Vor 30 Jahren wurde in Lana der Verein der Bücherwürmer gegründet. Seither ist das Dorf im Etschtal ein Ort, an dem Poesie und ein Denken über Sprache ermöglicht und ausgetauscht werden, an dem Literatur geschieht. Das bedeutet ein Hören auf die Sprache, ein Wahrnehmen der Differenzen und der Vertracktheiten, ein Nachgehen der Sprache nach ihren Herkünften, nach ihren Läufen und Irrläufen, nach ihren Umwegen und Umständen, ohne Absicht und ohne Zweck. Ein Literaturfest Zu ihrem Geburtstag laden die Bücherwürmer Dichter, Freunde, Förderer und Interessierte nach Lana. Mit ihnen soll die Geschichte eines literarischen Ortes gefeiert werden, und zwar so, dass jeder der Gäste etwas von seinem Tun als Zutun der Geschichte und nicht weniger als Geschenk zum Geburtstag mitbringt. Das ist das Gespräch und das Vertrauen in das Geschehen von Lana, und das ist wesentlich die Dichtung selbst. So tragen im Hof der Werkbank am Gries 20 Eleonore Frey, Elfriede Czurda, Gundi Feyrer und Anselm Glück in kurzen Lesungen Ausschnitte ihrer Arbeiten, Widmungstexte oder Hommagen vor, heiter und keck, leise und zweifelnd, verschmitzt und gewitzt und berührend zwischen Bezauberung und mitunter Erschrecken. Die Festrede zum Tag aber hält der langjährige Begleiter der Bücherwürmer und beeindruckende Literaturwissenschafter Hans Jost Frey. So klug weiß er das Was und Wie des Schreibens in Einklang zu bringen, dass ein fluktuierendes Denken jenseits von Primär- und Sekundärgrenzen die poetische Grundentscheidung der theoretischen Betrachtung ist und so auch ein Reden trägt.Materialsplitter als Auszüge aus dem Roman „Der Schlaf der Grausamkeit“, der im Winter 2011 im Hanser-Verlag erscheinen wird, trägt Joseph Zoderer vor und gibt damit zum ersten Mal einen Einblick in den Roman, der von den Abgründen einer abhanden gekommenen Liebesfähigkeit erzählt, aber auch von dem Erretten in ein schonungsvolles Alleinsein. Das Gedenken an all jene großartigen Dichter, die in Lana waren und bereits verstorben sind, sei stellvertretend durch eine Hommage an H. C, Artmann ausgedrückt. Elmar Locher, Präsident der Bücherwürmer, spricht darüber, welcher ver-rückten Logik das poetische Sprechen von H. C. Artmann, dem langjährigen Freund der Bücherwürmer, folgt. Eine Künstlerin, die dem literarischen Geschehen immer nahe stand und in ihren Arbeiten oft davon auszog, reflektiert visuell die Frage nach der Lesbarkeit: Brigitte Mahlknecht zeigt in einer performativen Schau eine Serie von Zeichnungen, die in der Abfolge einer Viertel Stunde zwar keinen Film simulieren, aber eine Narration in ihrer Zeit auseinander nehmen und Bilder in sie hinein dehnen. Begleitet wird sie dabei vom Unken- und Froschgetön der Musik von Wolfgang von Schweinitz.Zum Anlass des Geburtstages erscheint weiters eine Anthologie von Robert Huez und Christine Vescoli, die beim Fest zum Jubiläum vorgestellt und verteilt wird. Die Sammlung von Text- und Bildbeiträgen versucht einen Querschnitt mit subjektivem Charakter einer Rückschau zu geben, die gleichsam ein Bild von „Lana“ macht und es als langzeitiges Projekt der poetischen Sprachreflexion, des literarischen Fragens und Sagens und des korrespondierenden Wirkens vorstellt.Zwei Lesungen schließen den literarischen Nachmittag ab: Ferdinand Schmatz stellt seinen neu erschienen Gedichtband “Quellen“ vor: Alles fließt, alles rauscht, alles klingt: In einem lyrischen Triptychon betritt Ferdinand Schmatz ein Boot aus Worten, das die Donau von den Quellen bis zur Mündung hinabgleitet, den Blick gerichtet auf die Ufer, an denen sich Natur und Zivilisation, Garten und Stadt gegenüberstehen. Im Rauschen des Flusses, im Palast der Sprache klingt das Echo der Welt, der Musik, der Kunst und der Literatur, jener Quellen, die Ferdinand Schmatz aufgreift und in seiner Lyrik aufblühen lässt.Und im Buchladen Lana liest Oswald Egger, erster Preisträger des Oskar-Pastior-Preises 2010, aus dem eben erschienenen Buch „Die ganze Zeit“: „Was tue ich eigentlich die ganze Zeit, während ich denke, daß ich spreche?“ „Soll (will und kann) ich die Dinge mit den Augen derer sehen, die sie selber nicht mehr sehen oder noch nicht?“ – Die elfunddreißig Ichs, welche in Oswald Eggers lyrischem Roman wie augenblicklich umgehende Schelmwesen toben, verflüchtigen sich in etwas, was – seit Augustinus – die ganze Zeit verheißt: Aufmerksamkeit, Erwartung und Erinnerung in einem. Die Jetzt-Sätze der Erzählung springen feixend ineinander: Gnome, Habergeißen und anderes Wolkengetier erringen fabelhaftes Eigenleben und hüpfen von der Maskenbühne tolldreist ins Parterre der Ungereimtheit. Sie führen dort ungeheure, verblichene, oft schroffe Szenerien einer bald abenteuerlichen, bald wilden Jagd nach Vergeblichem auf, wobei gilt: Zeit ist Welt.Das Fest schließt mit einem musikalischen Abend und dem Helga Plankensteiner Trio ab, dazu gibt es Wein, Bier und eine Spaghettata. Das Programm11 Uhr - im Hof der Werkbank, Am Gries 20 in Lana Eröffnung mit Dr. Heinrich Wolf, Dr. Armin Gatterer, Bürgermeister Dr. Harald Stauder, Altbürgermeister Christoph GuflerBegrüßung: Elmar Locher und Christine VescoliFestrede: Hans Jost Frey Büffet15 Uhr Elmar Locher: H C Artmann: Verrückt nach Sprache15.30 UhrPräsentation der Anthologie Verortung. Texte und Positionen zu dreißig Jahre Lana und Literatur (Hrg. von Robert Huez und Christine Vescoli) mit: Elfriede Czurda, Eleonore Frey, Joseph Zoderer16.30 Uhr Brigitte Mahlknecht: Aus dem Fingerhut gelesen. Mit Begleitung des Stückes Naturgesang von Wolfgang von Schweinitz 17 Uhr Gundi Feyrer und Anselm Glück 18.Uhr Ferdinand Schmatz: quellen (Haymon 2010)19 Uhr - Buchladen LanaOswald Egger: Die ganze Zeit (Suhrkamp 2010)20 Uhr Konzert mit dem Helga Plankensteiner Trio Dazu gibt es Bier, Wein und eine Spaghettata.Ein Bücherflohmarkt begleitet das Fest.