Ihre online Galerie macht einen „virtuellen Museumsbesuch“ jederzeit möglich, zurzeit sind die von den Beiräten aufgekauften Werke der Künstler <b>Gino Alberti, Sylvia Barbolini, Niklas Heiss, Christian Kaufmann, Johannes Kofler, Arianna Moroder, Oliver Laric, Maria Walcher, Willi Verginer</b> und von <b>Anna Anvidalfarei,</b> Förderpreisträgerin des Jahres 2024, im Südtiroler Künstlerbund zu sehen. Eine vielseitige Schau, die alle unterschiedlichen Kunsttechniken vereint und auch <b>Christian Reisiegls</b> „Weihnachtskarte“ präsentiert. <BR /><BR />Ein Gespräch mit der Förderpreisträgerin. <b>von Eva Gratl</b><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1226427_image" /></div> <BR /><BR /><b>Sie haben kürzlich das mit 10.000 Euro dotierten Max-Ernst-Stipendium der Stadt Brühl gewonnen, jetzt werden Sie als Förderpreisträgerin 2024 der Raiffeisen Landesbank ausgezeichnet. Treffen Sie mit Ihrer Kunst den Nerv der Zeit?</b><BR /><?Schrift SchriftWeite="97ru"> Anna Anvidalfarei: Für meine Arbeit ist ein intensives „in sich Hineinschauen“ von großer Bedeutung. Dadurch untersuche ich Zustände. Oft kommen Themen wie Angst, Krankheit und Paranoia vor, und auch Gefühle, die von diesen ausgelöst werden. All das ist mit dem Menschen verwoben und solche Gefühle, Zustände treffen somit immer den „Nerv der Zeit“, denn sie passieren ständig im Jetzt. Ich finde auch, dass es heute besonders viel Angst und Paranoia gibt. Es ist keine Zeit der Leichtigkeit. Darüber zu reden, ist wichtig, damit damit man sie begreift. Ich bin fasziniert, diese Zustände zu analysieren und durch die Arbeit zu sehen.<BR /><?_Schrift> <BR /><BR /><b>Ihre prämierte Arbeit trägt den Titel „Der große Bauch – Die verzählte Natur des Bauches“. Wie ist diese Metaphorik zu verstehen?</b><BR />Anvidalfarei: Dieses Motiv kommt öfters in meiner Arbeit vor: Ich betrachte den Bauch als einen in sich gekehrten Raum, der sehr schwer zu begreifen ist. Ich habe schon seit Langem den Wunsch, den Bauch zu erzählen, in seinen Zuständen, und ich habe sehr viel an diesem Motiv auf unterschiedliche Art gearbeitet. Das Werk „Die verzählte Natur des Bauches“ zeigt einen Bauch, der geöffnet ist, und im Inneren befindet sich ein weiterer Bauch. Es ist ein surreales Motiv. Dabei geht es um eine Zweiheit, um eine verzählte Natur, es gibt nicht nur einen Bauch, sondern gleich zwei, in einem Körper. Unter Zweiheit verstehe ich zwei unterschiedliche Einheiten, die miteinander in Beziehung stehen – ein Doppelsein, eine Art „Janus-Bauch“, eine Andeutung von Bipolarität im erweiterten Sinn, die zu Ambivalenzen führt.<BR /><BR />Die Arbeit hat für mich auch etwas Furchterregendes, Psychotisches. Eine Art verschachteltes Selbst-Erleben. Etwas in einem drinnen. Zweiheit, die auch auf große Instabilität hindeutet, auf die Schwierigkeit sich selbst einzuordnen. „Verzählte Natur“: So als ob man nach dem Bauchgefühl gefragt wird, und es schwer ist zu antworten, denn man hat zwei Bauch Gefühle, die gleichzeitig sprechen wollen.<BR /><BR /><BR /><b>Ihre Arbeiten sind interdisziplinär, ungemein vielseitig in der Technik. Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?</b><BR />Anvidalfarei: Es sind existenzielle Themen. Mich interessiert die Anatomie der Dinge. Oft sind es Themen wie Paranoia, Angst, Sorge, Selbsterziehung, Meinungswechsel, Lüge, auch das Arbeiten an sich thematisiere ich immer wieder. Diese Zustände erzähle ich in den Arbeiten durch den Körper – oft auch auf narrative und spielerische Art. Und nach dieser Anatomie (Anatomie in einem metaphorischen Sinn) suche ich in meiner Arbeit und sie wird zum zentralen Thema. Es sind also oft Öffnungen zu sehen, durch die der Körper eine Art Schauplatz wird für Geschehenes. Bei den Bauch-Arbeiten kann man das direkt betrachten, dabei spielt die Öffnung eine große Rolle, die ins Innere des Körpers führt und einen Zustand zeigt.<BR /><BR />Gerade sind es Ohr und Gehör, die zusammen zu einem wichtigen Thema für mich geworden sind. Die Fragen sind: Wodurch hört man, wie hört man? Ich stelle mir mein Ohr als Hörgerät vor, und wie es als solches aussehen könnte. Wie schaut ein Innenohrraum aus, oder gibt es viele Innenohrräume im Ohr? Und was gibt es in diesen Räumen, wodurch wird das, was ich höre filtriert? Wie verknotet sich Geschwätz hinterm Ohr, und was passiert dann damit? Solche Fragen bringen meine Motive weiter, Skizze nach Skizze, und es formt sich immer mehr. Am Ende habe ich dann im besten Fall ein genaues Porträt von einem Ohr gemacht, innen und außen – ein Porträt, das sich aus mehreren Arbeiten zusammenfügt.<BR /><BR /><BR /><b>Vielleicht geben Sie uns einen Einblick in den Entstehungsprozess Ihrer Werke.</b><BR />Anvidalfarei: Oft führt mich ein Motiv zum nächsten, bevor ich mit der angefangenen Arbeit fertig geworden bin. Das heißt, für mich ist es wichtig, Ordnung zu schaffen und dabei den Überblick zu behalten. Ich fotografiere auch die meisten Arbeitsschritte, und meine Skizzen sind so meistens Fotografien. Dabei ist Fotografie ein Werkzeug, als könnte ich dadurch meine Arbeit von außen betrachten, oder mindestens mit einem weitern Auge. In Arbeitsbüchern und Fotoalben sammle und ordne ich meine Skizzen – ein großes Archiv von Bildern und Möglichkeiten. Dieser Prozess ist für mich die große Recherche, bei der Materialien, Narrativ, Motiv, Fragen, Wünsche für zukünftige Arbeiten, alles zusammenkommt. Dazu kommt dann noch die Ausführung von Motiven, um diese zu einer fertigen Arbeit zu formen. Eine große Rolle spielt auch das Material. Oft leitet sich eine ganze Arbeit, ein ganzes Thema aus dem Material ab. Gerade arbeite ich sehr viel mit Textil und Wachs, dabei interessiert mich die Durchsichtigkeit vom Textil durch das Wachs. Wachs ist sehr schwer zu kontrollieren, und leider sind die meisten Arbeiten auch sehr fragil.<BR /><BR /><BR /><b>Ab 18. Oktober bespielen Sie im Kunstforum Unterland unter dem Titel „Selbstgenügsame Orte des Sinns“ die gesamte Galerie. Was erwartet uns dort?</b><BR />Anvidalfarei: In der Ausstellung zeige ich eine Auswahl von Arbeiten, die in den letzten Jahren entstanden sind: textile Objekte, Fotografien und analoge Abzüge. Es gibt Bilder von Körperteilen, die vom gesamten Körperbild abgetrennt sind. Ich betrachte diese als selbstgenügsame Orte der Wahrnehmung und des Sinns. Jedes Fragment ist zugleich Körperteil und Träger eines inneren Geschehens. Die Arbeiten erkunden die inneren Landschaften des Körpers ebenso wie seinen physiologischen Umfang. Ich freue mich sehr, meine Arbeiten zu zeigen – besonders das Werk „Der Faltenraum: ein großer Bauchkasten“, an dem ich lange gearbeitet habe und das zugleich meine Diplomarbeit war. Außerdem zeige ich eine Serie analoger Abzüge, Fotogramme, die 2021 entstanden sind. Diese frühen Studien zu den Öffnungen der Körperteile prägen meine Arbeit bis heute wesentlich.<BR /><BR /><BR /><b>Sie kommen aus einer bekannten Künstlerfamilie. Wie findet man da den eigenen und jetzt so erfolgreichen Weg?</b><BR />Anvidalfarei: Ich bin sehr beeinflusst vom Zuhause in Ciaminades, wo ich aufgewachsen bin. Ich bin meiner Mutter, meinem Vater und meiner Schwester sehr dankbar, die mir helfen und nahe stehen auch in meiner Arbeit. Was diese anbelangt, so ist es aber, glaube ich, nicht anders als bei anderen Künstlern. Es ist wichtig, eine Art Dialog mit dem eigenen Werk entstehen zu lassen, drauf zu hören, kritisch zu sein. Damit ist man auch viel allein. Man muss vertrauen, auf das, was einen anspricht, auf den Weg, wohin die Arbeit führt, und auf die Wünsche beider Seiten eingehen. Und natürlich muss man viel, viel arbeiten.<BR /><BR /><b>Termin:</b> SKB ARTES bis 31. 10.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1226430_image" /></div> <BR /><h3> „Selbstgenügsame Orte des Sinns“</h3><BR />So nennt sich die Ausstellung von Anna Anvidalfarei, die am 18. Oktober um 18 Uhr (bis 1.11.) im Kunstforum Unterland (Laubengasse 26, Neumarkt) eröffnet wird. Darin wird der Körper zum Schauplatz. Sein Gesamtbild wird fragmentiert, einzelne Bereiche treten hervor und dienen als Bühne verschiedener Inszenierungen. Die Körperteile lösen sich vom Ganzen und werden zu selbstgenügsamen Orten des Sinns...<h3>Zur Person Anna Anvidalfarei</h3><BR /> Sie wurde 1996 in Brixen geboren und ist im Gadertal aufgewachsen. Sie studiert bei Christian Schwarzwald an der Akademie der bildenden Künste Wien. Ihre künstlerische Praxis umfasst textile Objekte, Fotografie und Installation. 2025 wurde sie mit dem Max- Ernst-Stipendium der Stadt Brühl (D) ausgezeichnet. Sie lebt und arbeitet in Wien.