Da kommt der politisch engagierte Mann zu Wort, aber auch der Vater, Ehemann und Sohn, von dem seine 7 Töchter sagen, er sei laut, sensibel, ehrgeizig, gewissenhaft, gerecht, großzügig, blitzgescheit, motivierend, neugierig, fröhlich verschmitzt, kunstsinnig, ein großer Humanist und vieles vieles mehr – ein liebevoller Film, ohne je ins klischeehaft Schwärmerische zu verfallen.<BR /><BR />Roland Riz lebte viele Leben gleichzeitig. 30 Jahre lang war er Vertreter im römischen Parlament, führte seine Anwaltskanzlei erfolgreich in Bozen, war Professor für Strafrecht in Padua und Modena, sowie für Verfassungsrecht und Autonomierecht in Innsbruck, lehrte an der Pontificia Universitas Lateranensis in Rom, schrieb Fachbücher, ist Vater, Sportsmann und Ehemann. Wie konnte ihm das alles gelingen? <BR /><BR />„Man darf halt nicht zu früh schlafen gehen, wenn man zu früh schlafen geht, dann sind das verlorene Stunden“, sagt der heute 96-Jährige mit einem immer noch verschmitzten Lächeln zu Beginn des Dokumentarfilms und fügt hinzu: „Ich hab auch viel gedacht.“ Das glaubt man ihm aufs Wort. Und auch viel gelacht, würde ich hinzufügen: Diese Fröhlichkeit hat er seinen 7 Töchtern weitervererbt. Jede auf ihre Art, die eine lauter die andere verhaltener, lacht in die Kamera, wenn sie über den „Papi“ spricht.<h3> Das „Goggele“</h3>Riz' Kindheit und Jugend waren vom Krieg geprägt. Er war der Jüngste von 4 Kindern. Seinen älteren Bruder Hubert kannte er kaum, er fiel als „Kanonenfutter“ im Zweiten Weltkrieg in Karelien. Die Schwestern, ebenfalls Rechtsanwältinnen, waren viel älter. Er war der junge Hupfer der Familie, das „Goggele“, wie er sagt, weil er einen ovalen Kopf hatte, als er per Zangengeburt auf die Welt kam. <BR /><BR />Eingeschult wurde Roland Riz in Bozen. „Hast du sie verstanden, die Lehrerin?“, fragte ihn damals sein Banknachbar. „Italiano!“, schrie ihn da gleich die Aufseherin an. Und als das „Drama der Option auf uns zukam“, wie Roland Riz erklärt, war er 12 Jahre alt. Die Abwanderung, die Spaltung der Familien, auch in seiner, all das hat er hautnah miterlebt. <BR /><BR />Nachdem die große Mehrheit der Südtiroler im Jahre 1939 für Deutschland optiert hatte, sollten die Kinder der Optanten für das Leben im Deutschen Reich vorbereitet werden. Dafür wurden zahlreiche Buben an eine eigens für sie errichtete Schule nach Rufach im Elsass geschickt. Auch Roland Riz war im Zug nach den Norden: „Wer auswandert, kann niemals mehr zurück nach Südtirol, hat es damals geheißen. Der Satz stimmte mich traurig. Ich sah beim Fenster hinaus auf die schönen Weinberge von St. Magdalena…“ Er musste sich fügen, „traurige alte Zeiten. Doch man muss vergessen und verzeihen. Wenn wir nicht verzeihen, ist es ganz schlecht, denn dann kommt die Rache auf. Das hat mir meine Mutter oft wiederholt: Roland vergiss nicht, das Wichtigste ist, dass du nichts Übles weiter schleppst. Der Friede muss im Leben herrschen. Überall wohin ich gekommen bin, habe ich diesen Satz meiner Mutter im Herzen behalten.“ Das ist auch Roland Riz' politisches Credo. <BR /><BR />Schon mit siebzehneinhalb Jahren hat er seine Matura abgelegt und anschließend in Mailand Rechtswissenschaften studiert. „Damals waren wir verschrien als jene der abtrünnigen Provinz.“ Mit 30 Jahren hatte er seine Anwaltskanzlei, wo er bis vor 4 Jahren noch als Anwalt tätig war. <BR /><BR /><embed id="dtext86-60764241_quote" /><BR /><BR />1954 heiratet er Verena von Walther. „Die Zeit des Kennenlernens ist nicht die schönste Zeit, die schönste Zeit ist die Liebeszeit“, sagt Riz, die Zeit nach der Hochzeit. Stolz ist er auf seine 7 Töchter und glücklich mit ihnen. Seine Verena „war eine gute Mutter.“ Doch manchmal waren ihm die vielen Frauen doch etwas zu viel: „Dann ist er auch sonntags ins Büro geflüchtet“, erklärt Tochter Barbara. Als Politiker war er immer unterwegs, alles lastete auf seiner Frau.<h3><embed id="dtext86-60763088_gallery" /><BR /><BR />Der Politiker</h3>Klar und unnachgiebig war Roland Riz' Verteidigung der Rechte der Südtiroler und ihrer Autonomie anlässlich der vielen Südtirol-Debatten (zuletzt 1983, 1985, 1987). Es gibt keine auf Südtirol bezogene Kommission bei der Riz nicht mit wesentlichen Beiträgen für die Autonomie der Südtiroler beteiligt gewesen wäre. Maßgeblich hat er an der Ausarbeitung des Statuts und der Durchführungsbestimmungen mitgewirkt, war Mitglied diverser Kommissionen und Ausschüsse zur Reform des Autonomiestatutes. Viele von Riz' Anträgen und Interventionen für die Sicherung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interessen Südtirols waren erfolgreich wie etwa das Wahlrecht für Achtzehnjährige, die Förderung der Klein- und bäuerlichen Betriebe oder die klare Stellungnahme für den Schutz der Frau und für das ungeborene Leben.<BR /><BR />„Politik wird dir nur Unheil bringen“, sagte sein Vater zu ihm. Doch Roland Riz war überzeugt davon, dass man politisch tätig sein müsse. Trotz Pariser Vertrags „hatten wir keine Demokratie. Von 1945 bis 1957 geschah politisch nichts, bis nicht der Marsch auf Sigmundskron stattfand“, erinnert sich der 96-Jährige. „Los von Trient, meinte damals Magnago.“ Südtirol müsse eine Eigenverwaltung bekommen, „darum ging es, und ich mir ein, da einer der Vorsprecher gewesen zu sein... Ich war überzeugt, dass man nur mit Verhandeln Erfolg haben kann. Ich war ein Verfechter des Dialogs.“ Die 19-Kommission gab schlussendlich den Startschuss für den Dialog. „Ich bin immer noch überzeugt, dass man nur auf dem Wege der Rede und Antwort das Südtirol-Problem lösen kann.“<BR /><BR />Riz war gerne in Rom, und „ich habe in meinen Augen Südtirol in den 30 Jahren gut vertreten.“ Er habe immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, diese Sprachminderheit zu schützen. Auf den Paketabschluss habe er lange hingearbeitet. „Mehr war nicht drin! Wir waren schon bereit, mehr zu verlangen, doch niemand hätte uns unterstützt… wenn wir die Brennergrenze in Frage gestellt hätten. Politik betreiben, heißt die Realität mit klaren Augen anschauen. Und mit klaren Augen war nicht mehr möglich, das hat uns die UNO gezeigt und das Parlament.“<BR /><BR />Es sei eine schwierige Zeit gewesen damals. „Die Jasager waren ein geschlossener Haufen, die Opposition war flüchtig. 583 Stimmen für die Resolution von Magnago bedeuteten endlich das Ende des Konflikts“, sagt Riz. „Die Frage war: Sind wir imstande, das Problem Südtirol zu lösen? Nur mit dem Dagegensein, kannst du keine Politik betreiben. 'Du musst uns sagen, was du willst', sagte Giulio Andreotti, damaliger Ministerpräsident, zu mir. Es war eine klare Politik der Meinungen, wo man nicht mehr streitet, wo man gegenseitig anerkennt, dass der Gegner auch recht hat.“ <BR /><BR />„Bei der Gleichstellung der Sprache da habe ich nicht nachgegeben.“ Als seinen großen Erfolg empfinde er, dass die Autonomie international verankert wurde. „Und heute gibt es deshalb eine große Ruhe.“ Für seine Verdienste erhielt er unter vielen anderen auch den höchsten Orden, den Italien zu vergeben hat. <h3>Bilanz</h3>Kunst und Fotografie waren Roland Riz wichtig. „Papi hat immer fotografiert“, erinnert sich Isabella, die selbst lange Fotografin in Mailand war. „Kunst war meine große Leidenschaft“, erklärt der 96-Jährige und bekräftigt stolz: „Und ich freue mich, dass alle meine Töchter für Kunst großes Interesse zeigen.“ Und für Musik, man habe viel gesungen in der Familie. <BR /><BR />Trotz der vielen Verpflichtungen war der „Papi“, wenn er Zeit hatte, da für seine 7 Töchter. Er hat ihnen das Klettern, das Skifahren beigebracht, auch Wasserskifahren, er war ihr Kapitän, im wahrsten Sinne des Wortes, denn Roland Riz hat „immer noch“, wie er bekräftigt, den Bootsführerschein. Sein Leben sei „herrlich“ gewesen, sagt er am Ende des Films und strahlt, wenn er Fotos seiner 7 Töchter anschaut. <BR /><BR />Heute wird der Film einem privaten Publikum vorgeführt, auf Rai Süd- tirol wird er am 21. August um 20.20 Uhr ausgestrahlt. Die wunderbar feine Musik stammt von Stefano Bernardi. Produktion: Markus Frings (Mediaart) – Schnitt: Nela Märki – Kamera: Nuno Escudeiro