Im Wiener „Tatort“ müssen Oberstleutnant Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Majorin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) tief in die Szene der Okkultisten eintauchen. Konfrontiert mit Teufel, Dämonen, Hexen und Flüchen kommen sie bei der Tätersuche nicht wie sonst Schritt für Schritt voran oder auf eine falsche Spur. <BR /><BR />Um Spannung zu erzeugen, setzt Thomas Roth (Drehbuch und Regie) vielmehr ganz auf spukhafte Atmosphäre, in der Bilder von der Wand fallen, sich Wasser in Blut verwandelt und erhängte Frauen plötzlich die Hand ausstrecken.<BR /><BR />In den Mittelpunkt der Ermittlungen rückt die ominöse Nathalie (Maresi Riegner). Sie scheint von einem Dämon besessen und war vom ermordeten Priester erfolglos behandelt worden. Anfallsartig spricht sie Latein, zerbricht mit übermenschlichen Kräften Stuhlbeine und ernährt sich zum Entsetzen von Eisner und Fellner von Hundefutter. Doch Nathalie scheint kein sinnvolles Motiv zu haben, das sie zu einer Verdächtigen abstempelt. <h3> Verstörende Erinnerungen</h3>In der Tat hat die Auseinandersetzung mit der okkulten Szene bei Fellner eine tiefere Wirkung. Sie weckt verstörende Erinnerungen an ihre Großmutter. Diese habe solche Geisterbeschwörungen in ihrem Haus organisiert, erzählt sie dem Freund und Kollegen Eisner. Der Teufel ist in den Augen der Szene, der ihre Großmutter angehörte, ein mächtiger Motor für Unfrieden, Gewalt, Zerstörung und Angst. „Der Krieg in Syrien zum Beispiel, da haben wir schon einen Beweis für die Existenz des Teufels“, sagt die zwielichtige Exorzismus-Forscherin Tea Berkovic (Angela Gregovic).<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="816581_image" /></div> <BR />Die beliebte Krimireihe greift damit gleich mehrere Motive auf, die in der kirchlichen Lehre und im kirchlichen Leben seit Jahrhunderten oft eine Haupt- und meist eine Hintergrundrolle spielen. Die Tradition des Exorzismus geht auf das Neue Testament zurück, das von Dämonenaustreibungen durch Jesus berichtet. Laut kirchlicher Lehre können fremde Mächte wie etwa Teufel und Dämonen eine Person in Besitz nehmen. Die Teufelsaustreibung darf dann nur von einem Bischof angeordnet werden, der einen bewährten Priester als Exorzist auswählt.<BR />Dieser hat für den so genannten „großen Exorzismus“ ein streng geregeltes Ritual einzuhalten. Zu diesem Ritual gehören Gebete, Litaneien, Handauflegung, Kreuzzeichen und das Sprechen einer Exorzismus-Formel. Dem Teufel wird mit der Formel „Weiche Satan“ befohlen die Person zu verlassen.<h3> Ritual ist überarbeitet</h3>Vor einigen Jahren hat der Vatikan das seit 385 Jahren gültige römische Ritual zur Teufelsaustreibung überarbeitet und ein Dokument mit dem Titel „De Exorcismis“ veröffentlicht. Besessenheit müsse von psychischen Störungen unterschieden werden, rät die Schrift. Im Zweifelsfall sollten sich Geistliche immer fachlichen Rat bei Psychiatern holen.<BR />„Anzeichen“ für Besessenheit können nach dem Dokument das Sprechen fremder Sprachen, eine unnatürliche körperliche Kraft oder eine irrationale Abneigung gegen Gott sein. Die neuen Regeln sehen neben der Zusammenarbeit von Priestern und Ärzten auch das Verbot jeglicher „Vermarktung“ vor. Teufelsaustreibungen dürften nicht gefilmt oder von Journalisten beobachtet werden. Der Exorzist dürfe weder vor noch nach der Aktion diese bekannt geben.<h3> Ein Papst als Exorzist</h3>In seinem Buch „Meine sechs Päpste“ schreibt der frühere Präfekt des Päpstlichen Hauses, Kardinal Jacques Martin, dass auch Papst Johannes Paul II. (1920-2005) das „Gewand des Exorzisten“ angelegt habe. <BR />So sei im Frühjahr 1982 der Bischof von Spoleto mit einer Frau zur Audienz des Papstes gekommen. Diese habe sich am Boden gewälzt und geschrien. Johannes Paul habe gebetet und Formeln gesprochen, zunächst vergeblich. Dann habe er gesagt: „Ich lese morgen für dich die Messe.“ Plötzlich sei Francesca F. wieder „völlig normal“ gewesen. Ein Jahr später sei die Frau zusammen mit ihrem Ehemann wieder beim Papst erschienen und habe verkündet, sie werde Mutter.<BR />Dass die Kirche nach wie vor am Exorzismus festhält, zeigt auch ein Angebot der katholischen Universität Regina Apostolorum in Rom, die regelmäßig Seminare über Satanismus und Exorzismus anbietet. Im Vorjahr nahmen rund 100 Personen aus 15 Ländern, darunter viele Priester, an der Veranstaltung unter dem Titel „Exorzismus und Befreiungsgebet“ teil.