Seit dem Jahr 1983 wirkte Widmann beim Festival mit, das er in den vergangenen Jahren als Präsident leitete. „Dass Künstler aus allen Ländern so lange beisammen sind, ist europaweit einzigartig und hat großes Interesse in der Branche geweckt“, sagt er über eines der Erfolgsrezepte dieser Veranstaltung. <BR /><BR /><BR /><b>Sonntag waren die beiden letzten Konzerte Ihres letzten Festivals, wie fühlen Sie sich?</b><BR />Klaus Widmann: Einerseits stimmt es mich traurig, zu wissen, dass Sonntag ein großes Kapitel voll Freude, Spaß, Einsatz und schöner Erinnerungen zu Ende gegangen ist. Andererseits konnte ich mir keinen besseren Schluss für dieses Abenteuer wünschen. Bei wunderbarer Musik den Gästen unsere Bergwelt zeigen zu dürfen, war einzigartig. Ich genoss den Tag zusammen mit den Zuhörern und freute mich über das Festival. Es ist gewachsen und hat sich etabliert. Der ideale Schluss macht mir den Abschied einfacher, ich bin zufrieden.<BR /><BR /><b>Zurück zum Anfang, wann beginnt das Südtirol Jazz-Festival?</b><BR />Widmann: Die Gemeindevertreter Bozens wollten damals einen Kultursommer organisieren. Der Jazz-Experte Nicola Ciardi entwarf daraufhin einen Plan für das Festival und führte ein Probekonzert. Das Konzert schlug so gut ein, dass bereits ein Jahr später Geld zur Verfügung gestellt wurde und das erste Festival aufgezogen werden konnte. Ich kam dann 1983 dazu. Ich arbeitete sofort mit, brachte mich ein und sammelte Erfahrung. Nach einigen Jahren übernahm ich die Leitung. Mir war es immer wichtig, die Musik unter die Menschen zu bringen und veranstaltete nicht mehr allein in Bozen, sondern im ganzen Land Konzerte. <BR />In den letzten Jahren habe ich es mir dann leisten können, viel mit jungen, teilweise unbekannten Musikern zu arbeiten. Seitdem entwickelte sich unser Projekt immer weiter zu einem experimentier- und Laborfestival. Musiker können lange in Bozen blieben, sie können hier zusammenarbeiten, voneinander lernen und neue Stücke entwickeln. Dass Künstler aus allen Ländern so lange beisammen sind, ist europaweit einzigartig und hat großes Interesse in der Branche geweckt. <BR /><BR /><b>Wie wird es mit diesem Trend weitergehen?</b><BR />Widmann: Die Zukunft liegt in den Händen meiner Nachfolger. Ich habe sie „großgezogen“ und vertraue ihnen. Wir haben oft besprochen, wie es weiter gehen soll, und die Grundausrichtung wird zumindest in den nächsten Jahren ähnlich bleiben. Natürlicherweise werden zunehmend ihre eigenen Vorstellungen einfließen, es wird aber weiterhin ein Entdeckungsfestival bleiben, das abenteuerlustig auf neue Initiativen und Projekte setzt. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="785786_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wie lief die heurige Edition?</b><BR />Widmann: Das Festival 2022 unterscheidet sich grundlegend von den anderen Ausgaben. Wir haben uns jedes Jahr auf einen bestimmten geographischen Bereich konzentriert. Zu meinem letzten Festival habe ich dagegen Musiker aus ganz Europa eingeladen. Viele davon hatten schon bei uns gespielt. <BR /><BR /><b>Ist die Kombination der verschiedenen Jazz-Traditionen gelungen?</b><BR />Widmann: Alle Musiker schätzten die Community sehr, die am Festival entsteht. Sie fühlten sich wohl, hörten einander beim Spielen zu und lernten somit voneinander. Viele Begegnungen waren auch improvisiert: Musiker, die sich nicht einmal kannten, spielten zusammen. Es war für sie eine Herausforderung, die verschiedenen Traditionen zu verbinden, sie passten sich aber schnell einander an und gingen aufeinander respektvoll ein. Der Anspruch auf Perfektion, den man bei traditionelleren Festivals mit eingespielten Teams erwartet, konnte hier nicht eingefordert werden, uns geht es aber auch nicht darum. Wir wollen anstoßen und anreizen. Darauf haben die Musiker aus ganz Europa sehr gefühlvoll reagiert. Es hat gut funktioniert und zu großartigen Ergebnissen geführt. <BR /><BR /><b>Nehmen Sie aus der Erfahrung auch persönliche Beziehungen mit?</b><BR />Widmann: Für uns war es immer wichtig, die Musiker in den Mittelpunkt zu setzen. Sie konnten hier neue Verbindungen herstellen und Projekte entwickeln. Sie waren außerdem sehr stark in der Organisation des Festivals einbezogen. So ein Unterfangen kann nur unter Freunden funktionieren. Die Freundschaft mit vielen Künstlern war immer ein treibender Grund für meine Festival-Begeisterung.<BR /><BR /><BR />