Als seine Beauftragung 2013 bekannt wurde, haben wir ein Gespräch mit dem Musikgeschichteprofessor und Journalisten geführt und ihn u.a. gefragt, wohin er das Haydn Orchester steuern möchte: „Ich möchte, dass es mit einem bestimmten Repertoire in Verbindung gebracht wird. Und wenn dieses gefragt ist, dass man dann automatisch sagt: Dafür holen wir uns das Haydn Orchester. Der Klangkörper soll zwar hier in der Region spielen, muss aber auch im Ausland auftreten“, sagte er damals. Sein Vorhaben scheint gelungen.<BR /><BR /><BR /><b>Was haben Sie am Haydn Orchester am meisten geschätzt?</b><BR />Daniele Spini. Die Flexibilität des Orchesters und seine Fähigkeit, mit Leichtigkeit von einem Repertoire zum andern wechseln ist wirklich bewundernswert. Die Musiker spielen mit viel Lust und Enthusiasmus, mit dem Ziel immer einen sehr hohen Qualitätsstandard zu erreichen. <BR /><BR /><BR /><b>Was haben diese letzten 2 Jahre für Ihre künstlerische Leitung bedeutet?</b><BR />Spini: Es war schön mit anzuschauen, dass wir die Früchte der gemeinsamen Arbeit der letzten Jahre ernten durften. Das Orchester hat sich bis zur Pandemie in seiner Qualität enorm weiterentwickelt und die schwierigen Umstände der letzten Jahre haben diesen Weg nicht aufgehalten. Die Konzertaufnahmen in den nationalen und lokalen Radiosendern stellen das eindrucksvoll unter Beweis. Damit haben wir gemeinsam die Pandemie absolut gemeistert.<BR /><BR /><BR /><b>Was ist Ihre schönste Erinnerung an diese Zeit?</b><BR />Spini: Alles (lacht). Alles war schön, wirklich. Besonders wertvoll war die Internationalisierung des Orchesters mitansehen zu können. Mittlerweile ist das Orchester auf den großen europäischen Bühnen zu hören und hat in den größten und weltweiten besten Konzertsälen in Japan gespielt. Das Begleiten des Orchesters ins Hineinwachsen in diese internationale Dimension ist tatsächlich eine schöne Erinnerung.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="674723_image" /></div> <BR /><BR /><b>Termin:</b> Heute um 20.30 Uhr dirigiert der renommierte Konzertdirigent Juraj Valcuha im Stadttheater von Bozen ein Tschaikowsky-Programm. Sein Capriccio Italien inspiriert sich an italienischer Volksmusik, während die Sinfonie Nr. 5 als Seelendrama mit effektvollem Finale die impulsreichen Jahre von Daniele Spini feiert.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="674726_image" /></div> <BR /><BR />Antrittsinterview 2013<BR /><BR />„Noch hinkt die Ente“ betitelte die „Dolomiten“ am 1. März 2013 das Interview mit dem Musikgeschichteprofessor und Journalisten Daniele Spini, als er zum künstlerischen Leiter des Haydn Ochesters ernannt worden war. <BR /><BR /><BR /><b>Sie sind derzeit Professor am Konservatorium „Girolamo Frescobaldi“ in Ferrara. Warum haben Sie sich als künstlerischer Planer für das Haydn Orchester beworben?</b><BR />Daniele Spini: Ich bin ein „unterschiedlich“ junger Herr (lacht) und glaube, dass meine Karriere nicht zu Ende ist, aber komplett. Als ich gehört habe, dass sich in der Geschichte des Haydn Orchesters ein neues Kapitel öffnen sollte, habe ich mich beworben. Grundsätzlich muss ich zugeben, dass ich in meiner Funktion als Promotor das Orchesterleben immer mehr als all den Rest geliebt habe. Die acht Jahre mit dem RAI-Orchester waren die schönsten meines Lebens. Außerdem mag ich Südtirol sehr. Das sind nicht nur leere Worte. Vielleicht wissen Sie, dass ich der Sohn des Historikers Giorgio Spini bin. Mein Vater hat mir bei unseren Ferienaufenthalten in Südtirol beigebracht, was kulturelle Unterschiede ausmachen, aus welchen Gründen Konflikte entstehen und wie man sie überwinden kann.<BR /><BR /><BR /><b>Haben Sie sich bereits mit dem Orchester getroffen? Kennen Sie den Klangkörper?</b><BR />Spini: Wir werden uns nächste Woche treffen. Natürlich kenne ich das Orchester, und ich muss Ihnen verraten, dass mir schon viele Menschen zu meiner neuen Aufgabe gratuliert haben. Alle meinten: „Du bekommst ein wunderschönes Orchester.“ Das Haydn Orchester ist in Italien in seiner Größe – und da rede ich nicht von Zahlen – wahrscheinlich die Nummer 1.<BR /><BR /><BR /><b>Maestro Gustav Kuhn hat das Orchester in den vergangenen zehn Jahren als künstlerischer Leiter geleitet. Kennen Sie Ihn persönlich, seine musikalische Ausrichtung?</b><BR />Spini: Ich war einer seiner ersten Rezensenten. Er war damals 30 Jahre alt. Francesco Siciliani, der künstlerische Leiter der Sagra Umbra, ließ ihn ein Händeloratorium dirigieren. Schon damals habe ich in ihm großes Potenzial erkannt. Später habe ich ihn als Musikkritiker in Neapel häufig erlebt. Er war auch Gastdirigent im RAI-Orchester. Ich will hier aber klarstellen, dass ich nicht sein Nachfolger bin.<BR /><BR /><BR /><b>Sie werden für die künstlerische Planung verantwortlich zeichnen. Was wollen Sie ändern?</b><BR />Spini: Programmatisch versuche ich, immer wenn ich eine neue Aufgabe übernehme, so wenig als möglich zu verändern. Vielleicht kann ich es mit einer Metapher erklären: Wenn zwei Schauspieler dasselbe Gedicht vorlesen, dann wirkt das Gedicht sehr unterschiedlich. Ich glaube, man kann Namen nicht so einfach austauschen. Alles baut auf Figuren auf. In diesem Augenblick hinkt die Ente, weil nur ich da bin. Bald wird man den anderen Fuß erschaffen müssen, nämlich einen musikalischen Leiter einsetzen. <BR /><BR /><BR /><b>Wohin wollen Sie das Orchester steuern?</b><BR />Spini: Qualität steht im Vordergrund, um banal zu antworten. Gehen wir von der Tatsache aus, dass ein Orchester alles spielen muss. Ich möchte aber, dass es mit einem bestimmten Repertoire in Verbindung gebracht wird. Und wenn dieses gefragt ist, dass man dann automatisch sagt: „Dafür holen wir uns das Haydn Orchester“. Der Klangkörper soll zwar hier in der Region spielen, muss aber auch im Ausland auftreten.<BR /><BR /><BR /><b>Haben Sie da schon ein bestimmtes Land im Visier?</b><BR />Spini: Nahe liegend ist der deutschsprachige Kulturkreis.<BR /><BR /><BR /><b>Sie treten heute Ihr Amt an. Ihr Vertrag läuft in 2,5 Jahren ab. Ist es nicht schwierig, in so kurzer Zeit dem Orchester den eigenen Stempel aufzudrücken?</b><BR />Spini: Üblicherweise werden künstlerische Leiter oder Planer meist für drei Jahre engagiert und meist wird ihr Vertrag noch einmal für weitere drei Jahre verlängert. Natürlich hört meine Programmarbeit nicht mit dem 31. August 2015 auf.<BR /><BR /><BR /><b>Sie haben den Vergleich mit der Ente, die hinkt, gemacht, die jetzt einen zweiten Fuß in Form eines Dirigenten braucht. Haben Sie schon einen Namen im Kopf?</b><BR />Spini: Im Kopf habe ich viele Namen. Man muss nun überprüfen, wer schon mit dem Haydn Orchester gearbeitet hat, und wer in den nächsten Monaten Zeit hat. Persönlich finde ich, dass ein relativ junger Dirigent zusammen mit dem Orchester wachsen könnte. <BR /><BR /><BR /><b>Und Gastdirigenten?</b><BR />Spini: Jene, mit denen das Orchester schon gut zusammengearbeitet hat, sollten unbedingt wiederkommen. Zudem gibt es viele renommierte Dirigenten, mit denen ich gearbeitet habe in meiner Zeit als Leiter des RAI-Orchesters. Diese Kontakte werde ich nutzen. <BR /><BR /><BR /><b>Sie waren mehrere Jahre Vizepräsident des „Centro Tempo Reale“ von Florenz, ein Institut, das sich der Erforschung des Zusammenwirkens von Musik und neuen Technologien verschrieben hat. Lässt das erahnen, dass Sie einen besonderen Zugang zur zeitgenössischen Musik haben?</b><BR />Spini: Man muss die zeitgenössische Musik dem Publikum mit Mut und gleichzeitig mit Vorsicht präsentieren. Wenn das gut vorbereitet wird, dann hat dieser Vorschlag auch Erfolg. <BR /><BR /><BR /><b>Wie wichtig sind die Klassik und die Romantik für Sie?</b><BR />Spini: Natürlich sehr wichtig. Wenn wir an die Werke aus der Mitte des 19. Jahrhunderts denken, dann ist das die Musik, die dem Orchester auf Maß zugeschneidert ist. Das sollte der „Bolzen“ bleiben, um den die Programmierung gedreht wird. <BR /><BR /><BR /><b>2006 waren Sie mit dem RAI-Orchester bei den Salzburger Festspielen. Wie wichtig war für Sie dieses Erlebnis?</b><BR />Spini: Mit Salzburg verbinde ich große Emotionen. Damals haben wir von Hans Werner Henze „Gogo No Eiko“ aufgeführt. Die Wahl war richtig, denn ein italienisches Orchester wird in Salzburg niemals Mozart spielen dürfen.<BR /><BR /><BR /><b>Werden Sie heuer im Jubiläumsjahr noch Wagner ins Programm aufnehmen?</b><BR />Spini: Ich hoffe es sehr. Es würde mich persönlich traurig stimmen, zu sterben, ohne eine Visitenkarte im Hause Wagner oder Verdi, dem zweiten Jubilar heuer, zurückgelassen zu haben.<BR /><BR /><BR /><b>Wird es sehr schwierig für Sie in so kurzer Zeitz, d.h. bis zum Herbst, das Programm aufzustellen.</b><BR />Spini: Es bleibt wenig Zeit. Doch Bozen ist der Sitz eines der wichtigsten Wettbewerbe weltweit, dem Busoni-Klavierbewerb. Diese Wettbewerbe sind die Kreuzungen zur Welt. Ich glaube, die Interaktion mit den Institutionen hier wird sehr wichtig sein für meine Arbeit. Denn alleine lebt man nicht. Alleine stirbt man nur.<BR /><BR />Interview: Eva Bernhard<BR /><BR /><BR /><b>Biografie</b><BR /><BR /><BR />Professor Daniele Spini wurde 1951 geboren, ist Florentiner und Journalist, lehrt am Konservatorium „Girolamo Frescobaldi“ von Ferrara Musikgeschichte. Er hat mit der Tageszeitung „La Nazione“ in Florenz von 1973 bis 1996 zusammengearbeitet und war von 1985 bis 1998 Musikkritiker des „Il Mattino“ in Neapel. Von 1993 bis 2006 bekleidete er die Rolle des Vizepräsidenten des „Centro Tempo Reale“ von Florenz, das von Luciano Berio gegründete Institut, das sich der Erforschung des Zusammenwirkens von Musik und neuen Technologien verschrieben hat. Von 1999 bis 2006 war er künstlerischer Leiter des RAI-Symphonieorchesters , mit dem er zahlreiche Erfolge feierte. <BR /><BR />2005 bekam er u.a. den „Premio Abbiati“ für die zeitgenössischen Musikplattform „RAI NuovaMusica“ und 2006 folgte die Teilnahme an den Salzburger Festspielen. Von 2008 bis 2010 war er künstlerischer Leiter im Bereich Musik, Oper und Tanz des „Teatro Nuovo“ von Udine. Er ist Autor einer reichen Bibliografie an Aufsätzen und Artikeln für bedeutende Zeitschriften und hat für „Mondadori“ die „Opere di Wagner“ von Ernest Newmann ins Italienische übersetzt. Die wichtigsten italienischen Musikinstitutionen beauftragten ihn mit der Erstellung von Begleittexten und Vorträgen bei Konferenzen. Er hat zahlreiche Libretti ins Italienische übersetzt und ist häufig Gast in Radio- und Fernsehprogrammen der RAI.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />