Auch ein Vogelhäuschen hat die junge Grödnerin inspiriert, ihren Weg als Autorin einzuschlagen und von einem Haselnussstrauch kann sie viel lernen.<BR /><BR /><BR /><i>Von Manuel Lavoriero</i><BR /><BR /><BR /><b>Können Sie sich an Ihren ersten Text/ihr erstes Werk, erinnern, den/das Sie geschrieben haben?</b><BR />Nadia Rungger*: meine erste geschichte, die veröffentlicht wurde, hieß „mit einem lachen“ und war eine schularbeit der dritten mittelschule. jetzt schreibe ich anders, aber trotzdem erkenne ich mich in der kurzgeschichte wieder. doch was genau ist das erste werk und ab wann ist man autorin? mein erstes eigenes buch erschien im september 2020: „Das Blatt mit den Lösungen. Erzählungen und Gedichte“ (Verlag A. Weger).<BR /><BR /><BR /><b>Welches Werk, welcher Mensch haben Sie bewogen, diesen Weg <BR />einzuschlagen?</b><BR />Rungger:<BR />ein stein<BR />ein see<BR />eine balkontür<BR />ein vogelhäuschen<BR />ein wort<BR />und die poesie<BR /><BR />auch menschen und ereignisse haben mich darin bestärkt, zu schreiben. die ersten literaturpreise zum beispiel, oder auch meine deutschlehrerin der mittelschule, die ihren kindern meine schularbeit als gutenachtgeschichte vorgelesen hatte. und das schöne gefühl, wenn ich ein gedicht geschrieben habe und es da: steht.<BR /><BR /><BR /><b>Gibt es ein Ereignis, das Ihr Weltbild total verändert hat?</b><BR />Rungger: dinge auf den kopf zu stellen ist immer gut. es müssen gar keine besonderen ereignisse sein, in denen so etwas passiert. wichtig ist: die augen offen halten und dazu bereit sein, die eigenen vorurteile als solche wahrzunehmen und immer wieder auf die probe zu stellen. im studium lerne ich viel neues, das mich aufhorchen lässt – aber wie viel lerne ich beim herumspazieren und beobachten, und sei es nur ein haselnussstrauch.<BR /><BR /><BR /><b>Mehr denn je hat sich in dieser Zeit gezeigt, dass die Gesellschaft Kultur braucht, weil…</b><BR />Rungger: zurzeit wird kultur meistens vor dem bildschirm konsumiert. das finde ich durchaus noch besser als stillstand. aber nach einer lesung oder auch nach einem theaterbesuch, einer ausstellungseröffnung würde man später bei einem glas wein noch miteinander reden. im idealfall macht kunst etwas mit uns, und wir müssen es verarbeiten und reflektieren. das ist es, was uns am meisten fehlt, denke ich – das gemeinsame betrachten von und sprechen über kunst und kultur. <BR /><BR /><BR /><b>Wer ist für Sie der bedeutendste Künstler der Geschichte?</b><BR />Rungger: zunächst: darf es auch eine künstlerin sein?<BR />verschiedene menschen begleiten mich in verschiedenen phasen. manchmal lese ich ein gedicht und es sagt mir nichts. dann lese ich es jahre später wieder und es ergibt einen sinn: bedeutend ist immer das, was mir gleichzeitig nahe und fern ist. nahe genug, damit ich es greifen kann, und fern genug, um anders zu sein, neu, interessant. das spiel von nähe und distanz macht die faszination aus. ich schätze viele künstlerinnen und künstler.<BR /><BR /><BR /><b>Welche Frage würden Sie ihm gerne stellen?</b><BR />Rungger: ich würde sie gerne für einen tag lang beobachten dürfen – beim sprechen zuhören, bei den alltäglichsten dingen zuschauen. mit rilke durch paris spazieren etwa oder mit marlen haushofer zur jagdhütte wandern.<BR /><BR /><BR /><b>Was bedeutet für Sie Schönheit?</b><BR />Rungger: authentizität<BR /><BR /><BR />Der französische Poet Théophile Gautier prägte den Begriff „L’art pour l’art“ (Kunst der Kunst willen) und machte so 1835 erstmals die Kunst selbst zum Thema. Einen Luxus, den man sich heute noch leisten kann? <BR />Rungger: ja<BR /><BR /><BR /><b>Und was würden Sie gerne einmal einem Kunstkritiker sagen?</b><BR />Rungger: es freut mich immer, wenn sich jemand mit meiner lyrik und prosa auseinandersetzt, seien es rezensionen oder direkte rückmeldungen nach einer lesung. man muss nicht kunstkritikerin sein, um eine eigene meinung über kunst zu haben. letztens habe ich die gedichtinterpretation einer oberschülerin zu meinem gedicht „gelbe linien“ lesen dürfen, ein schönes erlebnis. <BR />ich habe viele schreibwerkstätten besucht und gelernt, kritik zu bekommen und zu geben, außerdem bin ich nun selbst in der jury eines wettbewerbs für literatur. für mich ist schreiben etwas, das unbewusst passiert, intuitiv. trotzdem oder gerade deshalb ist es interessant, sich auch als schreibende mit der frage zu befassen: warum ist dieses gedicht gut? <BR /><BR /><BR /><b>Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?</b><BR />Rungger: im spiegel, wie jetzt auch – und natürlich in meinen gedichten und geschichten<BR /><BR /><BR /><b>Harmonie bedeutet für mich…</b><BR />Rungger: wachsen. in alle richtungen<BR /><BR /><BR /><b>Mein Ort der Harmonie ist…</b><BR />Rungger: der frühstückstisch. man möchte meinen, zu mittag sei er der gleiche, aber da sitzt es sich ganz anders.<BR /><BR /><BR /><b>Die „Whos“ der Künstlerin…</b><BR /><BR /><BR /><b>Name:</b> nadia rungger<BR /><b>Beruf:</b> autorin<BR /><b>Alter:</b> 22<BR /><b>Geburtsort:</b> brixen<BR /><BR /><BR /><b>Wo Sie schon überall gelebt haben:</b> gröden, brixen, graz<BR /><BR /><BR /><b>Wo Sie jetzt leben:</b> graz<BR /><BR /><BR /><b>Wie war Ihr Werdegang zur Künstlerin:</b> ein schritt-für-schritt, schreib-für-schreib, wort-für-wort. verschiedene auszeichnungen und literaturpreise, einladungen zu schreibwerkstätten. buchveröffentlichung: Das Blatt mit den Lösungen. Erzählungen und Gedichte (Verlag A. Weger 2020).<BR /><BR /><BR /><b>Was haben Sie studiert:</b> germanistik (und studiere es noch)<BR /><BR /><BR /><b>Wo haben Sie schon überall gelesen:</b> gelesen habe ich in: südtirol, österreich, der schweiz, deutschland<BR /><BR /><BR />* Die Autorin möchte, dass ihr Schreibstil – die Kleinschreibung – auch bei der Beantwortung dieser Fragen beibehalten wird. <BR /><BR /><BR /><BR /><BR />