letzten Jahr, das sind durchschnittlich 60.000 am Tag, und in diesem Jahr werden es wieder mehr sein.Ihnen stehen inzwischen noch 58.000 Einwohner entgegen, so viele wie zuletzt nach der großen Pest von 1438. Und nächstes Jahr werden es wieder weniger sein. Denn die Stadt wird unbewohnbar. Das urbane Eigenleben Venedigs ist beinahe zusammengebrochen, es existiert kaum noch.Was ist noch übrig?„Das Venedig Prinzip", zeigt, was vom venezianischen Leben übrig geblieben ist: eine Subkultur touristischer Dienstleister; ein Hafen für die monströsen Kreuzfahrtschiffe, der auf seine Erweiterung wartet; Venezianer, die auf das Festland ziehen, weil es keine bezahlbaren Wohnungen mehr gibt; eine alte Adlige, die die Stadtverwaltung mit Hohn überzieht; ein Immobilienmakler, der darüber nachdenkt, das sinkende Schiff zu verlassen.Zum InhaltWenn sich die Menschenmassen aus den Kreuzfahrschiffen und Bussen durch Venedigs Straßen quetschen, verkriecht sich Giorgio, der alte Gondoliere in seiner Bar und fragt sich, wo die wohl alle zum Pinkeln hingehn. Tudi Sammartini setzt dann erst weit nach Mitternacht einen Fuß in die Innenstadt und schickt den Schiffen vom Dach ihres Hauses aus Verwünschungen hinterher, während die Reiseführerin Francesca den Leuten erklärt, dass ein Campo früher einmal als Treffpunkt der Nachbarschaft diente. Früher, als es hier noch Nachbarschaft gab.Und da Herr Codato immer weiter leergeräumte Wohnungen und wunderschöne alte Palazzi begutachtet und verkauft, transportiert der Lastenfahrer Flavio auf seinem Boot immerfort die Möbel und Umzugskartons derer, die sich ihre Stadt nicht mehr leisten können und aufs Festland ziehen.So leben die Überlebenden von Venedig, und um sie herum prunkt und zelebriert sich die grandiose Stadt in Novembernebeln, in hellblauer Hitze und an den goldenen Abenden.Wir sehen ihnen zu, freuen uns an ihrer Vitalität und ihrem Witz und begreifen erst allmählich, dass wir die Momentaufnahme einer langsamen, wohlkalkulierten Hinrichtung sehen, einem langen und erstaunlich unaufgeregten Abschied beiwohnen.Am Ende wird Herr Codato eine bittere Bilanz seines Berufslebens ziehen, der Lastbootfahrer wird sich in einer Zweizimmerwohnung an der Autobahn wiederfinden und die zweiundachtzigjährige Tudi wird mit ihrem Weinhändler gegen die Kälte anstoßen und auf das, was bleibt.