<b>+ von Eva Gratl</b><BR /><BR />Weiter geht es in der von Christine Vescoli kuratierten Ausstellung auf einem von Peter Karlhuber gestalteten Parcours. Er, der Fachmann für literarische Ausstellungen, kann es, besser als alle anderen, denn Geschriebenes muss inszeniert werden. So auch in dieser Schau, welche die Initiativen des SKI in Bezug auf Literatur und das literarische Leben in Südtirol verzahnt. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1079142_image" /></div> Bilder, Erinnerungen, Zeugnisse geben in der Ausstellung den Ton an, sie ist thematisch und chronologisch konzipiert. Insgesamt sind es 6 Stationen, ein glitzerndes Silberband geht man entlang. Am Ende kann man sich in die Neuerscheinungen ab 2000 von Südtiroler Autorinnen und Autoren vertiefen. Gründung, Bau des Waltherhauses, Feste, Walther von der Vogelweide Preis, literarische Veranstaltungen, Meraner Hochschulwochen, Plakate, Aufbruch... Einladung an Elias Canetti, Thomas Bernhard, N.C.Kaser, Anita Pichler, Jukibuz, Bibliothek und Schulbauten, Plakate zu Ausstellungseröffnungen, Bücherwelten. Alles da. Vom Beginn an bis heute. <BR /><BR />Es lohnt sich ein näherer Blick auf viele Fotos und Texte. Man sieht, wie männerlastig das alles am Beginn war, dass der Aufbruch neuen Wind brachte und dass heute das literarische Leben in Südtirol ungemein spannend ist. Christine Vescoli hat sich mit den facettenreichen 70 Jahren auseinandergesetzt. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1079145_image" /></div> <BR /><BR /><b>Sie haben die Ausstellung kuratiert: Welches waren die besonderen Herausforderungen?</b><BR />Christine Vescoli: Die Ausstellung zum 70. Geburtstag des Südtiroler Kulturinstituts und seiner Literatur war tatsächlich eine spezielle Herausforderung. Als Jubiläumsschau sollte sie ja die Geschichte einer Institution zeigen und die ist fast so alt wie das 1. Autonomiestatut. Insofern führt die Schau auch durch eine Kulturgeschichte des Landes ab den Nachkriegsjahren und bringt die kulturpolitische Bedeutung des Instituts von seinen Anfängen bis in die Gegenwart hervor. Lange Zeit war das SKI der „Pflege der deutschen Sprache und Kultur“ verpflichtet. Das war in den 1950er Jahren durchaus notwendig. Nach den schmerzlichen Erfahrungen von zwei Diktaturen, von Option und Krieg war Südtirol kulturelles Brachland. Zudem war der Griff der Italienisierung durch die demokratische Republik immer noch sehr stark. Es ist dem Institut sehr viel vom Auf- und Ausbau des Bildungswesens zu verdanken, man denke etwa an die Meraner Hochschulwochen, das Akademische Forum, die Bibliotheken im Land, die SH und nicht zuletzt an die Anerkennung der deutschen und österreichischen Studientitel. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1079148_image" /></div> <BR /><BR /><BR />Im Laufe der Jahrzehnte und mit der politischen und wirtschaftlichen Stabilität, verbunden mit einem gerüsteten Selbstbewusstsein des Landes, wuchs das Institut zu einer dominanten Größe des Kulturlebens. Es bewahrte seine konservative Haltung und ließ sich vom linken und liberalen Gedankengut der 60er Jahre nicht berühren, scheute aber auch vor dezidiert zeitgenössischer Literatur nicht zurück, wie z.B. Abende mit Thomas Bernhard oder Elias Canetti 1971 zeigen. Mit dem Millennium öffnete sich das SKI einem neuen Kulturauftrag, der auf hohe Qualität und Professionalisierung setzt und ideologische Anliegen hinter sich lässt. Die Herausforderung der Ausstellung war nun, die Institutionsgeschichte mit der Entwicklung des allgemeinen literarischen Lebens in einem Überblick zu verbinden und die kulturpolitische Position des SKIs, die ihm immer wichtig war und ist, heraus zu schälen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1079151_image" /></div> <BR /><b>70 Jahre Kulturinstitut und 70 Jahre Literatur, welche das Kulturinstitut begleiten, darunter viele Meilensteine, die zum Denken anregen. Welcher Aspekt des Parcours, den Peter Karlhuber gestaltet hat, lag Ihnen besonders am Herzen?</b><BR />Vescoli: Ich komme von der Literatur, daher liegt die mir natürlich am meisten am Herzen. So war es zum einen die Station zu N.C. Kaser, den ich als Figur der Südtiroler Literaturgeschichte hervorheben wollte, leider – da er in diesem Zusammenhang ja nur im Kontext stand – viel zu wenig. Zum anderen sind es die Dichter und Dichterinnen, denen das letzte Wort gilt. Es sind viele ihrer Zitate ausgestellt, der Vorhof des SKIs ist mit Gedichten ausgestattet, und es gibt eine lange Reihe von Büchern Südtiroler Autoren und Autorinnen ab 2000, die die Ausstellung markant säumen. Es gilt: „Was bleibet aber, stiften die Dichter“ (Hölderlin) – und die Dichterinnen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1079154_image" /></div> Aber es war für mich auch interessant und für ein Geschichtsbewusstsein erhellend zu erfahren, was das Institut für die Bildung des Landes geleistet hat und mit welch enormem Schub es einen geistigen und intellektuellen Wandel der Gesellschaft gefördert hat. Das war mir vorher nicht bewusst. Ebenso wenig wie mir das Ausmaß der repressiven Situation und das niedere Bildungsniveau der Nachkriegsjahre klar gewesen waren. Da hat das SKI wirklich sehr vieles auf die Beine gestellt. Freilich war das alles in strikter Männerhand. Unter den Prämierten des Walther-von-der-Vogelweide-Preises findet man z.B. mehr Preisträger mit dem Namen Karl als Frauen. Diesen wurde der Preis im Laufe von 62 Jahren 4 Mal vergeben, Männern 34 Mal. Und wenn man die Fotos und Korrespondenz der frühen Jahre anschaut, schlägt einem ein hart gesottener patriarchal-konservativer Geist entgegen, dessen Verhältnis zur Vergangenheit mitunter recht einseitig war. Heute ist das SKI ein lebendiger und geselliger Ort, dessen Veranstaltungen den Kopf in Unruhe versetzen und ihn für das zeitgenössische Empfinden und Denken öffnen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1079157_image" /></div> <b>Sie sind auch eine erfolgreiche Schriftstellerin und haben eine besondere Beziehung zum Wort. Was vermag Literatur und insbesondere diese Ausstellung?</b><BR />Vescoli: Das ist eine große Frage und der Teil davon, der ganz allgemein gestellt ist, macht mich in dieser Weitläufigkeit auch etwas verlegen. Daher gehe ich gleich zum zweiten Teil: Was die Ausstellung vermag, muss das Publikum sagen und bewerten. Ich denke aber und hoffe, dass sie einen Einblick in die geschichtliche Situation geben kann, aus der das SKI und sein Bewusstsein von Sprache kommen. Sprache ist immer und sofort auch ein politisches Feld. Davon können und dürfen wir nicht absehen. Sie ist ein geschichtlicher, ideologischer und kultureller Speicher, den wir so oder anders aktivieren und mit dem wir, wenn wir sprechen und in der Art und Weise, wie wir sprechen, das oder jenes repräsentieren. Und darauf kommt es an: Welche Herrschaft von Sprache wollen wir gelten lassen? Welches Sprechen wollen wir pflegen? Was wollen wir mit Sprache freigeben? An der Geschichte des Südtiroler Kulturinstituts können wir ablesen, wie diffizil, wie subtil, wie ambivalent, wie vertrackt, wie notwendig und wie lebendig die Aufgabe ist, sich der Pflege einer Sprache, der Sprache, und in unserem Land, das mit jedem Sinn auf Sprache horcht, der deutschen und der ladinischen Sprache zu widmen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1079160_image" /></div> <b>Termin:</b> Bis 12. Oktober, Waltherhaus Bozen</TD><TD></TD><TD></TD><TD></TD><TD></TD><TD></TD><TD>