Viscontis zweiter großer Kostümfilm ist ein schwelgerisches Epos über den Niedergang einer Epoche. „Il gattopardo“ gewann 1963 in Cannes die Goldene Palme und wurde wegen seiner 40-minütigen Ballszene berühmt, in der Tancredi seine Frau in die Gesellschaft einführt.<BR /><BR /><BR /><b>Visconti (1906-1976)</b><BR /><BR />Er gilt als einer der bedeutendsten Regisseure des europäischen Kinos. Der aus einer italienischen Adelsfamilie stammende Visconti zählte in den 1940er-Jahren zu den Mitbegründern des italienischen Neorealismus. Später widmeten sich seine Filme vor allem Themen wie Schönheit, Dekadenz, Tod und europäischer Geschichte, insbesondere den Verfall des europäischen Adels und Bürgertums hat er wiederholt in seinen Filmen aufgegriffen.<BR /><BR /><BR /><b>Weitere Filme</b><BR /><BR />„Ossessione“ (1943), „Rocco e i suoi fratelli“ (1960), „Lo straniero“ (1967), „Morte a Venezia“ (1971)<BR /><BR /><BR /><b>Darsteller</b><BR /><BR />Alain Delon, Burt Lancester, Claudia Cardinale<BR /><BR /><BR /><b>Claudia Cardinale</b><BR /><BR />„Il gattopardo“ war ein Qualitätssprung und eine Reifeprüfung für mich. (…) Visconti lehrte mich, mein Gesicht zweizuteilen, die Augen mussten ernsthaft bleiben und unabhängig vom Mund agieren. Er zwang mich auch – die ich zuvor Blicke mit anderen mied –, meine Gegenspieler lange anzustarren. Ich konnte ihn überzeugen, der Aufgabe gewachsen zu sein. Nach diesem Film schaute ich nicht mehr gleich. (Interview mit Carmine De Fusco, Weltwoche, 43/2007)<BR /><BR /><BR /><b>Was passiert</b><BR /><BR />Sizilien 1860. Die Truppen der von Giuseppe Garibaldi geführten Aufstandsbewegung zur Einigung Italiens landen auf der Insel, um die verhasste Fremdherrschaft der Bourbonen zu beenden. Die alten Adelsgeschlechter verlieren dadurch zunehmend an Einfluss, während bürgerlich-liberale Kräfte an Bedeutung gewinnen. Von diesen Veränderungen ist auch das sizilianische Fürstenhaus Salina betroffen. Obwohl er den drohenden sozialen Abstieg vor Augen hat, arrangiert sich der alte Fürst Don Fabrizio Salina nur widerwillig mit den neuen Herren. Ganz anders verhält sich dagegen sein Neffe Tancredi. Dieser setzt alles daran, sich im neuen Sizilien gut zu positionieren und heiratet deshalb Angelica, die Tochter von Don Calogera Sedara, des neureichen Bürgermeisters von Palermo. (Kinok)<BR /><BR /><BR /><b>Filmkritik</b><BR /><BR />„Ist dies der schönste Film, der je gemacht wurde? Sich diese Saga über die sizilianische Aristokratie anzuschauen ist, als würde man ein altes Gemälde betreten, wo das Auge entzückt über die Samtfalten und über das wechselnde Licht schweift. Wie der Romanautor Lampedusa entstammt auch Visconti einem Adelsgeschlecht – ihre Empathie mit dem Fürsten, der erkennen muss, dass die Feudalzeit zu Ende geht, spürt man. (…) Die Grazie, die Verkommenheit, die Langeweile und die Eleganz der Ballszene gehen weit über das Filmische hinaus – sie hauchen diesen längst vergangenen Tagen neues Leben ein.“ (Trevor Johnston in Time Out, London)<BR /><BR /><BR /><b>Expertenmeinung</b><BR /><BR />Luchino Viscontis Historienepos, „ein üppiges Fresko einer Welt, die in der Dämmerung aktiv ist. Der Film erklärt die großen sozialen Veränderungen in Italien nach der Risorgimento-Bewegung anhand der Geschichte des Fürsten Salina. (...) Burt Lancasters großartige Darstellung machte den Fürsten zu einer der emblematischen adeligen Gestalten der Kinogeschichte, aber auch Alain Delon und die atemberaubend schöne Claudia Cardinale liefern glänzende schauspielerische Leistungen.“ (Dana Duma, in: 1001 Filme, 2012)<BR /><BR /><BR /><b>Award</b><BR /><BR />Goldene Palme Cannes 1963<BR /><BR /><BR /><b>Fazit</b><BR /><BR />Viscontis zweiter großer Kostümfilm ist ein schwelgerisches Epos über den Niedergang einer Epoche. „Il gattopardo“ gewann 1963 in Cannes die Goldene Palme und wurde wegen seiner 40-minütigen Ballszene berühmt, in der Tancredi seine Frau in die Gesellschaft einführt. Der Film basiert auf dem gleichnamigen, 1954 verfassten Roman des Literaturwissenschaftlers Giuseppe Tomasi di Lampedusa (1896–1957), dessen Epos zu Lebzeiten keinen Verleger fand, jedoch nach der posthumen Veröffentlichung 1958 bei Feltrinelli zum Bestseller wurde. Mit Burt Lancaster als Fürst Don Fabrizio, Claudia Cardinale als Angelica Sedara und Alain Delon als Tancredi ist „Il gattopardo“ ein Gipfeltreffen der Stars, wobei letztere beide bereits drei Jahre davor in „Rocco e i suoi fratelli“ brilliert hatten.<BR /><BR /><BR /><b>Buchtipp</b><BR /><BR />Giuseppe Tomasi di Lampedusa: Der Leopard. Roman. (Originaltitel: Il gattopardo). Deutsch von Burkhart Kroeber. Piper, München 2019<BR /><BR />Dieser Filmklassiker ist zu finden auf Youtube.<BR />Sprache: Italienisch<BR />Dauer: 3h 03min<BR />