Pensionierter Richter, Maler, Honorarprofessor in München und vor allem eines: Schriftsteller. Die Liste liest sich lang, ebenso spannend und fasziniert war das Leben von Herbert Rosendorfer, das am 20. September plötzlich und unerwartet ein Ende fand.„Die Realität ist, wenn man genau hinschaut, skurril“ Er war ein Mann, den das Skurrile faszinierte. Aus einem Grund: Weil er das Leben insgesamt als skurril betrachtete.„Ich bilde mir ein, ein Realist zu sein, und die Realität ist, wenn man genau hinschaut, skurril“, meinte Rosendorfer einst in einem „Dolomiten“-Interview.Rosendorfer war überzeugt: Das Schreiben kann man nicht lernen Herbert Rosendorfer war im In- und Ausland auch als „dichtender Richter“ bekannt. Ein Dichter, der davon überzeugt war, dass man das Schreiben nicht wirklich erlernen kann.„Allerdings gibt es einige Dinge, die man sich aneignen kann, so zum Beispiel woher man sich eine Idee holen kann. Wichtig ist dabei, sich umschauen und beobachten“, verriet er.Rosendorfer war zwar dichtender Richter, als richtender Dichter mit moralisch erhobenem Zeigefinger wollte er sich nicht verstanden wissen. „Aber wenigstens sagen kann ich etwas“, meinte Rosendorfer einmal.Literatur könne wenigstens versuchen, Werte wie Freiheit, Toleranz und Menschlichkeit zu transportieren.Ein produktiver Vormittagsmensch Von sich selbst behauptete Rosendorfer ein „Vormittagsmensch“ zu sein: Bis Mittag saß er vor dem Schreibtisch, um dann – am Nachmittag – die alltäglichen anfallenden Dinge zu erledigen.Seit 1969 pflegte er dieses Ritual: Seither veröffentlichte er Romane, Essays, Kurzgeschichten, Krimis, Theaterstücke, Drehbücher, Abhandlungen zur Musik und Reiseführer.Ende offen: „Die Realität hat ja keinen Anfang und kein Ende“ Sein wohl bekanntestes Werk war „Briefe in die chinesische Vergangenheit“, das sich 1,7 Millionen Mal verkaufte und die Absurdität des menschlichen Verhaltens demaskierte.Eines hatten seine Werke gemeinsam: Ein offenes, nein, ein nicht existierendes Ende. Diese Eigenheit begründete Rosendorfer damit, Realist zu sein.„Die Realität hat ja keinen Anfang und kein Ende“, zeigte er sich überzeugt.In Gries geboren, auf Umwegen nach Südtirol zurückgekehrt Der in Gries in Bozen geborene Schriftsteller lebte von 1939 bis 1943 in München, wurde 1943 wegen des Krieges nach Kitzbühel evakuiert und kam 1948 nach München zurück.Dort studierte er nach dem Abitur ein Jahr Bühnenbildnerei an der Akademie der Bildenden Künste, ab 1954 aber Rechtswissenschaften an der Universität München.„Ich wollte doch etwas Solides machen und habe es nie bereut“, sagte Rosendorfer einmal.1967 wurde er Amtsrichter in München. Ab 1993 war er Richter am Oberlandesgericht Naumburg.1990 wurde er von der Ludwig-Maximilians-Universität München zum Honorarprofessor für Bayerische Literaturgeschichte ernannt.Seit seiner Pensionierung 1997 lebte er in Eppan.Bis zuletzt widmete er sich der Literatur. „Ich könnte gar nicht anders als weiterzuschreiben“, sagte Rosendorfer im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa zu seinem 75. Geburtstag.„'Wie die Kuh Milch gibt', um es mit Richard Strauss zu sagen.“Vielfach ausgezeichnetHerbert Rosendorfer wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der Autor erhielt u.a. 1977 den Tukan-Preis, 1991 den Ernst-Hoferichter-Preis, 1992 den Oberbayerischen Kulturpreis, 1999 den Jean-Paul-Preis und 2000 den Deutschen Fantasypreis.2005 war er Preisträger des Literaturpreises der Stadt München. Sein überaus reiches Werk zeuge „neben barock wuchernder Erzählfreude und hellsichtiger Beobachtungsgabe“ auch von „grimmigem Sarkasmus und Pessimismus“, urteilte die Jury damals.2010 wurde ihm der „Corine“-Ehrenpreis für sein Lebenswerk durch den Bayerischen Ministerpräsidenten verliehen. Horst Seehofer meinte zu diesem Anlass: „Ihr Lebenswerk, Ihre Bücher, Herr Rosendorfer, sind Nahrung für die Seele“.Rosendorfer war des Weiteren Träger des deutschen Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse (seit 2000), des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst Erster Klasse und des Bayerischen Verdienstordens (seit 2004).Er war Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz.In der ersten Version des Artikels hatten wir irrtümlich berichtet, dass Herbert Rosendorfer am Dienstag gestorben ist; der Fehler wurde in diesem Artikel korrigiert.stol