Der Besuch im letzten Stock Hallergasse 6 in Meran birgt Überraschungen. Matthias Schönweger, der Jubilar, mitten in seinem originellen Gesamtkunstwerk, gleich neben dem Eingang ein kleiner Pinocchio mit einem Spitzer an der Nase: „Er spitzt sich seine Wahrheit zurecht“, sagt der Künstler und Poet. Überall „Akkumulierungen“, „Assemblagen“, Fundstücke und Matthias Schönweger, der im Gespräch mit den Worten „Blüten treibt“. Denn er kommt ständig ins Dichten, überrascht mit seinen Sprach und Textkombinationen. Alles Kunst im Hause Schönweger, natürlich vor allem auch die Worte aus seinem Mund. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="994609_image" /></div> <b>Sie haben unlängst einen halbrunden Geburtstag gefeiert und ich möchte an den Titel eines Werkes anknüpfen: „Von der Kunst zu leben | Von der Kunst zu lieben“. Was können Sie uns über diese beiden Künste sagen?</b><BR />Matthias Schönweger: Es geht darum, dass ich „litterire“, Literatur lebe und Malerei eben auch. Ich „ermale“ mir ein Bild der Welt. Aus dem Schwarz-Weiß-Bild der Welt entsteht meine bunte Bilderwelt. In diesem Kontext versuche ich auch zu sein: INSISTERE und EXSISTERE. Wie man das Leben angeht, so geht es einen an: Wenn man das Leben lebt, indem man es lebt, ist es so, wie wenn man in den Wald hineinruft und es schallt zurück. Ich höre mir gern zu, wenn ein anderer mitsingen möchte, gerne: „Do ut des“. Mitteilen war mir immer wichtig, es ist eine Form des Teilens mit den anderen. Meine Kunstbücher spiegeln das wider. Ich denke, sie beinhalten das, was sie außen versprechen, ein Weltbild aus lauter Bilderwelten, in der Regel positiv. Manchmal legt der Schönweger aber auch den Finger in die Wunden dieser zum Teil auch kränkelnden Welt. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="994612_image" /></div> <BR /><BR /><b>War Ihre Begabung bereits in der Familie angelegt, wer hat sie geweckt?</b><BR />Schönweger: „Vom Vater hab ich die Statur...“ Vater und Mutter führten den Malerbetrieb in Partschins. Nach dem frühen Tod meines Vaters, war die Mutter gezwungen, die Meisterprüfung abzulegen, sie bewies, dass sie den Meister stellte, man muss sich vorstellen, 1955 Malermeisterin zu Partschins, gestreng war sie, liebend, eine exzellente Zeichnerin und ein kreativer Mensch. Der Vater war der Handwerker, der leben hat lassen und gelebt hat und tolerant war. Das animal sociale-Verhalten hat er uns Kindern vermittelt.<BR /><BR /><BR /><b>Und Ihre Sammelleidenschaft?</b><BR />Schönweger: Das Sammeln ist ein Begriff, den es zu klären gibt: Ich bin kein Briefmarkensammler, ich sammle meine Gedanken, bevor ich spreche, sammle ich mich, ich akkumuliere, assembliere, Gegen-Stände sind Widerstände, diese versuche ich zu einem Gesamtkunst zu vereinen. So auch meine Summe von über 50 Bunkern im Land, aus dem Land. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="994615_image" /></div> <BR /><BR /><b>Freischaffender Künstler, Schriftsteller, Lebenskünstler, Poet: Sie haben die Kunstlandschaft Südtirols mitgeprägt. Worauf sind sie besonders stolz?</b><BR />Schönweger: Ich möchte nicht als dumm gelten, denn „Dummheit und Stolz, wachsen aus einem Holz“. Ich bin auch nicht bescheiden. Wenn ich zurückblicke, ist es basilar für das, was ich noch machen möchte: Eine Art daraus resultierende Vorschau und in dieser beginne ich mich aktiv zu betätigen im Hier und Jetzt. <BR /><BR /><BR /><b>Aber vielleicht blicken Sie doch mit großer Genugtuung zurück?</b><BR />Schönweger: Es ist ein gesamtes Existieren und Koexistieren in dieser Welt, in dieser „Communio“. Das Miteinander erfordert eine gemeinsame Sprache, diese versuche ich für mich zu finden, damit ich authentisch mit den anderen kommunizieren kann. <BR /><BR /><BR /><b>Der Hintersinn Ihrer Sprache ist ein Markenzeichen Ihrer Dichtung: Vielleicht fällt Ihnen auch etwas zu diesem Geburtstagsjubiläum ein?</b><BR />Schönweger: Gebe bis dato für ein Leben meines.<BR />Mein Wunsch ist ein Wort soziopolitischer Natur: Das Wort DIRIGENTE. Ich zerlege es in Dirige und gente. Die mögen aufpassen, wie sie das machen, für die Menschen und nicht wider diese.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="994618_image" /></div> <BR /><BR /><b>Sehen Sie sich auch als politischer Künstler?</b><BR />Schönweger: Homo politicus, homo faber, alles, was der Mensch an Möglichkeiten hat, sich auszuleben, versuche ich auszuschöpfen. Es ist noch alles drin, ich nehme mir die Freiheit heraus. <BR /><BR /><BR /><b>Auch besorgt, nachdenklich angesichts der politischen Ereignisse?</b><BR />Schönweger: „Hat i, tat i“: nein, „Wenn i hon, do tu i“: ...die Möglichkeit, zu dirigere, dass man einerseits selbst was davon hat und anderseits auch die Gesellschaft. In diesem Kontext möchte ich auch diese Weltpolitik ausmalen zu einem positiven Bild, auch die lokale.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="994621_image" /></div> <BR /><BR /><b>Ihre Buchprojekte sind ungemein umfangreich, auch die Installativen Arbeiten und Performances verlangen uns Einiges ab: Wie sehen Sie sich in der vielfältigen Kunstlandschaft Südtirols?</b><BR />Schönweger: Ich bin sicher kein Neophyth im Land, ich habe hier meine Wurzeln, aber das wär zu wenig. Ich treibe meine Blüten. Der Nährboden ist ein gesunder, es liegt an uns, ihn zu erhalten. Mir liegt die ökologische Komponente auch sehr am Herzen, neben der ästhetischen in Sachen Kunst. Wobei Südtirol ein Land ist, im Italienischen sagt man „paese“ und so füge ich hinzu: Tutto il mondo è paese. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="994624_image" /></div> <BR /><BR /><b>Gibt es neue Pläne, Buchprojekte?</b><BR />Schönweger: Das neue Buch zu meinem 75. Geburtstag trägt den Titel GEBUCHT. Es ist ein Drehbuch: Das beschreibt eigentlich den Vorgang, wie ein Film abzulaufen hat. An dem versuche ich, mich zu orientieren. Ich habe das Buch so gebunden, dass mein Großvater herausfinden würde, wo Buch 1 und Buch 2 ist: Das grafische Element Nut und Feder, verbindet schwarz und weiß und dazu sage ich: <BR />Ob weiß, ob schwarz die Schafe sind,<BR />ein guter Hirt ist farbenblind.<BR /><BR /><BR /><b>Hier ist sie wieder, diese Ihre besondere Liebe zum Wort zur Sprache...</b><BR />Schönweger: Als Hüterbub war es mir das größte Vergnügen den Canti der Singvögel zuzuhören. Dabei habe ich versucht, zu verstehen, was sie kommunizieren. Dieses Mich-Hineinversetzen in deren Sprache war eine Welt, die eben kommunikativ war. Analog dazu hab ich versucht, diese meine Welt, meiner Sprache zu entschlüsseln auf den kommunikativen Charakter hin, auf die Möglichkeit, Dinge zu sagen, die unter Umstanden verbal nicht sagbar sind. Deshalb male ich, performe ich und wenn es geht versuche ich neue Wege der verbalen Sprache zu finden, damit auch diese ausgeschöpft werden kann, ihre Blüten treiben kann. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="994627_image" /></div> <BR /><h3> Zur Person</h3><BR />9 in Tscherms geboren, aufgewachsen in Partschins, unterrichtete Matthias Schönweger an der italienischen Oberschule Deutsch. Schönweger ist freischaffender Schriftsteller, bildender Künstler und Performer. Mitglied u. a. der Grazer Autorinnen Autorenversammlung. 50 Bunker unseres Landes hat der Künstler erworben und darin kleine Museen eingerichtet. Zahlreiche Kunstbücher unterstreichen das besondere Talent, nämlich Wort und Bild zu einem, seinem Schönweger-Universum zusammenzufügen. So steht auf seinem neuesten, anlässlich des Jubiläums erschienen Kunstbuch Edition Ratetia), das den Titel GEBUCHT trägt: Buch 1: Reise auch. Ein Tunwort / Buch 2<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />