Ovationen galten Eva-Maria Westbroek, die als Sieglinde alles überstrahlte. Auch Linda Watson als Brünnhilde und Albert Dohmen als Wotan wurden mit Beifall überschüttet. Und ein wahrer Begeisterungssturm fegte durchs Haus, als Dirigent Christian Thielemann nach knapp vierstündiger Spieldauer vor den Vorhang trat.Mit dem exzellent aufgestellten Festspielorchester spannte er einen weiten Bogen von aufbrausender Dynamik bis zu akribischer Feinarbeit an den Wagner’schen Motiven. Thielemanns Interpretation schafft intensive Momente, bleibt dabei stets aufs Genaueste ausbalanciert und fügt sich zu einem harmonischen, klangschönen Gesamtbild.Eine berückend schön anzuhörende Sieglinde gab die niederländische Sopranistin Eva-Maria Westbroek. Ihre Stimme fließt frei und offen dahin, auch in der Genauigkeit der Artikulation hat sie gegenüber dem vergangenen Jahr zugelegt. Leider kann ihr der brüderliche Liebhaber Siegmund auch nicht annähernd das Wasser reichen: Endrik Wottrichs Tenor klingt angestrengt und einförmig, zudem agiert Wottrich ausgesprochen hölzern. Dem Ex-Freund von Festspielchefin Katharina Wagner sind die Festspiel-Schuhe gegenwärtig einfach eine Nummer zu groß.Dass die inzestuös liebenden Geschwister „süßeste Wonne“ erleben wollen, nimmt man ihnen angesichts ihrer steifen, von täppischen Umarmungen begleiteten Annäherungsversuche nicht ab. Hier macht sich das Fehlen jeglicher Personenregie in Tankred Dorsts braver Inszenierung des zweiten Teil des „Ring des Nibelungen“ aus dem Jahr 2006, die die Handlung lediglich bebildert, schmerzlich bemerkbar. In den raumfüllenden Bühnenbildern - eine Waldlichtung, ein Steinbruch - wirken die Sänger oft verloren.So ist allein den exzellenten musikalischen Leistungen zu danken, dass es doch immer wieder zu berührenden Szenen kommt. Albert Dohmen und Linda Watson etwa gestalten die große Abschiedsszene, in der Wotan der ungehorsamen Tochter die Gottheit nimmt und sie auf den Felsen bannt, mit großer Intensität. Dohmen steigerte sich gegenüber dem „Rheingold“ deutlich und sang die große Partie des Götterchefs sicher und souverän bis zum Schluss. Linda Watson bestach als Brünnhilde durch hochdramatische Ausbrüche ebenso wie durch genaueste Pianissimo-Stellen. Viel Beifall gab es auch für Kwangchul Youn als drohend-finsteren Hunding, für Michelle Breedt als unerbittliche Fricka und für die acht fulminanten Walküren.Stephan Maurer/dpa