Die 56 Jahre alte Autorin zeichne „mittels Verdichtung der Poesie und Sachlichkeit der Prosa Landschaften der Heimatlosigkeit“, erklärte die Akademie. Herta Müller ist im rumänischen Teil des Banats geboren und verarbeitet in ihren Werke ihre Erlebnisse von Fremdheit und politischer Verfolgung.Müller ist die zwölfte Frau mit dem Literatur-Nobelpreis. Mit ihr wurde zum 13. Mal ein Vertreter der deutschsprachigen Literatur gewürdigt. Günter Grass erhielt den Preis vor genau zehn Jahren, die Österreicherin Elfriede Jelinek im Jahr 2004. Der Nobelpreis wird am 10. Dezember in Stockholm vergeben.Herta Müller zeichne „mittels Verdichtung der Poesie und Sachlichkeit der Prosa Landschaften der Heimatlosigkeit“, hieß es in einer ersten Begründung der Schwedischen Akademie. Müller war in den vergangenen Tagen in den Buchmacher-Rankings immer höher hinaufgerückt und war bei Ladbrokes zuletzt gemeinsam mit dem Israeli Amos Oz als Top-Favoritin gehandelt worden. Ähnlich auffällige Quoten-Bewegungen zugunsten der späteren Sieger waren schon in den beiden vergangenen Jahren registriert worden. Lebenswerk zeugt von schmerzhaften ErinnerungenDie diesjährige Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller ist eine „Chronistin des Alltagslebens in der Diktatur“, die ihre Kindheit in Rumänien als Schule der Angst durchlebt hat und davon in ihren Werken beredet und bedrückend Zeugnis ablegt. Seit Anfang der 90er Jahre und der Übersetzung ihrer Werke in mehr als 20 Sprachen gehört Müller mit Büchern wie „Der Fuchs war damals schon ein Jäger“, „Herztier“ und „Heute wäre ich mir lieber nicht begegnet“ zu den wichtigen Autoren im internationalen Literaturbetrieb.Das Lebenswerk der 56-Jährigen Autorin zeugt von schmerzhaften Erinnerungen an eine düstere Vergangenheit unter dem Ceausescu-Regime, dem die Autorin erst 1987 entkommen konnte, als sie zusammen mit ihrem damaligen Mann Richard Wagner die Ausreise beantragte und nach Deutschland ausreiste.Herta Müller wurde am 17. August 1953 in Nitzkydorf im Kreis Temeschwar im Banat in Rumänien geboren. Nach den Eingriffen der Zensur in ihr erstes Buch und wiederholten Verhören und Hausdurchsuchungen verließ Müller 1987 schließlich ihre Heimat und siedelte in das damalige West-Berlin über. Schon 1984 war im Westen ihr Erzählband „Niederungen“ erschienen.Der später folgende Prosaband „Reisende auf einem Bein“ entstand 1989 bereits in West-Berlin und spiegelt das Fremdsein in der neuen Heimat wider. Der Alltag in einem totalitären System ist Thema ihres Romans „Der Fuchs war damals schon der Jäger“ (1992). „Herztier“ (1994) beschreibt das Leben der Oppositionellen in Rumänien. 2003 veröffentlichte sie (im Hanser Verlag) einen Essay-Band mit dem Titel „Der König verneigt sich und tötet“ und 2005 die Text-Bild-Collagen „Die blassen Herren mit den Mokkatassen“. Gegenwärtig arbeitet sie an der Fertigstellung eines autobiografischen Textes des 2006 gestorbenen Büchner-Preisträgers und Landsmannes Oskar Pastior mit dem Arbeitstitel „Atemschaukel“ mit Erinnerungen an dem Alltag in sowjetischen Arbeitslagern, an dem die beiden Autoren gemeinsam gearbeitet hatten.Müller erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Kleist-Preis, den Joseph-Breitbach-Preis, den Würth-Preis für Europäische Literatur und 2006 den Walter-Hasenclever-Literaturpreis. Seit 1995 ist Herta Müller Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Mit ihrem aktuellen Roman „Atemschaukel“ steht sie auch auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises, der in der kommenden Woche bei der Frankfurter Buchmesser verliehen wird.dpa/apa