Josef Bierbichler ist als fulminanter Schauspieler in einprägsamer Erinnerung. Ob in der „Winterreise“ von Hans Steinbichler, im „Knochenmann“ von Wolfgang Murnberger oder in „Das weiße Band“ von Michael Haneke, Bierbichler ist eine Art künstlerische Naturgewalt, die man nicht so leicht vergisst.Gibt man ihm eine passende Rolle, spielt er mit Volldampf – das macht sein Charisma aus. Problematisch allerdings wird es, wenn man die „Marke“ Bierbichler als zugkräftiges Element benutzt und um sie herum einen Film schneidert.Bei Thomas Roths Krimi „Brand“ entsteht leider der Eindruck, als hätte der Regisseur und Drehbuchautor ein bisschen Bierbichler aus dem „Knochenmann“ und ein bisschen Bierbichler aus der „Winterreise“ genommen und beides zu einem Kostüm zusammengenäht, das überall zwickt und zwackt.Roth, der als Filmemacher zuletzt mit „Falco – Verdammt, wir leben noch!“ im Kino zu sehen war, erzählt in seinem neuen Streifen einhundertfünf Minuten lang die Geschichte des Schriftstellers Brand (Josef Bierbichler), dessen krebskranke Ehefrau (Erika Deutinger) in einem Wiener Krankenhaus liegt. Bei seinen Besuchen im Krankenhaus lernt Brand die junge, schöne, osteuropäische Krankenschwester Angela (Angela Gregovic) kennen, die mit einem eifersüchtigen, türkischstämmigen Polizisten (Denis Moschitto) verheiratet ist.Was sich im Folgenden aus dieser Konstellation entwickelt, ist eine bunte Mischung voller Klischees. Brand hat eine wilde Affäre mit der Krankenschwester, deren Ehemann bekommt Wind davon, sperrt seine Frau daheim ein und verprügelt sie.Damit nicht genug, schneidet ein angeheuerter Schlägertrupp Brand als Warnung ein Ohr ab. Der Schriftsteller bestreitet also die zweite Hälfte des Films mit Kopfverband – unübersehbar an das Selbstporträt Vincent van Goghs erinnernd. Eine Spirale der Gewalt beginnt sich zu drehen, an deren Ende gibt es drei Tote.Mit seichten Dialogen und hölzernem Schauspiel – selbst Bierbichler erreicht kaum die Hälfte dessen, was er eigentlich kann – inszeniert Thomas Roth eine Handlung, bei der man immer wieder vergeblich hofft, sie sei ironisch gemeint.Daran kann nicht einmal Bierbichler etwas ändern, bei dem man den Eindruck hat, er kopiere sich selbst, wenn er ähnlich wie in der „Winterreise“ aus Leibeskräften „Du Drecksau“ in einen Wald hinein schreit.Auch die dramatisch wirkenden Einschübe mit wackliger Handkamera oder die technisch perfekte Umsetzung des Plots in Bilder von klarer, präziser Schönheit (Kamera: Jo Molitoris) wiegen den schlichten Inhalt nicht auf.Wird Brand zusammen mit Angela in deren Wohnung von dem unerwartet heimkommenden Ehemann überrascht und versteckt sich dann auch noch ausgerechnet auf dem Balkon, mit dem Rücken dicht an die Hauswand gepresst, wirkt das einfach nur abgedroschen. Also wohlmöglich eine Persiflage? Keine Spur. Angesichts des Krebsleidens von Brands Frau wird deutlich, wie ernst es Regisseur Thomas Roth ist.dpa