Freitag, 21. April 2023

Gorgona: Ein Film über die letzte Gefängnisinsel Italiens

Im Zentrum des Films „Gorgona“ des italienisch-australischen Regisseurs Antonio Tibaldi steht der Weg der Umerziehung der Gefangenen auf der nördlichsten toskanischen Insel im Thyrrhenischen Meer. Diese Art Resozialisierung von gestrandeten Verbrechern soll mittels des Kontakts mit der Natur, der Pflege des Viehs und durch landwirtschaftliche Arbeit auf den Feldern funktionieren.

Die Gefängnisinsel Gorgona, ist die letzte landwirtschaftliche Strafkolonie Europas.

von Helmut Groschup

Ein Film von besonderer Bedeutung für die Toskana, einer Region, die in ihrer Geschichte schon immer an die Rehabilitierung derjenigen geglaubt hat, die Verbrechen begangen haben. So wurde die Todesstrafe bereits im Jahr 1786 abgeschafft. Dieses wunderbare Naturjuwel von gerade mal gut 2 Quadratkilometern ist die letzte Gefängnisinsel Italiens. Für den Tourismus steht sie nur beschränkt zur Verfügung, hundert Besucher können täglich die Insel und ihre Schönheiten besichtigen.

Regisseur Tibaldi hat sich 5 von 90 Insassen ausgesucht und deren Leben porträtiert, um den Kontrast vom Schmerz der Eingesperrten und der Schönheit der Natur sichtbar zu machen. Da wird die Leinwand zu so etwas ähnlichem wie ein Leichentuch. Das Gute am Gefangenenlager von Gorgona ist ja, dass die Bewohner frei sind und nicht in Zellen leben müssen, aber eine Flucht ist fast unmöglich.

Menschen interessieren sich für das, was nicht passieren darf

Auf Alcatraz, der US Gefängnisinsel, geht es sehr unmenschlich und brutal zu, und Gefangene, welche von der Insel flüchten, werden erschossen. Clint Eastwood zeigt im Film von Don Siegel „Die Flucht von Alcatraz“ (1963), wie sich ein Ausbruch aus dem US-Hochsicherheitstrakt anfühlt. Die Biografien von Mördern und Dieben sind natürlich interessant und zeigen die Schattenseiten unserer Zivilisation, aber Menschen interessieren sich seit jeher für das, was nicht passieren darf, weil es verboten ist.

Es ist der Alltag in einem Gefangenenlager, ein geregelter mit besonders scharfen Regeln, aber es ist ein Leben wie draußen, einem geregelten Tagesablauf mit Freud- und Feindschaften, Konkurrenz und Eifersucht und auch mit Gesetzesbrüchen, welche die Regeln nochmals verschärfen und die Macht von draußen widerspiegeln. Die Aufseher sind dort die Mächtigen, die ohne Kontrolle den Alltag der Eingesperrten bewachen.

Wie damit umgehen? Ein ehemaliger Gefangener hat mir auf die Frage, wie er es ausgehalten hat, geantwortet: „Ich hab mit denen nicht mehr geredet.“ Ich dachte mir spontan, das gibt es draußen auch. Ich bin wieder beim Hybrid des Festivaldirektors und rede mit Bugno darüber.

Wir reden nicht über Dok und Fiction, wir reden über Kino. Mein Freund Fernando Birri nannte dies Docfic. So begann meine Liebe zu fiktiven Filmen. Früher liebte ich das Reale, weil für mich die Dokumentaristen die wahren Visionäre sind, was auch in „Gorgona“ zu sehen ist. Schon eine beachtliche Qualität des Bozner Filmfestivals, eine außergewöhnliche.

Termine heute Capitolkino: „Gorgona“, 21 Uhr – 14.15, Sisters – 15 Uhr, Stams – 16.45, Garage Olimpo – 17.30 Uhr Le mura di Bergamo – 19.15 Uhr, Piaffe – 19.30 Adentro mio estoy bailando – 20.30 Uhr, Im toten Winkel (Filme im Wettbewerb)

stol

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