Die Theater in Europa haben große Sorgen: Die Zuschauer kommen nur zögerlich zurück, Halbvoll ist das neue Ausverkauft. Doch in Südtirol scheint die Lange eine andere. Dem Amateurtheater jedenfalls geht es gut.<BR /><BR /><BR /><b>2 Tage lang stand das Thema Theater im Mittelpunkt des internationalen Treffens. Wie ist die Stimmung nach über 2 Jahren Pandemie, die gerade den Kulturbereich hart getroffen hat?</b><BR />Klaus Runer: Es wird mit großer Zuversicht der kommenden Theatersaison entgegengesehen. Theaterschaffende wollen wieder arbeiten, erwarten jedoch auch von der Kulturpolitik – trotz Krisen auf vielen Ebenen – bei der finanziellen Unterstützung nicht vergessen zu werden.<BR /><BR /><BR /><b>Theatersäle sind vielfach nicht mehr voll. „Halbvoll ist das neue Ausverkauft“, so ist es international zu hören. Was halten Sie von dieser Aussage?</b><BR />Runer: Das hängt ja auch vom Fassungsvermögen einer Spielstätte ab, Stadt- bzw. große Theater sind nach der Pandemie, was das Publikum betrifft, noch immer nicht ausgelastet. Trotzdem gibt es immer mehr Theatergruppen, die wieder zur gewohnten Auslastung kommen.<BR /><BR /><BR /><b>Im Südtiroler Theaterverband ist sowohl das Amateur- als auch das Profitheater beheimatet. Amateurtheater haben eine andere Realität als Profitheater. Wie sind sie ausgelastet?</b><BR />Runer: Die letzten Daten, die wir zur Verfügung haben, sprechen tatsächlich dafür, dass Besucher von Amateurtheatern ein größeres Verlangen haben, sich wieder zu einem gemeinsamen Theatererlebnis zu treffen und auszutauschen. Wobei sich hierzulande keine große Grenze zwischen Amateurtheater und Profitheater auftut. Wir leben generell in einer Theaterwelt in Südtirol. <BR /><BR /><BR />In der Adda ist Deutschland, Österreich, die Schweiz und Südtirol vertreten. Heuer feiert sie ihr 50-jähriges Bestehen. Was bedeutet dieses Jubiläum für die Arbeitsgemeinschaft?<BR />Runer: Bei dem Treffen am Wochenende wurde von allen Teilnehmenden bekräftigt, wie wichtig die Zusammenarbeit der Verbände ist und dass gemeinsame Projekte, z.B. Weiterbildung, internationale Theatertreffen, die wichtigsten Bindeglieder der Verbände sind. Unsere gemeinsamen Projekte sind beispielgebend im europäischen Raum.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="835985_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Was steht im nächsten Jahr an, bzw. welche Ziele hat sich die Adda gestellt?</b><BR />Runer: Man möchte die Existenz dieser wichtigen Vereinigung einer breiteren Öffentlichkeit und auch jungen Theaterschaffenden sichtbar machen, indem man deren Tätigkeiten in einem detaillierten gemeinsamen Auftritt im Netz vorzustellen beabsichtigt.<BR /><BR /><BR /><b>In der C.E.C. sind neben den 4 Adda-Ländern mit England, Slowenien, Tschechien und Belgien weitere 4 Länder vertreten. Da war besonders in der Pandemie eine Zusammenarbeit schwierig. Wie schaut es diesbezüglich in Zukunft aus?</b><BR />Runer: Die C.E.C. muss sich neu aufstellen, ob dies gelingen wird, liegt innerhalb der Organisation. Grundsätzlich werden diese Tätigkeiten über internationale Festivals im Theater befeuert. Der Südtiroler Theaterverband steht Gewehr bei Fuß bei allen möglichen Obliegenheiten, obschon unsere Kernkompetenz bei der Betreuung unserer Vereine liegt.<BR /><BR /><BR /><b>Programmmäßig hat sich im Theater viel verändert: Klassiker wie Goethes „Iphigenie“ etwa werden heute meist nur mehr in stark gekürzter Form aufgeführt und dauern nur mehr halb so lange. Wie sind Ihre Erfahrungen dazu? Haben die Menschen kein „Sitzleder“ mehr?</b><BR />Runer: Das waren wohl die Zeiten des großen Regietheaters – Regisseure zeigten ihre Kreativität und ihr Bildungswissen, Castorfs Faust an der Berliner Volksbühne dauerte vor einigen Jahren 7 Stunden. Es liegt eher am Systemwandel des Theaters und seinen Absichten, Aufführungen kürzer zu halten und nicht am Sitzleder der Zuschauer.<BR /><BR /><BR /><b>Nach der Pandemie wird es noch eine Zeit brauchen, bis der Kulturbereich wieder in die Gänge kommt. Wie sehen Sie die Zukunft des Theaters?</b><BR />Runer: Das Theater in Südtirol hat in den letzten Jahrzehnten einen enormen Zuspruch bekommen, auch durch die Pandemie haben wir viele Projekte gebracht. Um es deutlich zu sagen: Um das Theater in Südtirol brauchen wir uns keine großen Sorgen zu machen, dafür sind unsere Theatergruppen zu engagiert und in ihren Strukturen sehr professionell. <BR /><BR /><BR /><b>Die allgemeine Krise hat Sponsoren weggefallen lassen. Künstler haben schon zuvor in der Pandemie einen Brotjob gesucht. Müssen Kulturbetriebe sich um ihre Zukunft sorgen?</b><BR />Runer: Die notwendige Suche nach einem Brotjob ist bei den Amateurspielern kein Thema. Bei den Profis gab es die eine oder andere Überlegung, den Beruf zu wechseln. Schwerwiegender nach der Pandemie ist es, neue Spieler für die Bühnen zu gewinnen und zu motivieren. Regisseure oder Schauspieler, die sich in Südtirol von ihrer Arbeit ernähren, haben auch über die Pandemie Möglichkeiten gefunden, ihrem Beruf nachzugehen. Dabei hat der Südtiroler Theaterverband mit der deutschen Kulturabteilung des Landes versucht, Lösungen zu finden. Niederschlag findet die Energiekrise natürlich auch in den Theatern, aber von einem kulturellen Niedergang zu reden, ist doch etwas zu drastisch. <BR /><BR /><BR /><b>Eine Krise ist oft auch eine Chance, eine Chance, Dinge neu zu sortieren. Wie sehen Sie nach 2 Tagen, wo sich alles um das Theater gedreht hat, die Zukunft dieser Sparte?</b><BR />Runer: Wir haben das nächste Jahr einen internationalen Theatertreff für jugendliche Schauspieler „Babylon“ in Brixen. Wir bieten eine Spielfläche für begeisterte Schauspieler aus Europa in noch jungen Jahren. „Mir tut der Bauch weh vor Lachen, die Ohren vom Wackeln und der Mund vom Reden“, das war eine Reaktion vom letzten Babylon von einer Teilnehmerin. Die Zukunft gehört dem Theater und wir tun gut daran, alle Sparten zu bedienen: sei es Theater mit Menschen mit Behinderung, Seniorentheater oder unsere Theatervereine, die nur eines im Sinn haben: Theater, das berührt und unterhaltet. <BR />