Nun werden die Arbeiten von <b>Leonard Alberti</b> gezeigt. Er hat die Künstlergene sozusagen im Blut: Die Mutter Julia Bornefeld, der Vater Gino Alberti, die Schwester Elisa Alberti: Die Künstlerfamilie erlaubt einen Blick in ganz unterschiedliche Arbeitsweisen, Techniken und Themen. <b>von Eva Gratl</b><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1059600_image" /></div> <BR />Der junge Künstler schaut in besonderer Art und Weise auf den öffentlichen Raum, träumt davon, „dass ihn keine Verbote beengen, dass alles möglich ist, auch dass eine Badewanne zu einem geschützten Raum wird, in dem der Einzelne ungestört von den Blicken und Erwartungen der Gesellschaft mit sich selbst allein sein kann“. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1059603_image" /></div> <BR /><BR />In der Ausstellung präsentiert er eine Serie von Aquarellzeichnungen im gleichen Format, welche die verschiedenen Wachstumsstufen der Kohlrabisorte Superschmelz dokumentieren. „Superschmelz ist ein butterzarter, weißer bis hellgrüner Riesenkohlrabi, der bis zu 8 Kilo schwer werden kann und nicht holzig wird. Wächst langsam“, liest man, nicht bei Leonard Alberti, der ihm den besonderen Auftritt gibt. Die Formensprache ist sehr reduziert, genau abgewogen zwischen leisen und lauteren Tönen. Oft scheinen die Wurzeln und Blätter wie Balletteusen auf ihren Zehenspitzen dahin zu tänzeln, ihre Arme zu schwingen, weniger ist hier mehr. Schöne feine Arbeiten, sehr musikalisch, auch wenn es sich um Gemüse handelt. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1059606_image" /></div> <BR /><BR /><b>Alltagsgegenstände „erfinden“ Sie neu. Und so sehen wir auf einer Zeichnung, dass der Kohlrabi, dem Sie diese Ausstellung widmen, in einer Badewanne wächst. Woher kommt Ihre Vorliebe für die Pflanzen und für das Gemüse?</b><BR />Leonard Alberti: Meine Vorliebe für Pflanzen und Gemüse hat ihre Wurzeln in meiner Kindheit. Schon damals war ich fasziniert vom Kochen und allem, was damit verbunden ist. Die Küche war für mich ein Ort der Kreativität und des Experimentierens. Ich hatte einmal daran gedacht, eine Kochlehre zu beginnen, da ich nicht mehr in die Schule gehen wollte. Stattdessen bin ich jedoch nach Wien gezogen und habe dort die Grafische, eine Schule für Medien, besucht. Privat habe ich dennoch immer wieder viel Zeit investiert, mich mit Ernährung und der Kultur darum auseinanderzusetzen. Während meines Kunststudiums habe ich nebenher als Grafiker gearbeitet. Irgendwann wurde diese Tätigkeit jedoch ermüdend und es machte keinen Spaß mehr, nur vor dem Computer zu sitzen. Durch Zufall kam ich dann zum Kochen in einem kleinen Bioladen in Wien.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1059609_image" /></div> <BR /><BR /><b>Für Sie ist der Kohlrabi ja mehr als nur eine Pflanze. Was möchten Sie den Betrachtern damit vermitteln? Zu welchen Gedanken regt er Sie an, wenn Sie ihn betrachten?</b><BR />Alberti: In meinem künstlerischen Schaffen versuche ich, Alltagsgegenstände aus ihrem gewohnten Kontext zu lösen und ihnen neue Bedeutungen und Funktionen zu geben. Diese Herangehensweise spiegelt auch meine tiefe Verbindung zur Kultur, Landwirtschaft und Kunst wider. Unsere moderne Gesellschaft hat eine Trennung zwischen Mensch und Natur geschaffen, die durch die Industrialisierung und die Finanzialisierung der Lebensmittelproduktion noch verstärkt wurde. Lebensmittel sind heute oft abhängig von der Chemie- und Saatgutindustrie, was eine Vielzahl von ethischen und ökologischen Problemen mit sich bringt.<BR /><BR />Dieses Thema ist von großer politischer Bedeutung, da mit unserer Nahrung weltweit viel Ungerechtigkeit geschieht, die kaum jemand wahrnimmt. Im Supermarkt schmeckt vieles nach nichts mehr, weil die industrielle Produktion die natürlichen Aromen und Nährstoffe der Lebensmittel beeinträchtigt. Durch meine Kunst möchte ich auf diese Missstände aufmerksam machen und die Betrachter dazu anregen, über die Verbindungen zwischen ihrem täglichen Leben und den globalen landwirtschaftlichen und kulturellen Praktiken nachzudenken.<BR /><BR />Darüber hinaus setze ich mich intensiv mit den Menschen auseinander, die sich mit harter körperlicher Arbeit bemühen, eine lebendige Saatgutkultur zu erhalten. Diese Menschen sind oft die stillen Helden unserer Gesellschaft, die im Verborgenen dafür sorgen, dass traditionelle Anbaumethoden und biologische Vielfalt bewahrt bleiben. Ihre Arbeit und ihr Engagement sind eine wichtige Quelle der Inspiration für meine Kunst und mein Verständnis von Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Der Kohlrabi, der in einer Badewanne wächst, symbolisiert diese Verschiebung von Kontexten und lädt dazu ein, die Dinge aus einer neuen Perspektive zu betrachten Kohlrabi ist für mich ein Symbol für das Ungewöhnliche im Alltäglichen. Mit meinen Arbeiten möchte ich die Betrachter dazu einladen, die Schönheit und Einzigartigkeit in Dingen zu entdecken, die oft übersehen werden. Wenn ich einen Kohlrabi betrachte, denke ich an die verborgene Komplexität und die vielfältigen Facetten, die in einfachen Formen und Strukturen stecken. Es regt mich dazu an, über die Verbindung zwischen Natur und Kunst nachzudenken und wie beide sich gegenseitig inspirieren können.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1059612_image" /></div> <BR /><BR /><b>Kohlrabi ist ja nicht unbedingt ein ganz beliebtes Gemüse. Schmeckt er Ihnen auch auf dem Teller und nicht nur auf Papier?</b><BR />Alberti. Ja, ich schätze Kohlrabi auch kulinarisch sehr. Er hat einen erfrischenden, leicht süßlichen Geschmack, der mich an Sommer und Frische erinnert. Ob roh in Salaten oder gekocht in verschiedenen Gerichten. Ich war sehr überrascht, als ich ihn zum ersten Mal aus dem Ofen gegessen habe, da bekommt er einen sehr intensiven Geschmack. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1059615_image" /></div> <BR /><BR /><b>Sie zeigen ausschließlich Arbeiten auf Papier, oft ganz subtile Zeichnungen. Was können die Zeichnung und das Aquarell besser – oder vielleicht anders – als die klassische Malerei?</b><BR />Alberti: Zeichnungen und Aquarelle erlauben eine besondere Intimität und Direktheit im Ausdruck. Die Leichtigkeit und Transparenz der Aquarellfarben sowie die Präzision und Einfachheit der Zeichnung ermöglichen es, feine Nuancen und Details zu betonen, die in der klassischen Malerei manchmal verloren gehen können. Diese Techniken bieten eine besondere Möglichkeit, flüchtige Momente und subtile Stimmungen festzuhalten, die oft im Zentrum meiner Arbeiten stehen.<BR /><BR /><BR /><b>Termin:</b> Bis 29.9., Raiffeisen Galerie Bruneck<BR /><h3> Biografie Leonard Alberti</h3><BR /><div class="img-embed"><embed id="1059618_image" /></div> <BR /><BR />Der Künstler ist 1998 geboren, lebt und arbeitet in Bruneck und Wien. 2024 schließt der Künstler mit Auszeichnung das Diplomstudium an der Akademie der bildenden Künste Wien in der Klasse für Zeichnung ab.