<b>Du spielst eine kleine Rolle in „Rapito“, der nun in den Kinos gezeigt wird. Wie kamst Du zur Rolle des großen Meisters?</b><BR />Martin Maria Abram: Meine Agentur in Rom hat mich für dieses Projekt vorgeschlagen und mir die entsprechenden Szenen geschickt, alles super geheim. Es war nur eine sehr kurze Rolle. Ein General Curten im Gespräch mit dem Papst bei der Belagerung Roms durch garibaldische Truppen1870. Der General sprach sich vehement, trotz eklatanter Überzahl der Garibaldini, gegen die Kapitulation aus, schon rein um der militärischen Ehre willen. Die doch relativ kleine Rolle hat mich nicht sehr interessiert, doch als ich erfuhr, dass Marco Bellocchio Regie führen sollte, war die Sache schon anders, klar.<BR /><BR /><b>Wie hast Du Bellocchio erlebet?</b><BR />Abram: Ich habe ein Castingvideo vom Kameramann Christian Lintner aus Meran herstellen lassen, das ist bei Bellocchio gut angekonmen ist. Deshalb hat sich der Regisseur am Set auch nicht mehr lang mit mir unterhalten müssen, da ich gut vorbereitet war. Und das schätze ich beim Film im Gegensatz zum Theater, wo noch alles sehr autoritär zugeht.<BR /><BR /><b>Wo wurde Deine Szene, die ja eine wichtige ist im Film auch wenn sie noch so klein ist, gedreht?</b><BR />Abram: In Mantua im Palazzo Ducale, berühmt wegen der Fresken, im besonderen von Mantegna, aber es gab auch Aufnahmen in Mantua Stadt.<BR /><BR /><b>Hast Du den fertigen Film gesehen und hat er Dir gefallen?</b><BR />Abram: Natürlich die perfekte Kamera, das Licht, die Kostüme, Drehorte und der Papst (gespielt von Paolo Pierobon), der hat so ein perfides Lächeln drauf, echt cool.<BR /><BR /><b>Aber über die Darstellung des Papstes Pius IX gibt es auch andere Meinungen.</b><BR />Abram: Ja, ich sehe auch wie er jüdische und katholische Rituale gleichsetzt. Doch sie sind Feinde. Die Juden werden unterwürfig gezeigt, versuchen sich aber auch zu wehren und das entführte Kind Edgardo (Enea Sala) zurückzubekommen.<h3> Zum Film</h3>„Rapito“ hat zwar keinen Preis in Cannes erhalten, aber hat in den großen europäischen Gazetten großes Lob geerntet. So vergleicht der Filmkritiker des Guardian, Peter Bradshaw, das Treatment mit der passionierten Vehemenz eines Victor Hugo und Charles Dickens. Der 83-jährige Marco Bellocchio, der seit 60 Jahren Filme macht, habe sich jetzt schon einen Platz in der Filmgeschichte gesichert. Seine Karriere begann 1965 mit dem sozialkritischen film „I pugni in tasca“. 2019 präsentierte er in Cannes den Antimafiafilm „Il traditore“.<BR /><BR />Martin M. Abram kennen wir aus vielen Filmen, die in Südtirol gedreht wurden. So hat er eine tragende Rolle im wohl bekanntesten Südtiroler Film als Bruder in „Die Walsche“, er spielt in „Verkaufte Heimat“ und gerne erinnere ich mich an den frühen Kurzfilm von Kurt Lanthaler „Der Gelati Killer“ (1986) in dem Martin die Hauptrolle spielt. Den Film von Wolfram Paulus „Ein Rucksack voller Lügen“ mit Martin M. Abram habe ich in Havanna beim großen Filmfestival gezeigt. Wir sind uns immer wieder über den Weg gelaufen und waren vor vielen Jahren gemeinsam in Cannes. Da schließt sich der Kreis.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="904001_image" /></div> <BR /><BR />„Rapito“ wurde vom Innsbrucker Filmverleiher Dietmar Zingl wie folgt eingestuft: „Dem Altmeister ist ein Melodram, das auf wahren Begebenheiten beruht, das Tyrannei, Bigotterie und Machtmissbrauch in der katholischen Kirche offen legt, gelungen.“ Dieses Melodrama um die Geschichte des jüdischen Buben Edgardo Mortara und dessen Umerziehung durch den katholischen Klerus frei nach dem Buch „Il caso Mortara“ von Danilo Scalise (editione Mondatori 1997) ist im Filmclub Bozen zu sehen.<BR /><BR /><BR />