Franco (eigentlich Francesco) D’Andrea, 1941 geboren, ist in Meran aufgewachsen und hat hier den Jazz als seine ureigene Musik entdeckt. Im Interview mit Jutta Telser erinnert sich der europäische Jazzmusiker des Jahres an seine Meraner Jugendjahre. Dass Franco D’Andrea, der wohl beste Jazzpianist Italiens, doch noch im Alter von 13 Jahren zur Musik kam, ist ebenso einzigartig wie die spätere Erfolgsgeschichte des Ausnahmemusikers.Franco D’Andrea: Ich weiß es noch, als ob es heute wäre. Ein Schlechtwettereinbruch hatte meinen Freund und mich gezwungen unsere geplante Radtour abzubrechen und den Tag im Haus zu verbringen. Als wir eine Platte von Louis Armstrong entdeckten, war ich wie vom Blitz getroffen. Solche Musik hatte ich noch nie gehört, sie bewegte mich tief, war voller Freude und Energie. Diese Musik war die Freiheit.Südtirol Online: Und darauf haben Sie beschlossen, Klavierunterricht zu nehmen, wie ihre Mutter schon so lange Zeit gehofft hatte?D’Andrea: Ich habe in meinem Leben nur zwei Stunden Klarinettenunterricht genommen, ich glaube, ich bin kein guter Schüler. Ich habe die Instrumente gelernt, weil ich diese Musik spielen wollte, habe nicht an die Technik gedacht, ich wollte einfach nur spielen. Ich habe mir alles selbst beigebracht, konnte keine Noten lesen und hab‘ einfach die Musik nachgespielt. Nur drei Jahre nach meinem Armstrong-Erlebnis habe ich auf dem Kornett gespielt, dann auf der Trompete und schließlich auf der Klarinette. Die Leidenschaft für diese Musik hat mich getrieben.STOL: Wie kam es dann, dass Sie heute als bester Jazzpianist Italiens gelten? Warum sind Sie schließlich doch zum Klavier gekommen?D’Andrea: Das Klavier hatte mir nie gefallen. Es schien mir kalt, technisch. Allerdings hatte ich mich mit der Zeit auch für den modernen Jazz begeistert, der sehr viel komplexere Harmonien erfordert wie der traditionelle Jazz. Um diese neue Musik nachzuspielen, war ich wohl oder übel gezwungen, mich ans Klavier zu setzen – und hier sitze ich noch heute.STOL: Sie haben mit den ganz großen Jazzkünstlern wie Johnny Griffin, Lee Konitz, Steve Lacy, Max Poach und Dave Liebmann zusammengespielt, haben mehr als 200 Platten eingespielt, sind mehrmals zum besten italienischen Jazzmusiker gekürt worden und dieses Jahr hat Sie die französische Académie du Jazz zum europäischen Jazzmusiker des Jahres gekürt. Was hat diese Würdigung für Sie bedeutet?D’Andrea: Ich bin sehr dankbar, dass ich das Glück hatte, in meinem Leben das machen zu dürfen, was meiner wahren Leidenschaft entspricht. Die Auszeichnung der Académie du Jazz hat mich besonders geehrt, da Paris bekanntlich eine historisch enge Beziehung zum Jazz hat und dieser in Frankreich sehr populär ist.Bereits in den 1930er Jahren waren die ersten schwarzen Musiker aus den USA nach Paris gekommen und hatten diesen ganz neuen Rhythmus mitgebracht. Die Franzosen waren immer klug, gastfreundlich und offen genug, um ausländische Künstler aufzunehmen und zu fördern. Wo wären ein Picasso, ein Strawinsky, wenn sie in Paris nicht Förderer für ihre Kunst gefunden hätten? Auch freut es mich, dass ich die Auszeichnung nicht für ein einziges besonderes Projekt, sondern für mein Lebenswerk bekommen habe – und das aus den Händen jener Académie, die Jean Cocteau zu ihren Gründungsmitgliedern zählt!STOL: Mit welchen musikalischen Projekten beschäftigen Sie sich in diesem Jahr?D’Andrea: Besonders freue ich mich über meine nächste Tournee vom 9. bis zum 14. März, bei der ich mit einem Quartett und einem Trio auftreten werde. Auch der große amerikanische Startrompeter Dave Douglas wird dabei sein. Die Konzertreihe soll meinem 70. Geburtstag gewidmet sein und wird sicher spannend. Am 14. März spielen wir im „Auditorium di Santa Maria“ in Trient.STOL: Dann wünschen wir viel Erfolg und alles Beste zu Ihrem 70. Geburtstag am 8. März!Interview: Jutta Telser