Filmkritiker Helmut Groschup durchstöbert für Sie YouTube und stellt wöchentlich hier einen Klassiker vor. Heute: „Fitzcarraldo“ von Werner Herzog (Deutschland 1982). <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="646853_image" /></div> <BR /><BR /><b>Es spielen:</b> Klaus Kinski, Claudia Cardinale<BR /><b>Musik:</b> Popol Vuh<BR /><BR /><BR /><Fett>Werner Herzog</Fett><BR /><BR /><BR />Der Regisseur besetzte C.C. als abenteuerlustige Bordellbesitzerin Molly, die von Klaus Kinski am Ärmel durch peruanische Hinterzimmer gezerrt wird und ihm bereitwillig den berühmten Dampfer finanziert, der später auf ikonische Weise über den Berg wandert.<BR /><BR /><BR />„Ich kann mich nicht erinnern, je in meinem Leben so unter Druck gearbeitet zu haben. [...] Kinski hysterisch schreiend, dann mimte der den Todkranken, der sich von Paul stützen lassen musste, dann wieder frische Tobsucht. [...] Das Boot zerbrach auf der Stelle und sank wie ein Stein. Das war nur eine Groteske am Rande. Beim nächsten Tobsuchtsanfall Kinskis nahmen mich der Häuptling [...] beiseite und fragten mich ganz ruhig, ob sie ihn für mich töten sollen. [...] Sie meinten K., und die Art, in der sie sprachen, ließ keinen Zweifel, dass sie es sofort innerhalb der nächsten 60 Sekunden auch tun würden. K. bemerkte, dass etwas vor sich ging, und disponierte wieder rasch auf todkrank um.“ (aus dem Buch: „Eroberung des Nutzlosen“) <BR /><BR /><?O_Fett><?_O_Fett><b>Weitere wichtige Filme:</b> „Aguirre-der Zorn Gottes“ (1972), „Stroszek“, „Nosferatu“ (1979), Woyzeck“ (1979), <BR /><BR /><BR /><b>Was passiert</b><BR /><BR /><BR />Der Ire Fitzgerald (span.: „Fitzcarraldo“) ist ein Besessener: Er liebt die Oper und sein Grammophon, das ihn überall begleitet und aus dem fortwährend die Stimme Carusos ertönt. Fitzcarraldo ist fest entschlossen, in Iquitos, mitten im Amazonas-Urwald, ein riesiges Opernhaus zu bauen. Finanzieren will er das mit der Gewinnung von Kautschuk. <BR /><BR />Die Kautschukbarone der Region überlassen ihm aber nur ein Gebiet, in das noch kein Weißer vorgedrungen ist: Die Stromschnellen flussaufwärts sind unüberwindbar, und zudem ist der Dschungel von Indianervölkern bewohnt. Fitzcarraldo setzt sich das Unmögliche in den Kopf. Er fährt mit seinem Flussdampfer einfach den Nachbarstrom hinauf und lässt das Schiff oberhalb der Stromschnellen kurzerhand über den Berg in den anderen Fluss hinunter ziehen – mit Hilfe derselben Indianer, die bisher jeder anderen Expedition den Garaus gemacht haben. Was der strohblonde, in Weiß gekleidete Ire allerdings nicht weiß, ist, dass die sich zu Tode schuftenden Indianer eine eigene Motivation haben, die seinen Plänen zuwider läuft.<BR /><BR /><BR /><b>Filmkritik</b><BR /><BR /><BR />„Herzogs Urwaldheld Fitzcarraldo ist ein Sisyphos der Oper, seine Geschichte eine wundersam irrsinnige Parabel des Nutzlosen – also der Kunst. Herzogs Held Fitzcarraldo ist einer der unternehmerischen Abenteurer, die der Kautschuk-Boom um die Jahrhundertwende in die peruanische Wildnis trieb. Als Glücksritter mehrfach gescheitert (er versucht, unter anderem, den Wellblechhütten-Indios und den Gummihändlern Eis zu verkaufen), kennt er nur einen Traum: Er möchte ein Opernhaus, eine Oper nach Iquitos bringen: die raffinierteste, luxuriöseste Kunstform in die barbarischste, primitivste Einsamkeit.“ (Der Spiegel 7.3.1982)<BR /><BR /><BR /><b>Rezeptionsgeschichte</b><BR /><BR /><BR />Herzog stellte unmissverständlich klar, dass er nicht die Absicht habe, ein Boot in der Badewanne zu filmen. Dabei reagierte er auf Wolfgang Petersens erfolgreichen Film „Das Boot“ (1981), der als Blockbuster im US-amerikanischen Stil 6 Monate vor „Fitzcarraldo“ Premiere hatte. Dessen Herzstück war ebenfalls ein Schiff; alle nautischen Szenen aber wurden in einem deutschen Studio gefilmt. Herzog dagegen vermied künstlerische Sets, um den echten Stress, die wirklichen Strapazen in den Gesichtern seiner Schauspieler für die Leinwand festzuhalten. (aus: Reclams Neuer Deutscher Film)<BR /><BR /><BR /><b>Expertenmeinung</b><BR /><BR /><BR />„In der Schlussszene fährt Fitzcarraldo auf seinem Schiff, eine Oper wird behelfsmäßig aufgeführt, Klaus Kinski raucht eine große Zigarre – und er lacht, ganz entspannt, lacht all das Brütend-Hitzige der Herzog-Kinski-Filme einfach weg. Cardinale steht am Ufer, sieht und lächelt ihm zu, weil auch sie weiß, dass da jemand endlich bei sich selbst angekommen ist. Man fühlt sich an den Falstaff Giuseppe Verdis erinnert, der am Ende, nach all seinen Fehlschlägen und Irrtümern ebenfalls in ein großes Gelächter ausbricht – eine wenngleich verzweifelte Demontage der übertriebenen Ernsthaftigkeit, die ausdrücken möchte: Wir sind noch nicht tot, wir lachen noch!“ <BR />(Christian David in „Kinski“, Aufbau-Verlag 2006) <BR /><BR /><BR /><b>Award:</b> Cannes Preis für die beste Regie<BR /><BR /><BR /><b>Politisch gesehen</b><BR /><BR /><BR />„Werner Herzog wurde seinerzeit, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, die Ausbeutung der indigenen Statisten sowie Raubbau an deren Lebenswelt vorgeworfen.“<BR />(Gerhard Midding in epd-film 7.2.2015) <BR /><BR /><BR /><b>Fazit</b><BR /><BR /><BR />Bei Umfragen zu den besten deutschen Werken aller Zeiten taucht Werner Herzogs „Fitzcarraldo“ eigentlich immer auf, denn das Mammutwerk von Werner Herzog beeindruckt allein schon mit seiner kolossalen Produktionsgeschichte, die Dutzende Anekdoten und Unglaublichkeiten bereithält.<BR /><BR /><BR /><b>Literaturempfehlung:</b> Werner Herzog: Eroberung des Nutzlosen.<BR />Carl Hanser verlag, München 2004<BR /><BR /><BR /><b>Film zum Film</b>: „ <a href="https://www.youtube.com/watch?v=cbpY5xGSRoo" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Mein liebster Feind“</a> von Werner Herzog<BR />auch auf Youtube zu sehen.<BR /><BR />Der Filmklassiker <a href="https://www.youtube.com/watch?v=UhB-LQ4U_0k" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">„Fitzcarraldo“ </a> ist zu finden bei Youtube.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />