Der Regisseur Sebastian Nübling hat für die Salzburger Festspiele ein auf diesem Stoff beruhendes Drama von Friedrich Hebbel und ein Oratorium von Antonio Vivaldi zu einem Stück verschmolzen. Das Premierenpublikum feierte die Crossover-Produktion „Judith“ am Montagabend mit freundlichem Applaus, in den sich zunehmend „Bravo“- Rufe mischten.In Nüblings zum Teil drastischer Inszenierung kommen unterschiedlichste Ebenen zusammen: Das die Heldin verherrlichendes Oratorium von Vivaldi trifft auf Hebbels biedermeierliches Drama mit einer von Selbstzweifeln geplagten Judith; klassische Theatersprache trifft auf zeitgenössische, teils plakativ politische, teils obszöne Texte, die von der Schauspielerin Anne Tismer verfasst wurden.Auch musikalisch prallen Welten aufeinander: Die auf historischen Instrumenten gespielte feierliche Barockmusik und die mit kunstvollen Koloraturen gespickten Arien werden mit modernen Klängen und Free Jazz verknüpft. Der Komponist Lars Wittershagen setzt dabei Saxofone, Schlagzeug und elektronische Verfremdungen ein. Eine von Judiths Arien wird vom Orchester unter Lutz Rademacher und dem Mezzosopran Tajana Raj im Stile einer lasziven Jazznummer interpretiert. Protagonisten gleich in mehrfacher Ausführung Die beiden Protagonisten treten in mehrfacher Ausführung auf. Gleich sechs schwarz gekleidete Holofernesse, zwei davon von Opernsängern verkörpert, streichen verschiedene Facetten des Feldherren heraus. Judith ist auf drei sehr unterschiedliche Figuren aufgeteilt: die erhabene Vivaldi-Judith (Tajana Raj), die innige Hebbel-Judith (Stephanie Schönfeld) und eine vulgäre, von Anne Tismer dargestellte moderne Frauenfigur. Dazu kommen noch vier Sänger, die Bibelzitate in rhythmischem Sprechgesang vortragen.Die kahle Bühne (Muriel Gerstner) mit ihrer verschiebbaren Rückwand füllt sich im Laufe der Aufführung mit allerlei Unrat wie leeren Wasserflaschen und den Splittern zerschlagener Holofernes- Köpfe. Am Ende unternimmt Regisseur Nübling auf der Perner-Insel in Hallein bei Salzburg eine Reise durch die europäische Kunstgeschichte: Die blutige Enthauptungsszene wird in Form einer Vielzahl sogenannter tableau vivant (lebende Bilder) präsentiert, die von klassischen bildenden Künstlern wie Tintoretto oder Donatello inspiriert sind.Michael Krassnitzer,dpa