Nach wochenlangen Kritiken über neuen Zentralismus und der Stimmabgabeerklärung der SVP am Freitag, mit der sie im Senat der Verfassungsreform zugestimmt hatte und nachdem Altsenator Oskar Peterlini am Samstag den Entwurf der Regierung von Matteo Renzi zerpflückt hat, ist in der parlamentarischen Sommerpause die Debatte um Italiens neue Verfassung auch in Südtirol voll losgebrochen ("Südtirol Online" berichtete).Senator Hans Berger (SVP) teilt zwar Peterlinis Kritik am "neuen Zentralismus" der Regierung in Rom, wehrt sich aber gegen den Vorwurf des Unterlandler Ex-Senators, "einen historischen Fehler" begangen zu haben. "Wir von der Autonomiegruppe im Senat wollten nur nicht gleich in erster Lesung schon auf Vollkonfrontation gehen. Gerade Oskar kennt die diplomatischen Instrumente auf römischem Politparkett und hat sie selbst früher öfter bis an die Grenze der Anständigkeit angewandt", sagt Berger "Südtirol Online" gegenüber.Berger ist verwundert über die Härte, mit der Peterlini mit den Senatoren der Autonomiegruppe im Senat ins Gericht geht. "Das ist so gut wie Irreführung der öffentlichen Meinung, weil Peterlini so tut, als ob alles schon endgültig beschlossen wäre", sagt Berger. Die am Freitag in erster Lesung gutgeheißene Verfassungsreform werde bis zu ihrer endgültigen Verabschiedung in zweiter Lesung beider Kammern (und absehbarer Volksbefragung) noch weitere Veränderungen erfahren. Die Debatte um Italiens neue Verfassung sei noch lange nicht zu Ende. "Wenn wir jetzt schon auf volle Konfrontation gegangen wären, hätten wir in dieser Debatte, die von Renzis PD und Berlusconis FI geprägt wird, gar keine Möglichkeit der Einflussnahme gehabt", sagt Berger.Inhaltlich hat Peterlini über weite Teile rechtPeterlini hatte am Samstag gemeint, der nun von Matteo Renzi vorgelegte Entwurf werfe Italien hinter die "zaghafte Föderalismusreform" zurück. Das Instrument des "nationalen Interesses" und eine Überordnung des Staates seien eine Gefahr für Autonomie und Minderheiten. Etwa 20 Zuständigkeiten der Regionen würden an den Zentralstaat zurückwandern. Berger teilt diese Einschätzung. "Die Regionen in Italien müssten nun eigentlich Sturm laufen und sich gegen diese Entmachtung wehren", sagt der SVP-Senator. Aber: Berger erwartet, dass in den nächsten Monaten der Entwurf sowohl in der Abgeordnetenkammer als auch im Senat "noch verbessert wird".Bei der ganzen Reform hätten die SVP-Mandatare Bauchweh und hätten dies auch deutlich gemacht: "Nach der Stimmabgabeerklärung am Freitag im Senat haben einige Senatoren gefragt, warum wir überhaupt zustimmen, wenn wir schon so kritisch in der Erklärung waren".Künftig zu viel Machtkonzentration Und noch eine Einschätzung teilt Hans Berger mit Oskar Peterlini: Die Sicherheitsklausel, die die SVP für Südtirol ausgehandelt hat, und die besagt, dass Änderungen am Autonomiestatut "nur in gegenseitigem Einverständnis möglich sind", sei zwar für Südtirol wichtig, aber "wenn alle anderen Regionen entmachtet werden, werden wir in ständiger Rechtfertigungsnot sein", sagt Berger und fügt einmal mehr eine allgemeine Kritik an der ganzen Reform an: "Wird Italien von einem Ein-Kammer-System mit Mehrheitsbonus regiert, hat eine Partei sehr viel Macht. Und dann wird möglicherweise irgendwann die Handvoll Minderheiten-Mandatare einfach überstimmt", sagt der SVP-Senator voraus. Autonomiekonvent und ParteileitungHans Berger erwartet, dass sich Südtirols Politik verstärkt mit der italienischen Verfassungsreform auseinandersetzen wird. Im Autonomiekonvent sei zu klären, wie die Autonomie auszubauen ist. Ein solcher Ausbau sei übrigens im Pakt zwischen SVP und PD vorgesehen. Und auch die Parteileitung werde sich mit der Reform befassen müssen und "unsere Position in Rom festlegen", sagt Berger.stol/mtz