<b>Von Ida Walder</b><BR /><BR />Wie viel von ihrem eigenen Auszug in die weite Welt und welche Rolle das Wasser, die Donau, in ihrem neuen Film spielt, erzählt die Bozner Regisseurin im Gespräch.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1151631_image" /></div> <BR /><b>Der Film handelt vom Weggehen und Zurückkommen – ein Gefühl, das oft mit innerem Zwiespalt verbunden ist. Steckt viel von Ihnen selbst im Drehbuch?</b><BR />Evi Romen: Als Südtirolerin trägt man dieses zwiespältige Gefühl oft in sich – die Frage, wo man hingehört oder wohin man eigentlich will. Gleichzeitig hat man tiefe Wurzeln, die einen immer wieder zurückziehen. Bei mir war es so, dass ich sehr früh weggegangen bin und einen eher untypischen Weg eingeschlagen habe. Damals war bei vielen aus meinem Umfeld klar: Nach dem Studium kehren sie wieder zurück. <BR /><BR /><b>…für Sie aber nicht?</b><BR />Romen: Für mich stand hingegen fest, dass ich gar nicht zurückkommen kann – zumindest nicht mit dem, was ich alles studiert hatte. Eine Rückkehr hätte sich für mich wie ein persönliches Scheitern angefühlt. Auch wenn meine Eltern sich das vielleicht anders vorgestellt haben – in ihren Augen hätte ich zur Not ja auch Nachrichten schneiden können oder irgendeine andere Arbeit finden. Aber mir war immer klar: Ich gehe weg, und zwar für lange Zeit. Und trotzdem hat es fast mein ganzes Leben gedauert – ich bin jetzt bald 58 –, um auf die Frage „Woher kommst du?“ ganz selbstverständlich zu antworten: Ich bin aus Wien. Denn bis vor Kurzem habe ich diese Frage immer mit „Ich bin aus Südtirol“ beantwortet.<BR /><BR /><b>Was hat Sie grundsätzlich dazu bewegt, Südtirol zu verlassen?</b><BR />Romen: Ich hatte dieses Gefühl, dass mir die Berge förmlich auf den Kopf fallen – es war eher ein körperliches Empfinden, dass ich da raus wollte. Mit 16 habe ich im Filmclub gearbeitet und meine Sonntage im dunklen Kino verbracht. Ich habe mich praktisch über Filme in die weite Welt gebeamt. Dort, im Filmclub, hat sich dann meine Liebe zum Film so richtig entwickelt. Film wurde für mich letztlich die Möglichkeit, den Bergen und Südtirol zu entfliehen. Mit Filmen konnte man sich in andere Geschichten und Welten entführen lassen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1151634_image" /></div> <BR /><b>Die Donau taucht immer wieder als zentrales Bild im Film auf. Warum gerade der Fluss – was verbindet Sie oder die Geschichte damit?</b><BR />Romen: Ich liebe Symbolik und Metaphern – und ein Fluss ist natürlich ein Sinnbild schlechthin: für das Fließen, das Weggehen und Wiederkommen. Besonders die Donau, an der ich auch wohne, verkörpert für mich dieses ständige Auf und Ab von Geschichten. Man weiß nie genau, was an einem vorbeizieht – wie im Leben eben. In meinem Film ist der Fluss eine Art stiller, aber präsenter Mitspieler. Eine Figur im Hintergrund, die das Geschehen begleitet, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Natürlich macht ein Fluss nie genau das, was man erwartet – genauso wie das Leben oder wie die Figuren in der Geschichte. Und so wie die Donau meandert, tut es auch die Erzählung.<BR /><BR /><b>Sie haben einmal erwähnt, dass sich die Natur gegen Ihr Drehbuch gestellt hat. Was meinten Sie damit?</b><BR />Romen: Ja, das war leider ziemlich fatal – es war der wärmste Oktober aller Zeiten. Und ich war ohnehin schon traurig, dass wir aus produktionstechnischen Gründen im Herbst drehen mussten. Eigentlich hätte ich den Film viel lieber im Frühling gemacht. Ich wollte nämlich bewusst nicht diese klassische Metapher bedienen: mittelalte Frau gleich Herbst. Stattdessen hatte ich die Vorstellung, dass ein bestimmter Abschnitt im Leben, in dem man sich langsam dem Alter annähert – durchaus auch etwas mit Frühling zu tun haben kann. Frühling als Zwischenzustand: Noch ist alles grau und ein bisschen trostlos, aber es beginnt wieder etwas zu fließen, zu sprießen. <BR /><BR /><b>Und dann sind Sie trotzdem im Herbst gelandet…</b><BR />Romen: Ja genau, und ich dachte mir, gut – dafür gibt es dann zumindest viel Wasser, mehr Fluss, schlammige Ufer, eine gewisse Schwere. Ich hatte das auch alles ins Drehbuch geschrieben, sogar die Dialoge hatten teils mit dem Wetter zu tun: Figuren sprechen vom ersten Frost, von Kälte, vom Rückzug in den Winter. Und dann standen wir plötzlich im strahlenden Sonnenschein. Die Kostüme passten nicht mehr, die Atmosphäre war völlig anders als geplant. Ich möchte gar nicht zählen, wie oft wir an der Donau gestanden sind und verzweifelt auf ein bisschen mystischen Morgennebel gehofft haben...<BR /><BR /><b>Die Musik spielt im Film eine zentrale Rolle. Hat sich das Drehbuch der Musik angepasst – oder umgekehrt? Wie war das Zusammenspiel zwischen Bild und Klang?</b><BR />Romen: Ursprünglich wollte ich ja eine Musikerinnenfigur erzählen – aber ohne Musik. Mir war wichtig, dass das Publikum nicht sofort in ein geschmäcklerisches Urteil verfällt. Wenn man zum Beispiel selbst gern Punk hört und dann im Film plötzlich ein Songwriter-Stück erklingt, denkt man vielleicht: Aha, das ist also ihr großer Traum? – und urteilt vorschnell. Ich wollte genau das vermeiden: Dass man sie über die Musik oder den eigenen Musikgeschmack bewertet. Am Ende habe ich mich dann doch dazu entschieden, etwas zu zeigen – einen Song, der vielleicht nicht vollkommen gelungen ist, aber trotzdem eine gewisse Schönheit hat. Mir ging es nicht darum, sie als heimliches Musik-Genie darzustellen, das nur nie entdeckt wurde. Ich wollte im Gegenteil auch diese gewisse Mittelmäßigkeit zulassen. Etwas, das „ganz schön“ ist – aber eben nicht weltbewegend. Und genau das fand ich erzählerisch interessant.<BR /><BR /><i>„Happyland“ wird ab Mitte Juni in Bozen im Filmclub gezeigt werden.</i>