Als der 39-jährige Pasolini seinen ersten Film drehte, war er in Italien längst bekannt, als hermetischer Lyriker, als Romancier des Lebens in den Slums um Rom und als Drehbuchautor. In diesem Film wird die Geschichte des Zuhälters Vittorio, den alle nur Accattone, den Bettler, nennen, erzählt.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="785129_image" /></div> <b><BR />Regie:</b> Pier Paolo Pasolini<BR />Italien 1961<BR /><h3> Pier Paolo Pasolini (1922-1975)</h3>Weitere Filme: „Mamma Roma“ (1962 mit Anna Magnani), „Il vangelo secondo Matteo (1964), „Teorema“ (1968), „Medea (1969), „Il decameron“ (1970), „Salò o le 120 giornate di Sodoma“ (1975). PPP wurde in der Nacht von 1. auf 2. November 1975 in Ostia ermordet.<BR /><h3> Titel</h3>Der deutsche Untertitel „Wer nie sein Brot mit Tränen aß“ ist aus Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“:<BR />„Wer nie sein Brot mit Tränen aß,<BR />Wer nie die kummervollen Nächte<BR />Auf seinem Bette weinend saß,<BR />Der kennt euch nicht,<BR />ihr himmlischen Mächte.“<BR /><BR /><BR /><BR /><b>Darsteller:</b> Franco Citti, Silvana Corsini<BR /><BR /><b>Drehort</b> ist die Via Fanfulla da Lodi im Pigneto-Viertel und weitere Orte in der östlichen Peripherie von Rom.<h3> Was passiert</h3>Erzählt wird die Geschichte des Zuhälters Vittorio, den alle nur Accattone, den Bettler, nennen. In einem römischen Vorstadtviertel versucht er, seinen Müßiggang zu finanzieren und gleichzeitig vor seinen Freunden und Prostituierten nicht das Gesicht zu verlieren. Als seine Karriere als Zuhälter scheitert, muss er feststellen, dass er auch für ehrliche Arbeit nicht geschaffen ist.<BR /><h3> Filmkritik</h3>Als der 39-jährige Pasolini seinen ersten Film drehte, war er in Italien längst bekannt, als hermetischer Lyriker, als Romancier des Lebens in den Slums um Rom und als Drehbuchautor. „Sein Film ist vielmehr lyrisch und expressionistisch als neorealistisch. Trotz seines scheinbaren 'Primitivismus' – jede Einstellung als autonome Einheit und nicht im Bezug zu einem zusammenhängenden narrativen Konstrukt – ist „Accattone“ ein Werk von außergewöhnlicher künstlerischer und intellektueller Reife. Es gibt nur wenige Regisseure in der Geschichte des Films, die ein solch starkes, berührendes und poetisches Filmdebüt wie dieses hervorgebracht haben.“ (Gino Moliterno, Senses of Cinema, Feb. 2004)<BR /><h3> Expertenmeinung</h3>„Das Leben des jungen Zuhälters Vittorio Cataldi in den Slums am Stadtrand Roms. Der kleine Gauner Accattone hat objektiv nichts zu erwarten als Verfolgung, Gefängnis, schäbigen Tod. Auflehnung gegen das von der Gesellschaft verhängte Schicksal bleibt illusionär, Episoden von Solidarität und erotischem Glück können nicht viel bewirken. In diese trostlosen Bilder bringt die Musik, Bachs Matthäuspassion, Trost: Die Musik macht das Kleine und Armselige groß und exemplarisch.“ (Hans-Klaus Jungheinrich, in: Pier Paolo Pasolini, Hanser Verlag 1977)<BR /><h3> PPP und die Malerei</h3>„Was mir als sichtbares Bild, als Blickfeld vorschwebt, sind die Fresken von Masaccio, von Giotto – meine Lieblingsmaler, neben einigen Manieristen (zum Beispiel Pontormo). Und ich kann Bilder, Landschaften, Figurengruppen nicht unabhängig von meiner ursprünglichen Leidenschaft für die Malerei des 14. Jahrhunderts wahrnehmen, wo der Mensch aus jeder Perspektive im Mittelpunkt steht. Wenn meine Bilder sich also bewegen, dann bewegen sie sich in etwa so, als würde die Kamera sich über sie wie über ein Gemälde bewegen. Den Hintergrund fasse ich immer als Hintergrund eines Gemäldes, als ein Bühnenbild auf, und darum gehe ich ihn immer frontal an.“ (PPP 3.Mai 1962 in Pasolinis Roma, Katalog Berliner Festspiele)<BR /><h3> Fazit</h3>Pasolini besetzte seinen ersten Film mit Laiendarstellern aus römischen Vororten. Pasolinis Blick ist nicht mitleidig, er liebt die Tagelöhner, Zuhälter und Diebe, die in breitem Vorstadtslang über das Leben schwadronieren und über allerlei Dinge, von denen sie gar keine Ahnung haben.<BR />Über ihre Wirklichkeitsnähe hinaus fügen sich die naturalistischen Bilder aus der Welt des Subproletariats zu einer modernen Passionsgeschichte.<BR /><h3> Buchtipp</h3>Accattone – L'esordio die PPP raccontato dai documenti a cura di Luciano De Giusti e Roberto Chiesi (Cineteca Bologna)<BR /><BR />PPP Reihe Film 12 (Hanser)<BR /><BR /><BR />Dieser Filmklassiker ist zu finden auf Youtube.<BR />