Es ist ein weiteres Beispiel von „Neuer Fotografie“, welche Marco Piertacupa, der heurige Kurator der Stadtgalerie Brixen zum Jahresthema erkoren hat. Die Doppelausstellung, „Rauschen“ von Giancarlo Lamonaca und „To fade in“ von Mozzarellalight verwandeln die Galerie in einen fast virtuellen Raum. Weder Fiktion, noch Dokument, sondern einen Zustand dazwischen will Giancarlo Lamonaca mit seinem „Rauschen“ vergegenwärtigen. <BR /><BR /><BR /><b>Der Ausstellung in Brixen liegt ein besonderes Konzept zugrunde: Du hast die Stadtgalerie in einen virtuellen Raum verwandelt. Großformatige Fotomotive bilden eine Tapete, darauf Deine Arbeiten, welche auf zerstörten Dateien basieren. Welche Gedanken liegen diesen Fotoarbeiten zugrunde?</b><BR />Giancarlo Lamonaca: Die Bilder zeigen einen Übergangszustand - zwischen Vollständigkeit und Verlust. Es sind verloren geglaubte Dateien, die mittels einer Software aus den Mäandern meines Datenspeichers wiederhergestellt wurden. Ihre Beschädigungen offenbaren eine digitale Erosion, ein Spiegel und ein Zeichen von Veränderung und Vergänglichkeit. Eine besondere Ästhetik geht damit einher. Dieser Zyklus von Bildern legt offen, dass überall das Instabile wirkt, dass nichts sich selbst gleichbleibt und alles Existierende einem steten Wandel unterzogen ist. Sie zeigen die unglaubliche Komplexität der Realität, hier in Form von Bildern als Dateien, deren Codierung auch bei minimalsten Fehlern unkontrollierbare Artefakte erzeugen. Ist das nicht ein Spiegelbild unserer Existenz? Kleinste Veränderungen führen oft auf ungeahnte Wege und Ziele und eröffnen somit neue Möglichkeiten. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1186812_image" /></div> <BR /><BR /><b>Imaginäres, Verschwindendes, nicht Fassbares ist in Deiner Arbeit sehr präsent. Spiegeln diese Arbeiten auch die Ungewissheiten der Zeit wider?</b><BR /><BR />Lamonaca: Jede Wahrnehmung ist konstruiert und das, was wir „sehen“, ist immer auch ein Prozess des Übersehens. In einer Zeit, die nach Kontrolle und Berechenbarkeit strebt, wird das Übersehen zur politischen Geste, denn die fehlerhaften Bilder verweisen auf Lücken im System. In der heutigen Zeit, in welcher Bilder die dominante Form von Erinnerung darstellen, existiert das, was nicht gesehen wird, schlichtweg nicht. Denn Bilder erzeugen Realität und das ist ihre ewige Zweideutigkeit: zeigen und verbergen zugleich.<BR /><BR /><b>Immer wieder widmest Du Dich den Wolken, die einen Zustand des Vergänglichen und gleichzeitig des nicht Fassbaren symbolisieren: Worin liegt die große Faszination für dieses doch auch kunsthistorische Motiv?</b><BR /><BR />Lamonaca: Wolken sind ein Universum sich ständig verändernder Formen: Sie sind das offensichtlichste Symbol der Unbestimmtheit. Sie sind nicht greifbar, nicht beherrschbar: ein luftiges, bewegliches, flüchtiges Element. Und daher abstrakt. Sie zeigen, was mit allem Kreierten passiert. Es wandelt, evolviert, vergeht. Ein memento mori und ein carpe diem zugleich.<BR /><BR /><b>Zur Person</b><BR /><BR />Giancarlo Lamonaca stammt aus Cortina d'Ampezzo und absolvierte sein Studium an der Akademie in Bologna und in Berlin. Er lebt und arbeitet in Vahrn. <BR /><BR />Die Ausstellung ist in der Stadtgalerie Brixen bis 31.07. zu sehen.