Was führt jahrhundertealte Ölgemälde, russische Ikonen sowie Fotografien von flüchtenden Menschen und Fotos der szenischen Aufführungen der Passionen von Bach durch die Berliner Philharmoniker in einer Ausstellung zusammen? Es sind das Miteinander und die Einsamkeit des Menschen, das Bangen, Beten und Hoffen, das Menschen seit jeher auf ihrem Weg durch das Leben begleitet. Form von Gebet und MeditationDer amerikanische Regisseur Peter Sellars schuf zu den beiden Passionen von Johann Sebastian Bach für Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker eine Ritualisierung für einen Konzertsaal. Es sollte nicht eine theatralische Aufführung werden, sondern eine Form von Gebet und Meditation, die den Zuschauer im dargestellten Miteinander und der Einsamkeit des Menschen einladen wollte, in sich zu schauen und in einen inneren Dialog mit sich und der Welt zu treten.Gleich den Bildern von Flüchtenden, die neben den Fotos der szenischen Aufführungen der Berliner Philharmoniker in dieser Ausstellung gezeigt werden. Die Fotografien sind Momentaufnahmen, die Andreas Knapp an den Grenzübergängen in Freilassing/Salzburg und Simbach/Braunau und in Como an der Grenze zur Schweiz festgehalten hat. Menschen auf der Flucht. Menschen unter freiem Himmel, die versuchen nach Norden zu kommen, Grenzen zu überwinden. Menschen, die helfend zur Seite stehen.Spannungsfeld zwischen Einsamkeit und MiteinanderDie Bildinhalte der Fotografien erinnern unwillkürlich an Darstellungen auf Bildern Alter Meister und an die Kompositionen russischer Ikonen. Manche Szenen gleichen den Kunstwerken, als wären die Menschen aus Bildern wie der Anbetung der Hirten des flämischen Malers Sebastian Vrancx (1573-1647), der Idealisierten Landschaft mit Betenden und Reisenden von Jan Brueghel d. Ä. (1568-1625) oder dem Gemälde Fray Guillermo de Sagiano von Francisco de Zurbaran (1598-1664) herausgetreten.Das Spannungsfeld zwischen Einsamkeit und Miteinander findet sich auch in russischen Ikonen aus dem 17. und 18. Jahrhundert mit ihrem charakteristischen Goldgrund. Sie wollen den Ausdruck der Barmherzigkeit und der inneren Freude vermitteln. Dadurch wird ein Bild zu einer Ikone, zu einem Bild des Gebetes. Die Menschen verwahrten ihre Ikonen nicht zuhause, sie nahmen sie mit auf ihren Reisen, auch wenn eine Reise in eine ungewisse Zukunft führte, wenn sie aus ihrer Heimat fliehen mussten. Die Kunst der vergangenen Jahrhunderte hat uns gelehrt, dort Würde zu sehen, wo nur Not zu herrschen scheint. Sie hat uns gelehrt, Größe im Kleinen und Unscheinbaren zu erkennen. Deshalb sehen wir in den Bildern gegenwärtiger Not auch mehr als das offenkundige Elend. Sie erschließen einen Zugang zur Bildwelt der alten Kunst, indem sie uns helfen, auch dort zu entdecken, wie das Große im Kleinen verwurzelt ist und die Schönheit in der Stille des Einfachen.Öffnungszeiten17|12|2017 – 07|01|201804|02|2018 – 04|04|2018So, Mi, Fr: 16 - 18 UhrDer Eintritt ist frei.stol