Südtirol Online: Wieso haben Sie genau dieses Stück für die heurigen Freilichtspiele im Unterland gewählt? Roland Selva: Es war schon länger in der Auswahl. Wir mussten nur noch die geeignete Architektur finden, welche die im Werk vorgegebene möglichst gut widerspiegelt. Das Alte Rathaus in Neumarkt bot sich gut dafür an. STOL: Aus welchem Grund?Selva: Die Architektur hat uns sehr angesprochen. Der große Treppenaufstieg vor der Fassade ist sehr theatralisch und kann das Spannungsfeld zwischen „oben“ und „unten“ gut repräsentieren. STOL: Was glauben Sie: Wieso ist dieses Stück von Schiller relativ unbekannt? Selva: Es handelt sich hier um das bearbeitete Lustspiel vom Komödienmacher Louis-Benoît Picard. Das Stück sollte eigentlich nur von Schiller ins Deutsche übersetzt werden. Er hat jedoch an dem Werk Gefallen gefunden und das darin vorkommende französische Milieu in sein preußisch-militärisches Umfeld verlegt. Dazu kommt, dass Schiller nicht unbedingt als typischer Komödiant gilt. Aus diesen Gründen ist dieses Lustspiel eher unbekannt. STOL: Um was geht es in „Der Parasit“? Selva: Selicour ist ein von Ehrgeiz getriebener Beamte und jeder hat sich seinem Urteil zu beugen. Sein Chef, der Minister Narbonne, bekommt von den üblen Machenschaften nichts mit. Selicours alte Jugendliebe und jetzige Mitarbeiterin La Roche beginnt Kritik auszuüben und wird daraufhin fristlos entlassen. Herrn Firmin, Hoffnungsträger des Amtes, wird durch Selicours Neid der Karrieresprung verhindert. Firmins Sohn will Charlotte erobern, aber auch hier macht ihm Selicour einen Strich durch die Rechnung: Er räumt jeden rigoros beiseite, der seiner Karriere oder seinem Glück im Wege stehen könnte. STOL: Welche sind die Leitthemen dieses komödiantischen Lehrstücks? Selva: Neid, Machtsucht, Missgunst, List, Intrige, Lüge, Manipulation und Mobbing sind die Mittel, um die eigene Karriere auf Kosten anderer voranzutreiben. Aufstieg hat in diesem Stück nicht mit Kompetenz und Fachkenntnis zu tun, sondern mit Schlauheit und „Schleimerei“. STOL: Inwieweit lassen sich diese Themen auf die heutige Gesellschaft übertragen? Selva: Es lassen sich auch heute noch Parallelen zwischen der Zeit Schillers und der unseren ziehen: Die Leitthemen des Stücks sind weit verbreitet, dies in allen Bereichen: von Politik über Wirtschaft bis hin zum Sport. STOL: Gibt es bei der Inszenierung irgendwelche Besonderheiten? Selva: Nicht wirklich. Unser Ziel war es, die Weltliteratur nach Südtirol zu holen und sie in einen einheimischen Kontext zu stellen. STOL: Wird ein so klassisches Werk wie dieses von Schiller beim Publikum gut ankommen? Selva: Klassiker kommen grundsätzlich gut an und stoßen auf reges Interesse seitens des Publikums. Sie zeigen allgemeingültige Themen auf: menschliche und soziale Probleme, die über die Zeit und Mode hinweg gegenwärtig sind. Interview: Alexia Ramoser Aufführungstermine sind der 25., 28. und 29. Juli sowie der 1., 2., 3., 9., 10., 11., 12., 16., 17., 18. und 19. August. Reservierungen werden unter der Telefonnummer 0471/812128 (Bürozeiten) entgegengenommen.