Und wenn Sie vor Kurzem beim ersten Poetry Slam im Südtiroler Landtag mit dabei waren, dann haben auch Sie Ihren Stimmzettel in die originale Wahlurne des Südtiroler Landtages eingeworfen und Sie haben mitbekommen, dass das Interesse der Südtiroler und Südtirolerinnen am gesprochenen politischen Wort glaubwürdig groß ist. Ein Gespräch mit den Siegern des politischen Poetry Slams...<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1171410_image" /></div> <BR /><BR />Über das Interesse an Politik, über das Zur-Sprache-Bringen von politischen Themen und über die Erinnerung an einen Abend voller politischer Poesie habe ich mit <Fett>Olivia Kaufmann</Fett> und <Fett>Andreas Kofler</Fett> gesprochen – als Team nennen sie sich <Fett>OlliAnder</Fett> und als OlliAnder haben sie den Poetry Slam im Südtiroler Landtag gewonnen. Ich kenne die beiden seit ca. eineinhalb Jahren, wir treffen uns auf Poetry Slams und duzen uns.<BR /><BR /><BR /><b>Lene Morgenstern: Euer Text beginnt mit der Frage, was ihr seht. Lasst uns das Gespräch mit eben dieser Frage beginnen. Was siehst du, Olivia? Was siehst du, Andreas?</b><BR />Olivia Kaufmann: Ich sehe Missstände: Homophobie, Sexismus, Konsumismus, Rassismus. Ich sehe den alten Konflikt „Italiener oder Deutsche“. Im sonnigen Märchenland Südtirol sehe ich Stereotype.<BR />Andreas Kofler: Ich sehe dolore. Ich sehe Traumata. Überall, wo ich hinschaue, sehe ich Unterdrückung und Ausgrenzung, die so tief in unseren Körpern verwurzelt ist, dass wir sie für normal halten. Aber das ist nicht normal. Wir sind so aufgewachsen. Ich sehe Abwertung und Verachtung gegenüber Menschen, die nicht so sind, wie man sich einen „richtigen Südtiroler“ oder eine „richtige Südtirolerin“ vorstellt. Ich sehe Südtiroler und Südtirolerinnen, die italienischsprachig sind. Ich sehe Südtiroler und Südtirolerinnen, die schwul sind, lesbisch, schwarz, behindert.<BR /><BR /><BR />Kaufmann: Ich sehe die Chance, etwas zu sagen! Wie wäre es mal mit Kollektivtherapie?<BR /><BR /><BR /><b>In eurem Text geht es um die angesprochene Kollektivtherapie. Wie ist dieser Text entstanden?</b><BR />Kofler: Ich wollte möglichst viele Diskriminierungsformen im Text haben, um hervorzuheben, dass Menschen in mannigfachen Bereichen benachteiligt werden. Dann kam die Idee mit dem Laken…<BR />Kaufmann: Andreas hatte diese mindblowing Idee mit dem Laken. Das Laken ist eine Metapher. Es steht für die Gesellschaft.<BR />Kofler: Das weiße Laken ist ganz dreckig und fleckig von rassistischen Gedanken, von homophoben Kommentaren, von sexistischen Blicken und von sprachlichen Hierarchien. Olivia hatte die Idee, mit spezifischen Farben zu spielen, um die diversen Unterdrückungsformen greifbarer zu machen. <BR /><BR /><BR />Kaufmann: Die Flecken stehen für die diversen Missstände. Es braucht ein gutes Waschmittel und eine gute Kollektivtherapie, um die Flecken aus dem Laken herauszuwaschen.<BR />Kofler: Es reicht nicht, wenn “nur“ die betroffenen Personen an sich arbeiten. Diese Probleme, die die betroffenen Menschen haben, werden von einem Umfeld verursacht.<BR /><BR /><BR /><b>Morgenstern: In eurer Textperformance kommt eure Vision zur Sprache. (Was) kann Sprache zu einer gerechteren Welt beitragen?</b><BR />Kofler: Mit Sprache bauen wir uns ein Bild von der Welt. Mit ihr geben wir uns die Bedeutung von Dingen. Durch Sprache können wir Veränderung bewirken. Sprache ist der Spiegel unserer Gesellschaft.<BR /><BR /><BR /><b>Morgenstern: Wann ist das Team OlliAnder entstanden?</b><BR />Kaufmann: Andreas und ich haben uns bei der Musikkapelle kennengelernt, ich spiele Klarinette, er spielt Posaune. Freunde sind wird erst später geworden – durch den Poetry Slam. In den letzten beiden Jahren haben wir getrennt erste Bühnenerfahrung gesammelt. Dabei haben wir uns unterstützt. Seit ca. einem halben Jahr schreiben wir auch Teamtexte.<BR /><BR /><BR />Kofler: Wir teilen Zahnpasta und Traumata und machen daraus Kunst.<BR /><BR /><BR /><b>Morgenstern: Was nehmt ihr vom gemeinsamen Auftritt beim Poetry Slam im Südtiroler Landtag mit?</b><BR />Kaufmann und Kofler: Ganz viel Inspiration. Liebe. Austausch. Den Sieg. Den Eindruck, dass alles politisch ist.<BR /><h3> Zu „OlliAnder“</h3> So nennen sich Olivia Kaufmann, Vize-Landesmeisterin 2024 aus Deutschnofen und Andreas Kofler, WAAG Slam Sieger im Juni 2024 aus Deutschnofen. Sie slammen seit 2 Jahren. Seit Weihnachten 2024 slammen sie auch als Team. Mitte April 2025 haben sie Südtirols ersten GLAM Slam gewonnen und jetzt den Slam zum Europatag.