Muss man über das Alter diskutieren? Ja! Denn es ist ein unerschöpflicher Brunnen der Weisheit und der Erfahrung ist die Gründerin Maxi Obexer überzeugt.<BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203453_image" /></div> <BR /><BR />„Im Vergleich zu 'Radikal jung', wo die Wildheit sozusagen aus der Erfahrungslosigkeit, manchmal auch durch die Ahnungslosigkeit kommt, ist die Radikalität und auch eine gewisse Unverblümtheit des Alters darin verborgen, dass es hier eben um Erfahrung geht. Wir möchten in dieser Ausgabe den Wert der Erfahrung stärken“, sagte <b>Maxi Obexer</b>, Gründerin und künstlerische Leiterin der Summer School, die das Programm der elften Ausgabe vorgestellt hat. „Es gibt ältere Menschen, die einen genaueren, achtsameren und auch unabhängigeren Blick haben auf Begebenheiten und ihnen eine Bedeutung zukommen lassen, die vorher oft unbeachtet blieb. Genau das ist etwas, das wir untermauern wollen.“<BR /><BR />Derzeit gebe es so viele Kämpfe, die ausgefochten werden. Da brauche es „die Erfahrung der Leute, die vor uns gekämpft haben – in Bezug auf politische, gesellschaftliche und künstlerische Auseinandersetzungen. Wir dürfen nicht immer wieder das Rad neu erfinden, weil es immer dann wieder neue Abbrüche gibt“, meint die Autorin. Gerade die demokratischen Bewegungen der Frauen werden derzeit wieder infrage gestellt. <BR /><BR />„Und wir sagen, wenn wir standhalten wollen, in der Sorge und Verantwortlichkeit über die Welt und die Umwelt und über eine gewisse Gerechtigkeit für alle, brauchen wir die Kämpfe der Älteren, um zu erfahren, was ihre Strategien waren und sind. Wir müssen uns zusammenschließen: Die Jungen brauchen die Alten, und die Alten brauchen die Jungen“, ist Maxi Obexer überzeugt. Wenn die Älteren ausgeklammert werden, dann werden es auch die Jungen, weil das Thema Ausgrenzung dann immer noch Thema sei. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203456_image" /></div> <BR /><BR />Dazu reihe sich auch das Thema Vorbild ein: Gerade den Menschen, die Neues in die Welt gesetzt haben, darunter den Frauen, die älter werden, werde oft gnadenlos ihre gesellschaftliche Bedeutung genommen. „Man verdrängt sie und damit entzieht man uns Vorbilder.“ Welche Idole bleiben, welches Wissen wird in die Welt gesetzt, welches wird abgestoßen? „Wir brauchen sichtbare Vorbilder, deshalb haben wir die Historikerin <b>Franziska Cont</b> eingeladen. Sie hat mögliche Namen von wichtigen Frauen gesammelt, die den Gemeinden jetzt vorliegen. Anhand ihres Leitfadens 'Frauenbiografien und Straßennamen' stellt sie am 23. August vor, wie weibliche Persönlichkeiten in der öffentlichen Topografie sichtbar gemacht und als Vorbilder für die Gegenwart verankert werden können.“<BR /><BR />Die Summer School fungiere auch als eine Art Kaderschmiede, ist <b>Rut Bernardi</b>, Schriftstellerin, Lehrbeauftragte und Vorsitzende der Südtiroler Autorinnen- und Autorenvereinigung SAAV, die das Kulturereignis in Feldthurns als Verein trägt, überzeugt. „Von Anfang an wurden junge Autorinnen eingeladen, die heute ihren eigenen Weg gefunden haben und sehr erfolgreich sind.“ Ja, ihre ersten Texte seien teilweise an der Summer School entstanden und seien da besprochen worden. Mentorinnen und Mentoren standen und stehen den Autorinnen und Autoren in der Textwerkstatt zur Seite – eine Zusammenführung von Jüngeren mit Älteren also. Ein ganzes Netzwerk stehe zur Verfügung von den Münchner Theatertexterinnen bis zu den Wiener Wortstaetten und einige andere mehr. „Hier werden ihnen die Türen geöffnet, angehende Theaterautorinnen bekommen eine reale Unterstützung“, erklärt Maxi Obexer. Vor der Summer School habe es keine Südtiroler Theaterautorinnen gegeben, sie sei die allererste, die vom Theater lebe und das seit vielen Jahren. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203459_image" /></div> <BR /><BR />Gleichzeitig schnitt Rut Bernardi auch das Thema Professionalität an, es sei nicht zielführend, „in der Freizeit ein bisschen Kunst zu machen und ein bisschen zu schreiben. Schreiben ist ein Beruf.“ Und wenn sie an das heurige Motto denke, da müsse sie an ihre Anfänge als Schriftstellerin zurückdenken. Damals hieß es, junge Autorinnen müssen sich auf einen harten Weg langsam nach „oben arbeiten“. Heute sei die Situation umgekehrt. „Wettbewerbe etwa werden nur mehr für junge Leute ausgeschrieben. Meine Generation ist irgendwie immer durch das Raster gefallen,“ erklärt die heute 63-Jährige. Deshalb sei es für sie so wichtig gewesen SAAV-Mitglieder einzuladen, die aus einem reichen Erfahrungsschatz schöpften können, so etwa <b>Waltraud Mittich,</b> die am 25. August aus ihrem Roman „Hierorts. Bleiben, eine Südtiroler Familiengeschichte“ (Edition Laurin) lesen werde oder <b>Sepp Mall</b>, der zum Thema „Alter und Beruf“ (28.8.) diskutieren und <b>Astrid Kofler</b>, die am 23. August von ihren Gesprächen mit 90-Jährigen in ihren beiden Büchern „Alles gut / Alles wird gut“ (Edition Raetia) erzählen werde.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203462_image" /></div> <BR />Krankenpflegerin, Bürgermeisterin von Klausen, an unzähligen ehrenamtlich Organisationen tätig, immer in Sorge um die Belange der Menschen wird <b>Maria Gasser Fink</b> am 25. August mit Christine Baumgartner und Sepp Mall über Alter, Beruf und Geschlecht diskutieren. Politisch tätig wurde Fink, als sie merkte, dass soziale Themen wie sichere Schulwege oder Bedürfnisse von ältere Menschen etwa in der politischen Debatte untergingen. „Um es mit einem Zitat von Susanne Scholl auszudrücken, fragte ich mich auch: 'Warum ist diese Welt so blöd organisiert?'.“<BR /><BR />Es sei immer noch erstaunlich, wie deutlich es sich zeige, wie sehr das Engagement von Frauen, die andere Perspektiven aufzeigen, dazu führen könne, dass sich etwas endlich ändere, sagte die künstlerische Leiterin der Summer School. „Es ist irgendwie wie mit diesem Narrativ: Was war am Anfang der Menschheitsgeschichte? War es die Waffe oder war es der Beutel, der das Tragen, das Sammeln, die Fürsorge und das Halten versinnbildlicht? Ohne hätten wir auch nicht überlebt. Und mit der Waffe, haben wir es bis hierher geschafft. So große Unterschiede gibt es. Und so groß ist dann auch der Unterschied, wenn Frauen in die Politik gehen“, meint Obexer.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203465_image" /></div> <BR /><BR /><b>Adolf Engel</b> ist pensionierter Hausarzt, und Präsident des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health. Er ist ehemaliger Vorsitzender der Dekadenz und hat 2024 den Brixner Beschwerdechor gegründet. Am 26. August gestaltet dieser den Abschluss der Summer School. Wie kommt man von der Sorge um kranke und sterbende Menschen zum Singen? „Die Erfahrung spielt eine ganz entscheidende Rolle: die persönliche, berufliche, aber auch jene von ressourcenerfahrenen Menschen. Man kann von den unterschiedlichen Schicksalen sehr viel lernen. Zum Singen kam ich, als ich vom Wiener Beschwerdechor hörte. Mein Ansatz war, dem Denken 'man kann eh nichts ändern' entgegenzuwirken. Das erzeugt Frustration, Resignation und Ohnmacht. Das führt zu Meckern, Schimpfen zu Negativität und zu Passivität. Der Beschwerdechor greift diesen Unmut auf, schreibt Lieder darüber – mit Augenzwinkern – und dem Wissen, dass man zwar nichts verändert, aber man sagt es und findet auch Lösungen“, so Engel. Jeder und jede sei willkommen, auch wer das Gefühl hat, nicht singen zu können.<BR />In diesem Sinne ist auch jeder und jede bei der 11. Summer School in Feldthurns willkommen, denn es werden Altersbilder hinterfragt, die Bedeutung von Erfahrung betont und der Dialog zwischen Generationen gefördert. Die Zugänge reichen von Literatur, Puppentheater und Musik über Wissenschaft, Politik bis Umwelt- und Tierrechtsfragen. <BR /><h3> Programm 22. August</h3><BR /><b>Begrüßungsrede:</b> Leo Andergas- sen, Direktor von Schloss Tirol und Schloss Velthurns, „Eigen. Eigensinn, Eigenheit, Eigenwille – vom eigentümlichen Charme des Alters“ <BR /><BR /><b>Eröffnungsrede:</b> Maxi Obexer, Autorin, Gründerin der Summer School, „Was zum Teufel ist Wasser?“ Was eine nativ-amerikanische Anekdote über die Klarsicht des Alters verrät <BR /><BR /><b>Impuls:</b> Mariano Paris, Bildungsausschuss Feldthurns, als Führungskraft zeigt er auf, wie strukturierte Wissens- und Erfahrungsvermittlung zum Erfolg von Organisationen beitragen kann <BR /><BR /><b>Lesung:</b> „Omas Bankraub“ (Residenz Verlag), Susanne Scholl, österreichische Journalistin und Autorin, Osteuropa-Korrespondentin des ORF, Mitgründerin von „Omas gegen rechts“ Ausstellungseröffnung: Fotoprojekt „Costa Rica Time Warp“ von Ludwig Thalheimer Fotograf aus Bozen <BR /><BR /><b>Konzert:</b> Bernadette La Hengst, Musikerin und Songschreiberin aus Berlin<BR /><BR /><b>Ablauf:</b> 22. bis 26.8., Schloss Velthurns, ab 18 Uhr, Eintritt frei, keine Anmeldung notwendig. <a href="http://www.summerschoolsuedtirol.eu/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">www.summerschoolsuedtirol.eu</a> und auf der Kulturseite vom 24.7.<BR /><BR /> An den Werkstätten der Summer School Südtirol bekommen Autorinnen und Autoren (täglich von 10 bis 13) Uhr die Gelgenheit, ihre Texte vorzustellen und zu besprechen.<BR /><h3> Ausstellung Fotoprojekt „Costa Rica Time Warp“ <BR />von Ludwig Thalheimer</h3><BR />1986 ist er einen Monat lang in Costa Rica in der Hauptstadt San José festgesessen. Anstatt zu verzweifeln hat <b>Ludwig Thalheimer</b> „aus der Not eine Tugend gemacht. Ich habe mich mit Kindern, die ich auf der Straße getroffen oder später bewusst aufgesucht habe in reichen Vierteln oder Krankenhäusern, unterhalten. Ich habe begonnen, sie zu fotografieren und ihre Geschichten aufzuzeichnen.“ <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203468_image" /></div> Einige Jahre danach habe er aus diesem Fotomaterial und aus den Erzählungen der Kinder, von ihren Wünschen und Träumen, ein kleines Heft im Selbstverlag herausgegeben. „30 Jahre später habe ich beim zufälligen Durchblättern dieses Heftes spontan überlegt, ob es möglich wäre, diese Menschen wiederzufinden. Im Januar 2017 bin ich dann das erste Mal und später noch zwei Male nach San José geflogen, habe recherchiert und tatsächlich von den 30 fotografierten Kindern 29 Erwachsene ausfindig gemacht.“ Daraus ist das Fotobuch „Costa Rica Time Warp“ entstanden, das der Fotograf im Oktober 2018 auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt hat, wofür er auch mit dem Deutschen Fotopreis ausgezeichnet wurde.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203471_image" /></div> <BR /><BR /><BR />„Später habe ich das Buch auch in Costa Rica vorgestellt, ein unglaublich emotionaler Moment.“ <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203474_image" /></div> <BR /><BR /><BR />Im Vorwort zum Buch schreibt Maxi Obexer folgendes: „Er traf sie an öffentlichen Orten, auf den Straßen, wo sie Zeitungen verkauften, Autos wuschen, in den Verkaufsständen ihrer Eltern mithalfen. Es sind Kinder, die auf den Straßen ihre Zuflucht suchten, oder auch solche, die in behüteten Gated Communities aufwuchsen. Sie erzählten dem Fotografen von ihrem Leben, ihren Wünschen und ihren Träumen für die Zukunft... Das Buch gewährt einen unsentimentalen und doch berührenden Einblick in sehr unterschiedliche individuelle Lebensgeschichten.“ <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203477_image" /></div> <BR /><BR /><b>Buchtipp:</b><BR />Ludwig Thalheimer, „Costa Rica Time Wrap“, Fotohof Verlag 2018, 208 Seiten, 64 Farbbilder<BR /><BR />Eva Bernhard