Philipp Burger scharrt nach seinem Solo-Ausflug schon wieder in den Frei.Wild-Hufen. Aber vorerst zieht die Band sich zurück. Warum? Das und vieles mehr hat uns Philipp Burger im Interview erzählt.<BR /><BR /><b>Ist die künstlerische Midlife-Crisis überwunden?</b><BR />Philipp Burger: Midlife-Crisis? Wenn wir diese hatten, dann höchstens mal kurz mit 30 (lacht). Aber doch nicht jetzt, wo alles so viel entspannter, aber dennoch geiler ist als damals – jetzt, da die Kater größer, manche Geheimratsecken auffälliger und das wilde Leben ruhiger geworden ist. Das hat uns zu denken gegeben. Jetzt ist die beste Zeit. Zegga (Jochen Gargitter, Anm. d. Red.), der älteste im Frei.Wild-Bunde, meint immer mal wieder „Kein Jahr zurück, es ist alles gut wie es ist“. Und da gebe ich ihm recht.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1074786_image" /></div> <BR /><b>Was waren die bewegendsten Augenblicke der vergangenen Solo-Jahre?</b><BR />Burger: Wie immer sind es die glücklichen Augen, die Song für Song immer textsicheren Chöre und der gemeinsame Spaß auf der Bühne. Kurz: mit Musik Menschen begeistern. Der bewegendste Moment war sicher das erste Solo-Konzert in Löbau, bei dem ich echt höllische Angst hatte auf die Bühne zu gehen. Und ich meine echt höllische Angst. Nicht wegen der neuen Band Kurt, Mattia oder Alex. Die haben mehr geübt als ich, na, ja außer Kurt vielleicht (lacht)... Auch nicht, weil Föhre (Christian Forer, Anm. d. Red.), Jonas (Jonas Notdurfter, Anm. d. Red.) und Zegga fehlten. Es war einfach diese große Unsicherheit mit Tausenden Fragezeichen, wie das alles werden würde, mit meinen Live-Solosongs. Und es wurde wunderbar.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1074789_image" /></div> <BR /><BR /><b>Zu den Soloprojekten gehört auch die Autobiografie „Freiheit mit Narben“, in der Sie mit entwaffnender Ehrlichkeit quasi ihr Leben inklusive Fehltritte offenbart. Würden Sie das heute so wieder so machen?</b><BR />Burger: Genau gleich. Mit denselben Menschen an meiner Seite, mit derselben Selbstkritik und Erkenntnis, mit derselben Sprache und demselben Einsatz drumrum. Hey, ich habe einen Spiegel-Bestseller geschrieben, das erzählt auch viel über die Absatzzahlen. Ich sage das, weil die Menschen an meiner Geschichte, an dem Menschen hinter den Frei.Wild-Songs, an meinen Irr- und Auswegen interessiert sind und mir Tausende von Dankesworten geschickt haben. Sie fanden in diesem Buch Spannung und Unterhaltung, vor allem aber Kraft und Lebenslust. Darum: Ja, ich würde es noch mal machen, genau so.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1074792_image" /></div> <BR /><BR /><b>Sind die Kritiker weniger oder leiser geworden?</b><BR />Burger: Viele Journalisten sind leiser geworden. Andere, ich meine die große woke und sehr übergriffige „Regenbogen“-Bubbles, die hinter jeder unserer Zeilen Schlimmes vermuten und immer mit irgendwem im Krieg zu stehen scheinen, konnte auch das Buch nicht überzeugen. Vermutlich hätte es dies vermocht, wenn sie sich darauf eingelassen hätten, was sie aber offensichtlich nicht getan haben. Egal, mit 43 erkenne ich den Wert, umstritten zu sein, noch höher an als zuvor. In einer Welt, über die ich oft nur den Kopf schütteln kann, möchte ich nicht zu den Belanglosen gehören. <BR /><BR /><BR /><b>Was haben Sie sich von „Freiheit mit Narben“ eigentlich erwartet? Die Entschuldigung der Kritiker?</b><BR />Burger: Nein, ich kenne deren Gangart. Ich wollte mich selbst verarbeiten, Dinge mit mir klar bekommen, erkennen, dass jeder Tat ein Schatten oder ein Licht folgt. Diesen Filter habe ich ganz bestimmt dazu gewonnen. Und das wichtigste, ich wollte mir Lebenszeit ersparen, mit Antworten, die im Buch stehen und die ich nun allesamt nicht mehr klären muss.<BR /><BR /><BR /><b>Standen Ihre Bandkollegen immer hinter Ihrem Alleingang oder sind sie langsam ungeduldig geworden?</b><BR />Burger: Eher andersrum (lacht). Wir hatten einen Zeitplan vereinbart und der wurde eingehalten, in allem. Zudem kommt das Buch ja allen zugute. Ich meine damit, dass ich irgendwie immer mit den Frei.Wild-Hufen scharre, und dieses Scharren ist mittlerweile echt laut geworden, zumal ich nicht von sonderlicher Geduld geprägt bin. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1074795_image" /></div> <BR /><BR /><b>Sie haben ihren Fans versprochen, dass über Ihrem „Kopf über sehr lange Strecken nur noch eine Flagge weht“. Und zwar die des Frei.Wild-Geweihs. Was ist geplant? <BR /></b>Burger: Geplant ist, dass wir dem Frei.Wild-Kosmos nach außen mindestens für 12 Monate Luft zum Atmen geben. Wie gesagt, dem Kosmos, nicht uns selbst, wir haben ein Konzept für ein neues Album, haben eine neue Booking-Agentur, die enorme Stärken hat, wir schmieden Pläne für die Zeit nach dem kommenden Jahr. Wird wissen nach fast 25 Jahren in derselben Besetzung, dass jetzt der beste Moment ist, das alles in Angriff zu nehmen. Und dafür brauchen wir vor allem eines, keine Ablenkung durch Shows und Konzerte. Ich möchte die übrige Zeit auch zum Schreiben neuer Songs nutzen, ohne diese Leidenschaft geht es nicht. Und in einem weiteren Buch das verarbeiten, was ein wichtiger Frei.Wild-Song schon ansingt: „Dafür sind Freunde da“. Diesem Gedanken möchte ich auf den Grund gehen und mich fragen: Was ist Freundschaft? Was bedeutet sie für mich? <BR /><BR /><BR /><b>Und wann ist Frei.Wild wieder live zu sehen?</b><BR />Burger: Dann, wenn wir alles unter Dach und Fach haben, wenn die Eisen heiß und die Zeit reif ist, mehr kann ich dazu noch nicht sagen. Fakt ist, wir haben tierisch Bock auf diese Ära in Richtung 30-jähriges Bandjubiläum. Dann nämlich wissen wir eines noch besser als vorher: Dass wir nicht nur jeweils eine Frau geheiratet haben, sondern eine weitere Ehe eingegangen sind, die mit dieser Band mit dem Geweih.