Aber auch „Klassisches“ aus dem 20. Jahrhundert erwartet das Publikum, wenn der 1983 geborene und von Leif Segerstam und Gianandrea Noseda ausgebildete Daniele Rustioni das Haydn Orchester im Konzerthaus Bozen leiten wird. Auf dem Programm stehen das Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 in g-Moll, op. 63 von Sergej Prokofiev und die Symphonie in C von Igor Strawinsky.Solist ist Sergej Krylov (Violine).Südtirol Online: Wie vertont man die Krise?Manuela Kerer: Eine Krise ist geprägt von Auf- und Abschwüngen, was in der Musik relativ einfach darzustellen ist, beispielsweise mit chromatischen oder anders skalierten Aufwärts- und Abwärtsbewegungen oder mit dynamischen Entwicklungen. Was mich darüber hinaus aber besonders an der Vertonung einer Krise interessiert hat, ist die Tatsache, dass innerhalb verschiedener Phasen wahnsinnig viel Spannendes passiert, die Entwicklung ist nämlich meist alles andere als linear. Es kommt zu äußerst interessanten Überlagerungen, Vermischungen, Aufhebungen und Befruchtungen. Die Musik hat sich irgendwann in meinem Kopf und am Papier quasi verselbständigt und sich vom chronologischen Gedanken der Umsetzung verabschiedet. Außerdem habe ich einige Börsenkurven als grafische Notationen eingesetzt, beispielsweise zur Anweisung der Art des Vibratos.STOL: Sie sagen, der Begriff Krise hat viele Gesichter. Welches Gesicht zeigt Manuela Kerer in Ihrer Komposition?Kerer: Mit Sicherheit ein positives, da dies grundsätzlich meinem Naturell entspricht und da auch eine Krise ihre gute Seiten hat. Sie kann „neue Ufer“ weisen bzw. längst fällige Änderungen herbeiführen oder Menschen dazu bringen, aktiv über gewisse Situationen nachzudenken. Ich will und kann neben den negativen Aspekten einer Krise auch etwas sehr Gutes und Menschliches in ihr sehen: Die Hoffnung. Um dies besonders hervor zu streichen, war es für mich aber ebenso wichtig, alle anderen, auch negativen Gesichter der Krise musikalisch ideell zu integrieren.STOL: Ihr Werk „Zyklus einer Krise“ ist eine Auftragsarbeit für das Haydn Orchester. Ist das Ihre erste Zusammenarbeit mit dem Orchester?Kerer: Ja, es ist meine erste Zusammenarbeit, und es ist für mich eine schöne Erfahrung, mit diesem Klangkörper zu arbeiten! Sollte sich in Zukunft eine weitere Zusammenarbeit ergeben, würde mich das freuen.STOL: Ihr Werk wird am Dienstag im Konzerthaus von Bozen aufgeführt und am 1. Februar im Auditorium von trient und am 2. Februar in der Reihe „Musik Meran“ im Kursaal von Meran. Sind weitere Konzerte geplant?Kerer: Ich habe dieses Werk extra und speziell für die Uraufführung und Folgeaufführungen durch das Haydn Orchester geschrieben. Nach eingehenden Überlegungen habe ich mich dazu entschieden, ein relativ konventionelles Instrumentarium einzusetzen, weshalb es ohne weiteres möglich wäre, das Stück nach Wien, Mailand oder Berlin zu exportieren. Insofern hoffe ich sehr, dass das Stück weitere Aufführungen erfahren wird. Das Thema scheint ja auch in Zukunft brisant zu bleiben.Interview: Eva BernhardLesen Sie am Dienstag im Kulturteil der Tageszeitung „Dolomiten“, was Manuela Kerer weiters zu ihrem Werk zu sagen hat.