Filmkritiker Helmut Groschup durchstöbert für Sie YouTube und stellt hier wöchentlich einen Klassiker vor.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="594677_image" /></div> <BR /><b><BR />Genre:</b> Komödie 1973<BR />Oscar für den besten fremdsprachigen Film 1975<BR /><BR /><b>Titel:</b> Amarcord kann als Verschleifung von „A m’arcord“, das bedeutet im Dialekt von Rimini „ich erinnere mich“, auf Italienisch „io mi ricordo“ verstanden werden, aber der Drehbuchautor <Fett>Tonino Guerra</Fett> erklärt uns woran er gedacht hat: „Aber wirklich habe ich an das Kommando reicher Leute gedacht, wenn sie eine Bar betreten, sie bestellen einen Amaro Cora. Aus amaro Cora ist Amarcord geworden.“ Fellini selbst wollte den Film „Viva Italia“ nennen, doch ließ er davon ab, da er befürchtete, dass er missverstanden werden könnte.<BR /><BR /><b>Expertenmeinung</b><BR /><BR />„Damals dachte ich schon, dass ich vielleicht eines Tages diesen Job als Regisseur machen würde. Als ich diesen Film sah, bekam ich einen Sprint, eine Energie, die ich nie vergessen werde. Und jedes Mal, wenn ich diesen Film sehe und der Vorspann auf dem schwarzen Hintergrund erscheint... werde ich emotional wie beim ersten Mal! „ (<Fett>Giuseppe Tornatore</Fett>, Regisseur von „Cinema paradiso“, 1989)<BR /><BR /><b>Was passiert</b><BR /><BR />Eine stolze Frau in Rot zieht Blicke und Bewunderung auf sich. Eine gut beleibte Tabakhändlerin (<b>Maria Antonietta Beluzzi</b>) setzt die Fantasie von jungen Männern frei. Der irre Onkel Teo (<b>Ciccio Ingrassia</b>) brüllt von einem Baum in die Welt: „Ich will eine Frau!“ Dies sind nur einige der Momente und Ereignisse der Erinnerung…. <BR /><BR />Amarcord ist Federico Fellinis lebhaftes und amüsantes Fresko einer Jugend, die sich nicht wesentlich von seiner unterscheidet. Es befindet sich in einer italienischen Provinzstadt in den 1930er Jahren. Teenagerhormone spielen verrückt, Familie, Kirche und Freundschaft sind Grundlagen für Liebe und Loyalität. Der Faschismus steht vor der Tür. Oder... <BR /><BR />Man kann’s auch so lesen: Es gibt keine andere Handlungslinie als die, die den Lauf der Zeit im selben Raum markiert: Ein Jahr wird im Leben einer Gemeinde des faschistischen Italien in den 1930er Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg erzählt. Dafür hat Fellini hauptsächlich zwei Charaktere verwendet, um die sich fast alle einzelnen Geschichten drehen, Titta Biondi (<b>Bruno Zanin</b>) und Gradisca (<b>Magali Noël</b>, spielte schon in „La dolce vita“, 1960). Abgesehen davon gibt es die kollektiven Episoden, an denen fast alle Einwohner der Stadt teilnehmen: das Frühlingsfeuer, das Tausend Meilen-Rennen, die Passage des Transatlantikkreuzers Grand Rex...<BR /><BR /><b>Drehbuch, Kamera, Musik</b><BR /><BR />„Amarcord“ ist der erste Film, in dem Fellini mit Tonino Guerra zusammenarbeitet, einem Dichter und einem der großen Drehbuchautoren des italienischen Kinos, der regelmäßig mit Regisseuren wie Michelangelo Antonioni und Theo Angelopoulos Filme machte. Guerra arbeitete noch zweimal mit Fellini zusammen, für „E la nave va“ (1983) und „Ginger und Fred“ (1986), aber das Drehbuch für Amarcord konnte er nicht toppen. Guerra wurde wie Fellini 1920 geboren, in Santarcangelo di Romagna, einer Stadt knapp zehn Kilometer von Fellinis Heimatstadt Rimini entfernt. <BR /><BR />Im Rest der technischen Abteilung umgab sich Fellini mit einigen der renommiertesten Profis des italienischen Kinos, wie dem Kameramann <b>Giuseppe Rotunno</b> („Le notti bianchi“ „Il gattopardo“, „Lo straniero“...), dem Komponisten <b>Nino Rota</b>, dessen Partitur wie ein Ohrenwurm in Erinnerung bleiben wird und dem Kostümbildner <b>Danilo Donati</b>, alle Mitarbeiter in anderen Filmen von Fellini.<BR /><BR /><b>Dreharbeiten Drehort</b><BR /><BR />Gedreht wurde in Cinecittà, Schauplatz ist Rimini. „Eine Erinnerung ist bereits eine Veränderung der Wirklichkeit, kein unmittelbarer Blick auf das, was geschehen ist. Will man beim Erzählen von Episoden, Figuren, Begegnungen, Ereignissen gefiltert werden, den dadurch geweckten Emotionen und Gefühlen gerecht werden, muss man diese anreichern mit Tönen, Lichtern, Farben, Stimmungen, was sich nur in diesem magischen, alchimistischen, demiurgischen Laboratorium bewerkstelligen lässt, welches ein Filmstudio für einen Regisseur darstellt. Ich habe alles neu erschaffen im Studio Nr.5 der Cinecittà.“ (Federico Fellini) <BR /><BR /><b>Fellini und der Faschismus</b><BR /><BR />„Amarcord“ ist sowohl ein politischter als auch ein privater Film. Er spielt im Rimini der Kindheit des Regisseurs und zeigt, wie sich der Faschismus auch in den Köpfen der Bewohner der adriatischen Kleinstadt etabliert. Aber es gibt natürlich Widerstand durch den Vater des Hauptcharakters Titto, Aurelio ein standhafter Kommunist. Und während Mussolinis Besuch in der kleinen Stadt hört man vom Kirchturm die Klänge der Internationalen. <BR /><BR />Ein weiterer politischer Film, der ja auch sehr aktuell gesehen werden kann, ist „E la nave va“ (1983), der den Beginn des 1. Weltkrieges thematisiert, da nimmt ein Kreuzfahrtschiff serbische Flüchtlinge auf. Aber man kann fast jeden Film Fellinis so oder so sehen. „Indem ich das Leben einer Kleinstadt schildere, schildere ich das Leben eines Landes und zeige den Jungen, aus welcher Gesellschaft sie hervorgegangen sind, wie fanatisch, provinziell, infantil, plump, überbordend und beschämend der Faschismus und die damalige Gesellschaft waren.“ (Federico Fellini)<BR /><BR /><b>Fazit</b><BR /><BR />Ein nostalgisches, melancholisches Filmjuwel mit diskreter Kritik an der Gesellschaft und vielen Erinnerungen an Fellinis Kindheit, ob er das hören will oder nicht. <BR /><BR /><b>Zitate aus:</b> Federico Fellini, „Ich bin Fellinesk“, Gespräche mit Costanzo Costantini , Kampa Verlag Zürich<BR /><BR /><BR />Hier geht es zum Film <a href="https://www.youtube.com/watch?v=-Wxpq8YrOO4" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Amacord </a><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />