Groschups Klassiker zum Wiedersehen: „Der große Irrtum“ - Kino / TV

Bernardo Bertolucci wendet sich mit dem flüssig erzählten Film erstmals an ein breites Publikum. Wie bei seinen avantgardistischen früheren Filmen erweist er sich auch hier als Meister der effektvollen Bildgestaltung. Bernardo Bertolucci (1941-2018) Weitere Filme: &bdquo;Der letzte Tango in Paris“ (1972 mit Marlon Brando) &bdquo;Novecento“ (1976 mit (Burt Lancaster, Gérard Depardieu, Donald Sutherland, Dominique Sanda und Robert De Niro) Genre Film Noir Darsteller: Jean-Louis Trintignant (1930-2022) Verfilmung des gleichnamigen Romans von Alberto Moravia (1907-1990), &bdquo;Der Konformist“ gilt in Italien als Moravias Meisterstück. Der Roman zeigt den berühmten Autor auf der Höhe seiner Kunst der seelischen Demaskierung: den Mörder im normalen Bürger. (Wagenbach) Was passiert 1938 im faschistischen Italien: Marcello Clerici, geachteter Professor der Philosophie, hat sich mit der schönen, aber etwas schlichten Giulia verlobt. Seit seiner Kindheit plagen ihn schwere Schuldgefühle. Er ist davon überzeugt, dass er als 13-Jähriger einen Mann erschossen hat, der ihn zu verführen versuchte. Seitdem hat Marcello das Bedürfnis entwickelt, möglichst normal und gesellschaftlich angepasst zu sein. Filmkritik &bdquo;Kühl beobachtend, stilistisch ausgefeilt und in komplizierter Rückblendentechnik analysiert Bertoluccis Film die Bewusstseinswelt des italienischen Bürgertums an einem Modellfall. Individuelle und politische Geschichte werden eng aufeinander bezogen, wobei – trotz handwerklicher Virtuosität – die Verbindung beider Aspekte nicht immer zwingend erscheint.“ (film dienst) &bdquo;Bernardo Bertolucci wendet sich mit dem flüssig erzählten Film erstmals an ein breites Publikum. Wie bei seinen avantgardistischen früheren Filmen erweist er sich auch hier als Meister der effektvollen Bildgestaltung.“ (Die Chronik des Films) Expertenmeinung In seiner Verfilmung des Romans &bdquo;Der Konformist“ von Alberto Moravia hat sich Drehbuchautor und Regisseur Bernardo Bertolucci besonders in dieser Hinsicht einige Freiheiten erlaubt. Ihm ging es weniger um eine geschichtlich akkurate Aufarbeitung einer Episode der faschistischen Vergangenheit seiner Heimat als um das schillernd dekadente Portrait einer gesellschaftlichen Schicht und dessen Protagonisten Marcello Clerici im Besonderen. In dessen Fall liegt der Schlüssel zur politischen und privaten Neuorientierung in einem Ereignis der Jugend, das er über eine lange Zeit geheim gehalten hat. Und sowohl das als auch wie der Film seinen zentralen Rollencharakter der eigenen Vergangenheit ausliefert, ist ein Stilelement, das ebenso für den Film Noir der 40er Jahre typisch war. (Koch Media) Hintergrund Sehr umfangreiche filmwissenschaftliche Analyse bei Wikipedia. Text über Platons Höhlengleichnis als kinematografische Metapher ist sehr empfehlenswert. Bedeutet aber nur eine der möglichen Interpretationen des Films. Text über Politische Gegenwart und Geschichtsschreibung beurteilt den politischen Gehalt des Films. Aber man sollte sich immer vor Augen halten, dass ein Film eben ein Film ist und das Leben das Leben. Und nicht den Roman mit dem Film vergleichen, was den Holzweg bedeutet. (gro) Fazit Der wunderbar fotografierte, ausgeleuchtete und geschnittene Film nach einer populären Geschichte von Moravia war der erste kommerzielle Erfolg Bertoluccis. Er befreite sich von seinen Vorbildern Godard und Pasolini, für den er auch gearbeitet hatte. Ein Muss für jeden Cineasten. (gro) Buchtipp Alberto Moravia: Der Konformist (Roman 1951), Wagenbach &bdquo;Moravia vergisst keinen Augenblick lang, dass ein Erzähler erzählen muss, immer weitererzählen, dass er seinen Leser an der Gurgel packen muss, damit ihm die Lust am Abenteuer des Lesens nicht vergeht.“ (Enzo Siciliano) Der Filmklassiker &bdquo;Der große Irrtum“ ist zu finden auf Youtube.