<BR /><BR /><b>Die sprachlichen Zeichen der Epiphanie Plötzlichkeit, Augenblick und Erleuchtung wurden von Künstlern und Schriftstellerin in allen Epochen immer wieder zur Formulierung von religiösen, philosophischen oder ästhetischen Vorstellungen in Anspruch genommen. Im kirchlichen Bereich wird das griechische Wort Epiphanie auf Deutsch mit „Erscheinung des Herrn“ wiedergegeben. Welche Bedeutung nimmt es in Ihrer Ausstellung ein?</b><BR />Lisa Leoni: Das Göttliche kann überall zu finden sein, es kann unendlich viele Formen annehmen, unterschiedliche Gesichter zeigen. Durch die künstlerischen Eingriffe – Installationen, Audios und Video – wurden neue Räume geschaffen, die einladen in bekannte und unbekannte Welten einzutauchen. Es wird eine Illusion der Wirklichkeit erzeugt, die es außerhalb dieses gestalteten Raumes nicht gibt. Grenzen lösen sich auf, Realitäten überlagern sich – eine erweiterte Sichtweise entsteht. Der immersive Raum dient als Metapher für die Untersuchung des menschlichen Geistes. Der Zweifler am Göttlichen darf seine Position in Frage stellen, um neue Wege des Verstehens zu erforschen.<BR /><BR /><b>Sie sprechen auch von „künstlerischer Epiphanie“. Was meinen Sie damit?</b><BR />Leoni: Epiphanie ist unerkannt – die Herrlichkeit Gottes für den Sehsinn zu mächtig. Epiphanie ist nicht nur ambig, vielfältig und paradox zugleich, es ist die Welt beschreibend. Kann es ein plötzliches Verständnis sein oder doch Offenbarung? Erscheinung oder doch nur sinnliche Wahrnehmung? Die einzelnen Werke zeigen genau dies.<BR /><BR /><b>Mit diesem „Kirchen“-Rundgang treten Sie aus dem musealen Raum aus und wollen einen neuen Zugang zu Kunst und Religion schaffen. Was war der Hintergedanke?</b><BR />Leoni: Kunst im Kontext der Religion kann auf experimentelle Art und Weise eine Bereicherung darstellen. Kunst kann eine Sprache von Religion sein – beide müssen bemüht sein, in Zukunft sprachfähig zu bleiben. Kunst klagt hier keine Zustände an – sie öffnet und zeigt. Es ist ein Projekt zur Diskussion über Glauben, Skepsis, spirituelle Erfahrung und vor allem über das menschliche Daseins. Die zentrale Frage ist, hat die zeitgenössische Kunst noch relevante Berührungspunkte mit religiösen Fragestellungen und/oder umgekehrt? Gibt es Themen, die sowohl künstlerische als auch religiöse, spirituelle Relevanz haben?<BR /><BR /><b>Wie kam es dann zur Auswahl der Orte und der Künstler?</b><BR />Leoni: Eine solche Ausstellung kann nur authentisch in einem sakralen Raum sein – durch die uneingeschränkte Unterstützung von Dekan Josef Knapp und dem gesamten Pfarrgemeinderat Bruneck konnten die Kirchen von Bruneck und das Kappler Stöckl bespielt werden. Den Künstlern und Künstlerinnen war die Wahl der Kirche frei überlassen – was sich dann auch noch als stimmiges Gesamtkonzept erwies. Wir haben nach Künstlern und Künstlerinnen gesucht, die einerseits Erfahrung mit Installationen in sakralen Räumen haben, andererseits auch das nötige „Feingefühl“ mit der Thematik und den besonderen Ausstellungsräumen umzugehen. Das Œuvre der Einzelnen kennend, war zudem ausschlaggebend für die Auswahl, ebenso wie die Pluridisziplinarität der künstlerischen Medien.<BR /><BR /><b>Gab es Vorgaben für die Künstler und Künstlerinnen?</b><BR />Leoni: Nein. Nur Thema und Konzept der Ausstellung waren vorgegeben, ebenso wie die Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten und Abläufe in den einzelnen Kirchen und des spirituellen Raumes.<BR /><BR /><b> Sie sagen, dass in Fusion mit der Thematik der „Epiphanie“ der Betrachter in den „neu geschaffenen“, immersiven Räumen eine tiefe, transformative Erfahrung erleben darf. Wo haben Sie dieses Gefühl besonders intensiv erlebt?</b><BR />Leoni: Ich denke, jedes einzelne Werk zeigt es in seiner künstlerischen Ausdrucksform. Es sind sehr spirituelle Arbeiten entstanden, die eine aktuelle Sprache sprechen, ohne anklagend oder unangenehm zu sein.<BR /><BR /><b>Das Jahresthema 2024 war „Kunst & Religion“. Was haben sie weiterhin vor?</b><BR />Leoni: Seit der Neueröffnung 2023 haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, das ECK – Museum und KunstGarage – zu einem kulturellen, sozialen, interdisziplinären Ort zu machen: d.h. Kunst zugänglich und erlebbar machen für alle. Dafür wollen wir u.a. die musealen Räume verlassen. Mit unseren Ausstellungen reagieren wir auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und wirken auf den öffentlichen Diskurs ein. Sie sollen dem Besucher die Möglichkeit geben, sich mit neuen Sichtweisen auseinanderzusetzen und daraus für sich selbst neue Perspektiven und visuelle Ideen zu entwickeln Das ECK ist eine Schnittstelle, an der Künstler und Künstlerinnen sowie Kunstinteressierte sich der Kunst mit all ihren Widersprüchen und Facetten nähern. Kreative Konzepte in der Vermittlung und in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit sollen weiterentwickelt und umgesetzt werden.<h3> Zur Person</h3>Lisa Leoni ist seit 2022 Direktorin und Kuratorin des „ECK Museum of Art Bruneck“ (ehem. Stadtmuseum). Sie hat Kunstgeschichte (klass. Archäologie, Philosophie und Japanisch) in Innsbruck studiert. Leoni ist Mitglied von Thrive+, Verein für nachhaltiges Female* Empowerment und Personal Growth. Geboren 1979 in Bozen, lebt und arbeitet sie in Bruneck. Sie ist Mutter eines 5-jährigen Sohnes.<Rechte_Copyright></Rechte_Copyright><h3> Termin</h3>Die Installationen in den Kirchen sind bis 4. 2. zugänglich.<BR /><BR />Führungen mit Künstlern und Künstlerinnen am 25. Jänner. Treffpunkt: 15 Uhr, Kappler Stöckl, 16 Uhr, Pfarrkirche Bruneck