Filmkritiker Helmut Groschup durchstöbert für Sie YouTube und stellt wöchentlich hier einen Klassiker vor. Heute: „Der große Diktator“ <BR />(USA 1940) von Charles Chaplin.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="725927_image" /></div> <BR /><BR /><b>Uraufführung</b><BR /><BR /><BR />Am 15. Oktober 1940 hat „Der große Diktator“ Premiere und schlägt an den Kassen sogar „Vom Winde verweht“. Ein Teil der Kritik allerdings wirft dem Briten Chaplin Kriegshetze vor – noch sind die USA neutral.<BR /><BR /><BR /><b>Charles Chaplin</b><BR /><BR /><BR />„Die New Yorker Daily News schrieb, ich weise mit dem Finger des Kommunismus auf meine Zuhörer. Doch obgleich die meisten Kritiker an der Ansprache etwas auszusetzen hatten und behaupteten, sie falle aus dem Rahmen, war das große Publikum von ihr ergriffen, und ich empfing viele sehr schöne Briefe, die sie lobten.“ <BR /><BR /><BR />Chaplin spielt den Diktator und den Friseur. Legendär die Szene, wo er so lange tänzelnd mit einem Weltkugel-Luftballon herumspielt, bis dieser platzt.<BR /><BR /><BR /><b>Was passiert</b><BR /><BR /><BR />Ein kleiner jüdischer Friseur verliert im ersten Weltkrieg durch eine Kopfverletzung sein Gedächtnis. Er erwacht erst wieder, als der ihm täuschend ähnlich sehende Diktator Hynkel die Macht im Land gewonnen hat und die Juden verfolgt. Der Friseur flieht zusammen mit einem Widerstandskämpfer, wird aber gefasst und in ein Konzentrationslager gesperrt. Er kann jedoch flüchten und die folgende Verwechslungskomödie gipfelt in einer bravourösen Rede des Friseurs vor den versammelten Truppen. <BR /><BR /><BR /><b>Die Nazis und der große Diktator</b><BR /><BR /><BR />Die Nazis montierten Aufnahmen von Chaplins Berlin-Besuch in ihren schlimmsten Propagandafilm, „Der ewige Jude“. Jede Erwähnung der Juden als Hauptopfer des Faschismus verschwand bis Kriegsende aus Hollywood-Filmen. 1941 riefen die Senatoren Clark (Missouri) und Nye (Nord-Dakota) zu einer Untersuchung der US-Filmindustrie auf und vermerkten, die Chefs aller acht großen Studios trügen „jüdisch klingende Namen“. <BR /><BR />1952, als er per Schiff nach England unterwegs war, wurde dem als „Kommunisten“ verdächtigten Chaplin die Wiedereinreisegenehmigung entzogen. In Italien wurde der Film noch lange gekürzt, um die Gefühle von Mussolinis Witwe nicht zu verletzen. Im Spanien General Francos blieb er bis zu dessen Tod 1975 verboten. <BR />(Hanns-Georg Rodek, Die Welt)<BR /><BR /><BR /><b>Filmkritik</b><BR /><BR /><BR />Dieser Film ist die große künstlerische Abrechnung Charlie Chaplins mit dem fast auf den Tag gleichaltrigen Diktator Hitler (Geburtstage 16. bzw. 20. April 1889) auf der anderen Seite des Ozeans, der ihm – so möchte man fast meinen – seinen Schnurrbart nachgemacht hat. Es ist der erste Dialogfilm Chaplins und neben „Moderne Zeiten“ sein größter Erfolg: 5 Millionen Dollar Einnahmen! <BR />(filmrezension.de)<BR /><BR /><BR /><b>Expertenmeinung</b><BR /><BR /><BR />Chaplin inszeniert seine Parallelaktion zu Hitler als Parallelaktion: Er spielt den Führer, alias Adenoid Hynkel, und einen jüdischen Barbier, der vom 1. Weltkrieg noch so benommen ist, dass er die drohende Gefahr vor dem 2. nicht mitbekommt. Er kommt ins KZ, bricht aus, wird für Hynkel gehalten, während die Nazis schon nach Österreich marschieren, um es anzuschließen. Höhepunkt ist eine Rede, in der Chaplin die Rhetorik Hitlers so zuspitzt, dass er sie inhaltlich in den Dienst ihres angestrebten Gegenteils nehmen kann: Freiheit, Demokratie, Antifaschismus. Ein Autorenkunststück gegen die Barbarei. <BR />(Viennale)<BR /><BR /><BR /><b>Fazit</b><BR /><BR /><BR />Chaplin als Diktator bzw. gutherziger jüdischer Friseur sollte man als seriöser Filmfan nicht verpassen.<BR /><BR /><BR /><b>Lesetipp</b><BR /><BR /><BR /><b>Die Rede Hynkels</b><BR /><BR /><BR />„Es tut mir leid, aber ich möchte nun mal kein Herrscher der Welt sein, denn das liegt mir nicht.<BR />Ich möchte weder herrschen, noch irgendwen erobern, sondern jedem Menschen helfen, wo immer ich kann. Den Juden, den Heiden, den Farbigen, den Weißen. Jeder Mensch sollte dem anderen helfen, nur so verbessern wir die Welt. Wir sollten am Glück des andern teilhaben und nicht einander verabscheuen. Hass und Verachtung bringen uns niemals näher. Auf dieser Welt ist Patz genug für jeden, und Mutter Erde ist reich genug, um jeden von uns satt zu machen.<BR /><BR /><BR />Das Leben kann ja so erfreulich und wunderbar sein. Wir müssen es nur wieder zu leben lernen.<BR /><BR /><BR />Die Habgier hat das Gute im Menschen verschüttet und Missgunst hat die Seelen vergiftet und uns im Paradeschritt zu Verderb und Blutschuld geführt. Wir haben die Geschwindigkeit entwickelt aber innerlich sind wir stehen geblieben. Wir lassen Maschinen für uns arbeiten und sie denken auch für uns.<BR /><BR /><BR />Die Klugheit hat uns hochmütig werden lassen, und unser Wissen kalt und hart. Wir sprechen zu viel und fühlen zu wenig. Aber zuerst kommt die Menschlichkeit und dann erst die Maschinen. Vor Klugheit und Wissen kommt Toleranz und Güte. Ohne Menschlichkeit und Nächstenliebe ist unser Dasein nicht lebenswert.<BR /><BR /><BR />Aeroplane und Radio haben uns einander näher gebracht. Diese Erfindungen haben eine Brücke geschlagen, von Mensch zu Mensch. Die erfordern eine allumfassende Brüderlichkeit, damit wir alle Eins werden. Millionen Menschen auf der Welt können im Augenblick meine Stimme hören. Millionen verzweifelter Menschen, Opfer eines Systems, das es sich zur Aufgabe gemacht hat Unschuldige zu quälen, und in Ketten zu legen.<BR /><BR /><BR />All denen, die mich jetzt hören, rufe ich zu: Ihr dürft nicht verzagen! Auch das bittere Leid, das über uns gekommen ist, ist vergänglich. Die Männer, die heute die Menschlichkeit mit Füßen treten werden nicht immer da sein. Ihre Grausamkeit stirbt mit ihnen, und auch ihr Hass. Die Freiheit, die sie den Menschen genommen haben, wird ihnen dann zurückgegeben werden.<BR /><BR /><BR />Auch wenn es Blut und Tränen kostet, für die Freiheit ist kein Opfer zu groß.“<BR />(aus Rolling Stone)<BR /><BR /><BR />Der Filmklassiker <a href="https://www.youtube.com/watch?v=4YtWGuogZXk" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">„Der große Diktator“ </a> ist zu finden bei Youtube.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR />