Wie das ZDF nach Südtirol kam - Kino / TV

Vor 60 Jahren ging das Zweite Deutsche Fernsehen erstmals auf Sendung. Aber es war nicht das erste deutschsprachige TV-Programm in Südtirol, sagt Präsident Silbernagl. Herr Silbernagl, dieses Jahr feiert das ZDF sein 60-jähriges Jubiläum. Seit wann ist der Fernsehsender auch in Südtirol zu sehen? Peter Silbernagl: Das ZDF wurde bereits in den frühen 60er-Jahren punktuell über das provisorische Sendernetz einzelner Fernsehpioniere in Südtirol verbreitet: Die erste Ausstrahlung in Südtirol erfolgte, um genau zu sein, am 1. April 1963. Die RAS übernahm dann im Jahre 1975 die flächendeckende Weiterverbreitung des Programms. War es zu dieser Zeit bereits üblich, einen Fernseher zu besitzen? Silbernagl: Damals gab es nur sehr wenige Fernsehgeräte in Gaststätten, Geschäften und bei einigen Privaten. Es gab täglich auch nur wenige Sendestunden. Vor allem am Abend traf man sich, um gemeinsam das Hauptabendprogramm zu verfolgen. Heute besitzt nahezu jeder Haushalt ein Fernsehgerät. Zudem hat man jederzeit auch über das Handy die Möglichkeit, Sendungen und Informationen zu empfangen. War das ZDF der erste deutsche Fernsehsender in Südtirol? Silbernagl: Nein, denn einige Jahre vorher hatten Fernsehpioniere bereits in Sterzing, Brixen, Bozen und Meran begonnen, auf den Bergen Umsetzer zu installieren und die aus dem Ausland eintreffenden Signale der Fernsehprogramme ORF, ARD und SRG ins Tal abzustrahlen. Seit wann gibt es dann also deutschsprachiges Fernsehen in Südtirol? Silbernagl: Seit der Inbetriebnahme des Großsenders am Patscherkofel in Innsbruck: Seit dem 15. Dezember 1958 konnten die Fernsehsignale des ORF in der Gegend von Brixen und Bozen empfangen werden. Waren vorher nur italienische Sender verfügbar? Silbernagl: In der Tat war vorher nur ein einziges italienischsprachiges Programm der RAI empfangbar. Teile Südtirols waren seit dem 26. Jänner 1956 aus Anlass der im nahen Cortina stattfindenden Olympischen Winterspiele an das Fernsehnetz der RAI angeschlossen. Fernsehapparate gab es, weil Sportübertragungen und Nachrichtensendungen die Kunden zum Verweilen anhielten, bevorzugt in Bars und Gasthäusern. Hier und dort konnte auch das Programm des ORF oder ARD empfangen werden. Die Herausforderung war nun, die irgendwo auf Südtiroler Gebiet mit genügend hoher elektrischer Feldstärke eintreffenden Fernsehsignale des ORF, ARD oder der SRG zu orten und mit Umsetzer oder Kabel einem sonst ausgeschlossenen Teilnehmerkreis verfügbar zu machen. Wie viele deutschsprachige Sender gibt es derzeit in Südtirol? Silbernagl: Über das terrestrische Sendernetz der RAS können derzeit in Südtirol 15 deutschsprachige Fernsehprogramme in hochauflösender HD-Qualität empfangen werden. Hinzu kommt noch das deutschsprachige Fernsehprogramm der RAI. Zudem können über Satellit oder Internet noch eine Vielzahl weiterer deutschsprachiger Fernsehsender empfangen werden. Wer ist dafür verantwortlich, dass wir deutschsprachiges Fernsehen in Südtirol empfangen? Silbernagl: Für den deutschsprachigen terrestrischen Fernsehempfang in Südtirol sorgt die RAS. Den Empfang von RAI Südtirol gewährleistet der Netzbetreiber RAIWay. Die Betreiber Astra und Eutelsat sorgen hingegen für die Verbreitung der Programme über Satellit. Für die Verbreitung über das Internet sorgt jede Rundfunkanstalt selbst. Ging damals der Druck von der Bevölkerung aus, deutschsprachige Sender nach Südtirol zu bringen? Silbernagl: Gewiss, man stelle sich vor: Damals konnte lediglich ein Fernsehprogramm der RAI in italienischer Sprache empfangen werden. Für den Erhalt der deutschen Sprache spielt die Verbreitung von deutschsprachigen Programmen eine wichtige Rolle. Deshalb war der Wunsch der Bevölkerung Südtirols nach einem Empfang deutschsprachiger Programme groß. Dies erkannte die Politik und so wurde mit einer der ersten Durchführungsbestimmungen im Jahre 1973 – also genau vor 50 Jahren – das Land Südtirol ermächtigt, deutschsprachige Programme aus dem Ausland in Südtirol verbreiten zu können. 2 Jahre darauf, im Jahre 1975, wurde dann mittels eigenen Gesetzes die Rundfunkanstalt Südtirol RAS ins Leben gerufen. War die italienische Seite begeistert davon, oder betrachteten sie diese Neuerung kritisch? Silbernagl: Natürlich wurde diese Neuerung kritisch betrachtet: Es wurde befürchtet, dass das Land Südtirol selbst Programme erstellt und somit die Programme der RAI umgangen werden. Deshalb hat die RAI auch umgehend reagiert und die deutschsprachigen Sendeminuten deutlich erhöht. Das Land Südtirol bzw. die RAS dürfen bis heute keine eigenen Programme produzieren.