Theatermacherinnen und – Macher denken nach... <BR /><BR /><b>Unter Ihrer Intendanz haben sich die VBB immer mehr zu einem professionellen Theaterbetrieb etabliert, der auch außerhalb Südtirols nicht unbeachtet bleibt. Im Juni geben Sie das Zepter ab. Woran denken Sie wehmütig zurück?</b><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="839138_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />Irene Girkinger (Intendantin VBB): Es war ein Geschenk, hier so besondere Theaterproduktionen zu gesellschaftspolitisch relevanten und durchaus heiklen Themen wie zur Option, den Bombenjahren oder den Autonomien in Europa machen zu können, die in Inhalt und Form überrascht und einen Diskurs angestoßen haben. Ich finde das eine der wichtigsten Aufgaben von Theater. Auch auf die zahlreichen zeitgenössischen Stücke und Auftragswerke, die beim Publikum sehr gut ankamen, bin ich sehr stolz. Und es gab mit den Künstlern und Künstlerinnen so viele beglückende und intensive Begegnungen auf und hinter der Bühne, an die ich mich sehr gern erinnern werde. Ganz besonders werde ich meine Kollegen und Kolleginnen des VBB-Teams vermissen, sie sind alle super und es ist das best motivierteste Team, das es in der Theaterwelt gibt!<BR /><BR /><b>Sie waren schon als Regieassistent bei den VBB tätig und haben immer wieder Stücke inszeniert wie „Glorious!“, „Ghetto Deluxe – Project BZ“ sowie „Made in Südtirol. Meine Kindheit“ oder „Wege(n) der Liebe – Love in Südtirol“ und führten Co-Regie bei „Blasmusikpop“. Sie sind mit dem Theaterbetrieb sozusagen mitge- wachsen, welche wichtigen Erfahrungen haben Sie aus Ihrer Arbeit bei den VBB gewonnen? </b><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="839141_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />Christian Mair (Regisseur): Ich bin eigentlich dank der VBB zum Theater gekommen. 1995 hatte ich das Glück, in einem Theaterterprojekt mit Monica Ludescher und Manfred Schweigkofler mitzuwirken. Beide waren zur damaligen Zeit an den VBB tätig, und sie haben mich ermutigt, aus meiner Leidenschaft meinen Beruf zu machen, und somit hab ich nach der Matura Schauspiel und Regie studiert. Von da an, war ich Teil der VBB: zuerst als Jungschauspieler unter der Intendanz von Emanuel Bohn, dann als Regieassistent unter Thomas Seeber und seit der Intendanz von Irene Girkinger als Regisseur. Ich habe sozusagen erlebt, wie die Südtiroler Theaterlandschaft in den letzten 25 Jahren mutiger geworden ist und sich verändert hat. Und natürlich habe ich mich mit ihr auch verändert. Ich habe gesehen, wie vielfältig Theater sein kann und wie wichtig es ist, Themen wie z.B. Tod, Demenz, Homosexualität oder Mobbing in einem Theaterstück zu behandeln. Es muss nicht immer eine Komödie gespielt werden, um ein Theater zu füllen. <BR /><BR /><b>Sie kennen die VBB bestens, da Sie bereits mehrere Stücke inszeniert haben wie „Der Revisor“, „West Side Story“, „Liliom“, „Sunset Boulevard“, „Radetzkymarsch“ und „Dante:Dreams“. Was ist das Reizvolle an den VBB und was sind Ihre Anliegen als Intendant?</b><BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="839144_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />Rudolf Frey (neuer Intendant VBB): Die besondere Struktur der Vereinigten Bühnen Bozen – ein Hybrid zwischen Landestheater und Festival – ermöglicht es, Theaterschaffende aus der lokalen Szene mit internationalen Kräften lustvoll zu verschmelzen und in Südtirol Theaterproduktionen am Puls der Zeit unter einzigartigen Bedingungen entstehen zu lassen. Meine Vision ist es, dass das Gesicht des Hauses in der breiten Wahrnehmung der Bevölkerung und der politischen Verantwortlichen gestärkt wird und wir als selbstbewusste, weltoffene Institution und als Motor für kollektive kulturelle Auseinandersetzung, Diskurs und Identifikation fest im sozialen Leben verankert sind. Gestern – heute – morgen: Kommt ins Theater!<BR /><BR /><b>Als gebürtige Boznerin, die in Wien lebt und an verschiedenen deutschsprachigen Theatern arbeitet, sind Sie immer wieder auch in Südtirol tätitg. So haben Sie auch bei den VBB Kostüme entworfen für Stücke wie „Die Affäre Rue de Lourcine“, „Diener zweier Herren“, „Die Räuber“ oder „Der Weibsteufel“, was mögen Sie an der Arbeit bei der Bozner Bühne?</b><BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="839147_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />Katia Bottegal (Kostümbildnerin): Mit der Arbeit an den Vereinigten Bühnen Bozen verbinde ich ein sehr wohliges Gefühl: Es trifft heimatliche Verbundenheit auf einen Ort der Begegnung und des kulturellen Austauschs. Das Team der VBB hat mir von Anfang an großes Vertrauen geschenkt und mich mit Freude und Kompetenz auf meinem beruflichen Weg begleitet. Die Werkstätten der Kostümabteilung sind für alle Ideen zu begeistern und überzeugen mich jedes Mal aufs Neue mit ihrer Offenheit und ihrem fachlichen Geschick. Ich bin dankbar, dass ich immer mit offenen Armen empfangen werde und ein schönes Miteinander den kreativen Austausch unterstützt. Gerade dieses Miteinander ist ein spürbarer Bestandteil der Arbeit an den VBB, wo man sich auf Augenhöhe trifft und gemeinsam Produktionen erarbeitet. <BR /><BR /><b>Nach 2 abrupten Intendantenabgängen haben Sie 2001/2002 die künstlerische Leitung der VBB übernommen und den Theaterbetrieb in Ihren 11 Jahren in ruhige Gewässer geführt. Welches waren die größten Hürden, die Sie während Ihrer Intendanz nehmen mussten?</b><BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="839150_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />Thomas Seeber (Intendant und Präsident VBB, 2001-2012): Um dem Theater seine Glaubwürdigkeit zurückzugeben, mussten wir das Publikum mit einem ansprechenden Spielplan zurückzugewinnen und die VBB unter weitgehender Einbeziehung Südtiroler Theaterkräfte als „eigenproduzierendes, professionelles Landestheater“ verorten. Zudem galt es, die finanzielle Schieflage zu korrigieren und die interne Betriebsorganisation neu aufzustellen: eine schwierige aber spannende Aufgabe, die nur mit einem fähigen und motivierten Mitarbeiterstab zu bewältigen war. <BR /><BR /><b>Sie leben und arbeiten in Wien. 2022, kurz nach Kriegsbeginnhaben Sie eine berührende Ukraine-Benefizlesung mit den VBB in Bozen initiiert und 2015 wurde Ihr großer Roman „Stillbach oder Die Sehnsucht“ in einer Bühnenfassung von Andreas Jungwirth aufgeführt. Wie haben Sie den heimischen Theaterbetrieb erlebt?</b><BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="839153_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />Sabine Gruber (Autorin): Zwar lebe ich nicht mehr in Südtirol, doch habe ich die Theaterwelt des Landes nie ganz aus dem Blick verloren und mich gefreut: über den Nestroy-Preis für die Iwanow-Produktion 2021, über die gesellschaftspolitischen Themen und die Fokussierung auf Südtiroler Geschichte, die während der Intendanz Irene Girkingers ein stärkeres Gewicht bekommen haben. Ich denke da an die Dokumentarproduktion „Option. Spuren der Erinnerung“ aber auch an die Dramatisierung und Uraufführung meines Romans „Stillbach oder Die Sehnsucht“. Ich habe ideenreiche Produktionen und großartige Schauspieler und Schauspielerinnen erlebt. Und nicht zuletzt waren die VBB (in Kooperation mit dem Teatro Stabile und der Stiftung Haydn) dieses Jahr sofort für eine Ukraine-Benefiz-Veranstaltung zu begeistern gewesen. Das ist Theater: ästhetische Radikalität, Gesellschaftskritik, Humanität usw. Bitte weiter so, noch mehr davon! Alles Gute!<BR /><BR /><b>Im Februar 1992 schlossen sich 4 Bozner Theatervereine zu den VBB zusammen. Sie waren Gründungsmitglied. Das Ziel war es, einen professionellen deutschsprachigen Theaterbetrieb aufzubauen. Wie waren die Anfänge?</b><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="839156_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />Erich Innerebner (Regisseur): Turbulent und holprig. Mit der Gründung des Südtiroler Ensembletheaters 1984 hatte ich schon einige Vorarbeit in Richtung Berufstheater geleistet, aber erst der Zusammenschluss der 4 Bozner Bühnen brachte den Durchbruch. Von da an war es allerdings noch ein weiter Weg. Es gab viel Skepsis (und Missgunst) bei den nichtbeteiligten Südtiroler Theaterschaffenden, bei einem Teil der Medien und auch der Südtiroler Politik. Zudem mussten auch wir „VBB“-Theatermacher erst lernen, unsere künstlerische Eigenständigkeit zugunsten EINES GROSSEN GANZEN aufzugeben. <BR /><BR /><b>Sie haben bei den Stücken „Option“ und „Mother Song“ mitgewirkt. In beiden geht es um politisch brisante Themen: „Mother Song“ betrachtet die Folgen der Kriege aus der Perspektive der Frauen, in „Option“ werden die Biografien von Zeitzeugen und Zeitzeuginnen zum Gegenstand der theatralen Erzählung. Wie schwierig wird „Theater spielen“, wenn reelle Menschen auf der Bühne stehen?</b><BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="839159_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />Anna Unterberger (Schauspielerin). Die Aufgabe des Theaters war schon immer, den Zuschauer mit der Realität zu konfrontieren. Das Leben mit all seinen Konflikten, politischen wie gesellschaftlichen, mit unterschiedlichsten Mitteln zu beleuchten, neue Blickwinkel aufzuzeigen. Wenn das Theater nichts mehr mit Realität zu tun hat, dann wird's problematisch.<BR /><BR /><b>Sie haben mit Ihrer Musicbanda Franui mehrere Projekte der VBB musikalisch begleitet: „Option“, „Bombenjahre“, „Wir.heute.morgen.Europa“ und im Februar 2023 „Fanes“. Die Musik trägt diese Stücke maßgeblich mit. Was reizt Sie und Franui bei der Theaterarbeit?</b><BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="839162_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />Andreas Schett (Musiker): Im Prinzip ist Musik machen für Theaterarbeiten der VBB wie wenn eine Familie auf Reisen geht: Wir haben als Ensemble Erlebnisse und Begegnungen, über die wir immer wieder reden und über die wir noch lange reden werden. Auch das Wetter und das Essen waren immer besser als „draußen“ in Wien oder Innsbruck, wenn wir in den letzten 10 Jahren jeweils im Februar nach Bozen kamen. Wir freuen uns schon auf das nächste Mal!<BR /><BR />Heute Abend Fest heute: 18.30 Uhr Aperitiv, 19 Uhr literarische Gustostücke aus der Theaterwelt, gelesen von Gerti Drassl & Stefan Drassl, Marie-Therese Futterknecht, Musik: Wladigeroff Brothers – Kinderprogramm: 16 Uhr, Regenbogenfisch <BR /><BR />