Weiterhin mit öffentlichem Geld fördern oder nicht? Im Gemeinderat von St. Ulrich gehen die Meinung über die Kunstinitiative weit auseinander. <BR /><BR />Die Diskussion im St. Ulricher Gemeinderat am Mittwochabend hat 2 grundlegend unterschiedliche Ansichten zur Biennale Gherdëina zutage gefördert: Die einen freuen sich, dass die Kunstinitiative europaweite Anerkennung erhält, die anderen sind der Meinung, dass sie zu viel Geld kostet.<BR /><BR />Die Gemeinde solle der Biennale Gherdëina den Beitrag von 20.000 Euro streichen, hatte Lega-Gemeindereferent Stefan Kasslatter in seinem – bei einem Patt von 9 zu 9 Stimmen abgelehnten – Antrag gefordert. Er fordere nicht, dass die Biennale gestrichen werde, aber sie sei umstritten und immer kommerzieller geworden. Aufgabe der Gemeinde sei es, lokale Initiativen zu fördern; aber zur Biennale kämen immer mehr Künstler von außen, und dafür solle die Gemeinde nicht zahlen, meint Kasslatter.<h3> „Bugdet um das 12-Fache gestiegen“</h3>Unterstützt wurde Kasslatters Antrag von der oppositionellen SVP. Lara Moroder, lange Jahre Gemeinderefentin und Vizebürgermeisterin, hat die Biennale in ihren Anfängen 3 Mal mitorganisiert. Damals hatte die Initiative ein Budget von etwa 40.000 Euro und sollte als alternative Veranstaltung die moderne Kunst der Bevölkerung näher bringen. „Ich habe die Biennale immer mitgetragen“, sagt Moroder, „aber nun ist das Budget um das 12-Fache angestiegen, und das ist nicht in Ordnung.“ <BR />Details der Abrechnungen und – inzwischen abgestellte – personelle Verflechtungen hätten zudem einen Schatten auf die Biennale geworfen, finden Kasslatter und auch Moroder. <BR /><BR />Die Veranstaltung finde in St. Ulrich nicht den Anklang, der eine solche Ausgabe rechtfertige, sagt Moroder. Ihr gehe es aber nicht um das Budget der Biennale an sich, sondern um den Beitrag der Gemeinde. Tatsache sei, dass sich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung angesprochen fühle und die Biennale sonst umstritten sei. <BR /><BR /><embed id="dtext86-53907042_quote" /><BR /><BR /><BR />„Das soll auch so sein“, sagt Eduard Demetz, der Präsident der Biennale: „Wenn zeitgenössische Kunst keinen Antagonismus hervorruft, ist sie keine mehr. Sie spielt sich im unerprobten Raum ab und soll Diskussionen auslösen. Ästhetische und inhaltliche Diskussionen sind sehr willkommen; es sollen streitbare Ideen aneinandergeraten.“ <BR />Der Gemeindebeitrag mache 4 Prozent des Budgets aus: „Das Projekt ist den letzten Jahren enorm gewachsen, und das freut mich sehr“, sagt Demetz. „Es ist mittlerweile international vernetzt; wir haben Kontakte nach Rom, nach Hannover, Schottland, Schweden und in die Schweiz. Das sind alles öffentliche Strukturen, die sich mit Kunst abgeben. Wir haben das Glück, mit ihnen zusammenarbeiten zu dürfen. Wir waren vor 3 Tagen in Rom im Maxxi, das ist das italienische Museum für zeitgenössische Kunst: Wir durften erstmals als Partner auftreten und konnten dort unser Programm vorstellen vor einer ganzen Schar Journalisten, die Gröden in die Welt hinausgetragen haben.“ <BR /><BR />Die Biennale habe viele Unterstützer: Das Land, die Gemeinde, Tourismusvereine, Stiftung Sparkasse, Alperia und nicht zuletzt das italienische Kulturministerium. Die künstlerischen Leiter seien international anerkannt. „Das alles spricht für das Projekt“, sagt Demetz.<BR /><BR />„Wir haben nie etwas gekauft und nie etwas verkauft“, sagt Demetz, deshalb könne von kommerzieller Tätigkeit nicht die Rede sein. Der Vorwurf sei gefallen, ohne dass man nach den Zahlen des Vereins gefragt habe. Diese Zahlen habe der Verein aber der Gemeinde zur Verfügung gestellt und könne noch detailliertere liefern. Der Verein sei sehr froh über die Unterstützung der Gemeinde und dass die Abstimmung im Gemeinderat gut ausgegangen sei. <h3> „International etabliert“</h3>„Die Biennale Gherdëina hat sich mittlerweile international etabliert“, sagt Eva Gratl, die Vizepräsidentin des Südtiroler Künstlerbundes: „Sie ist keine lokale Veranstaltung mehr; für internationale Kunstbegeisterte ist sie von großer Bedeutung. Die Künstler von außen beleben die Initiative. Sie hat sich einen guten Namen gemacht“, sagt Gratl und stellt fest: „Für die Bevölkerung ist zeitgenössische Kunst immer ein schwieriges Thema. Das war immer so und wird wohl so bleiben.“<BR /><BR /> „2018 ist die Biennale mit dem Ziel Internationalisierung durchgestartet“, sagt Bürgermeister Tobia Moroder. Mit den Tourismusvereinen im Tal sei deshalb besprochen worden, dass die Biennale mehr Förderung bekommen solle. 20.000 Euro bekomme sie von der Gemeinde St. Ulrich, 56.000 Euro seien es im Tal insgesamt. Allerdings werde im Zuge der Biennale im Tal selbst das Doppelte wieder investiert. „Die Wertschöpfung ist also da“, sagt Moroder. <BR /><BR />Die Kunstwelt sei aufmerksam geworden auf die Biennale. Das italienische Kulturministerium gebe einen Beitrag von über 100.00 Euro. „Die verstehen etwas von der Sache, das hat also Hand und Fuß“, sagt Moroder. Dass die Biennale im Maxxi in Rom vorgestellt wurde, beweise, dass sie wahrgenommen werde und eines der wichtigsten Events in Italien sei. „Sie ist keine kleine Gemeindeangelegenheit mehr“, sagt Moroder.<BR />Die Gemeinde gebe der Biennale anteilsmäßig weniger Beiträge als unter seinem Vorgänger, aber die Biennale habe heute eine viel größere Sichtbarkeit und Bedeutung.<BR />