Und es gab volle Punkte für die mittlerweile acht Jahre alte, aber nach wie vor spannende Inszenierung von Christian Stückl. Volle Punkte in der Publikumswertung, die sich Hauptdarsteller Peter Simonischek und die neuen Schauspieler, Ben Becker als „Tod“ und Peter Jordan als „Teufel“ und „Guter Gesell“, teilen.Rekord-Jedermann Peter Simonischek ist und bleibt ein hervorragender Hauptdarsteller, der in seinem achten Jahr auf dem Domplatz manchmal ein wenig routiniert, im Ganzen aber doch authentisch und kraftvoll agiert. Keine Rede von „zu alt“, nirgends steht geschrieben, dass die reichen, dem Mammon verfallenen Männer mit jungen Geliebten nur mittleren Alters sein dürfen. Dennoch wird es spannend, 2010 seinen um rund 25 Jahre jüngeren Nachfolger Nicholas Ofczarek in dieser Rolle und auch in der gleichen Inszenierung zu erleben.Erfolgreicher Start für die „Neuen“Die beiden neuen Schauspieler haben das Premierenpublikum auf dem Domplatz zu Sonderapplaus veranlasst. „Tod“ Ben Becker, der in der Fotoprobe noch nervös und unsicher wirkte, hat sich gefangen und einen urig-kraftvollen Tod gegeben, der seinen Jedermann-Ruf über den Platz schmetterte, dass kein Auge trocken bleib. Zwar ließ Becker hinterlistige, verschlagene oder grausame Zwischentöne vermissen und verließ sich allzu sehr auf seine rohe Stimmkraft. Dennoch: Beckers Spiel bereichert diesen „Jedermann“.Peter Jordan als „Guter Gesell“ und „Teufel“ bewältigt beide Rollen auf seine eigene Weise gut. Sein „Teufel“ erinnert zwar allzu sehr an den Gollum aus „Herr der Ringe“. Aber Jordans sprachliche Finessen, die originelle Gestik und Mimik sowie seine schleimige Widerwärtigkeit gehörten zu den beeindruckendsten Momenten dieser Inszenierung.Definitiv deplatziert wirkt Sophie von Kessel als Buhlschaft. Nicht, weil sie keine gute Schauspielerin wäre. Im Gegenteil. Kessel versucht ihre Sätze und Gesten differenziert anzulegen und ernsthaft zu leiden, wenn sie den todgeweihten Jedermann verlässt. Aber die Buhlschaft ist keine Intellektuelle. Die Buhlschaft ist ein lebenshungriges, luxussüchtiges und durchaus naives Weib, das keinen großen Unterschied macht zwischen Reichtum, Potenz und Glück. Aber genau davon spürt man nichts in dem eher kopflastigen Spiel der Salzburger Buhlschaft.Elisabeth Trissenaar als Jedermanns ätzend-liebenswerte Mutter, Heinz Zuber und Thomas Limpinsel als dicker und dünner Vetter und nicht zuletzt Gabriel Raab als geiler, quirliger Mammon, der dem Jedermann gnadenlos deutlich macht, wer wen besessen hat, wer wessen Herrscher war, sie alle haben viel von jener unmittelbar wirkenden, herzerfrischenden Schauspielkunst gegeben, die dieses Mysterienspiel über das Leben und Sterben des reichen Mannes seit 1920 zum Dauerbrenner der Salzburger Festspiele macht. Ja, zum Salzburger Stück schlechthin.Christoph Lindenbauer/APA